Es hätte so schön und idyllisch sein können: Berge, Almen, gute Luft und ein wenig Schneefall. Doch die Pandemie und vorauseilender Gehorsam der Behörden haben erneut zugeschlagen. Statt im VfL-Kanzelwandhaus in Riezlern musste die traditionelle Klausurtagung von Sportvereinen, Gemeinderat und Stadtverwaltung am Wochenende kurzfristig in das VfL-Sportvereinszentrum an der Jesinger Allee verlegt werden. Der Blick aus dem Fenster offenbarte die Tatsachen: Die rote Tartanbahn kann den imposanten Anblick des Hohen Ifen mit seinem markanten Gottesackerplateau kaum ersetzen.
Grund für den kurzfristigen Tapetenwechsel war die Meldung des Robert-Koch-Instituts, das am Donnerstag das österreichische Bundesland Vorarlberg zum Risikogebiet erklärt hatte und auch keine Ausnahme für die sogenannte funktionale deutsche Enklave auf österreichischem Boden zulassen wollte. Schweren Herzens disponierte Doris Imrich, VfL-Geschäftsführerin und -vorsitzende und damit Hausherrin sowohl im Kanzelwandhaus als auch im Sportvereinszentrum, um: „Wir konnten ja nicht das Risiko eingehen, dass wir nach der Tagung in Quarantäne müssen.“
Nichtsdestotrotz machten die 16 Teilnehmer, bestehend aus der Kirchheimer Verwaltungsspitze um Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader und Bürgermeister Günter Riemer sowie Marco Wanzke aus der Abteilung Bildung, die Vertreter der Gemeinderatsfraktionen und die Abgesandten der Mitgliedsvereine, das Beste aus der Situation. Angesichts von aktuell 35 Mitgliedsvereinen war die Teilnahme von lediglich sechs Vereinen allerdings sehr enttäuschend.
Die Vereinsvertreter gingen die vier zentralen und umfangreichen Tagesordnungspunkte konzentriert an. Neben der Sportentwicklungsplanung und der Sportstättenplanung sowie den aus dem sogenannten „Zehn-Punkte-Plan“ (wir berichteten) entnommenen Themen rund um die Neuordnung der Zuschüsse sowie der Hallenbelegungskriterien war auch der Sport in Zeiten von Corona ein zentraler Punkt. Doris Imrich vom VfL Kirchheim berichtete von rund 60 Austritten im Sportvereinszentrum. Viele Kurse habe man ins Freie verlegen können, um den Hygienevorschriften Rechnung zu tragen. Die Vereinsgeschäftsführerin befürchtet, dass am Jahresende „mit Glück eine ‚schwarze Null‘ geschrieben werden kann.“
Stefan Gölz von der Tauchgruppe Teck frohlockte hingegen geradezu: „Wir hatten im Sommer unser bestes Jahr, denn ab 19 Uhr waren wir alleine im Freibad und hatten jede Menge Platz.“ Störfaktor war für ihn allerdings, dass die Wassersportler immer den Eintrittspreis von 2,50 Euro berappen mussten, obwohl doch die Sportstätten-Nutzungsgebühren für die Vereine durch den Gemeinderat eigentlich ausgesetzt seien. Stadtrat Marc Eisenmann (SPD) reagierte impulsiv: „Das ist ein Gemeinderatsbeschluss. Da kriege ich einen dicken Hals.“ Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader versprach, sich der Sache noch einmal anzunehmen und die Sache nötigenfalls noch einmal im Gemeinderat vorzubringen.
Ein schneller Konsens gelang dem Plenum bei der Neuordnung der Zuschüsse (siehe Info-Kasten). Für die Überarbeitung der einst im Zuge einer Kanzelwandtagung angestoßenen Hallenbelegungskriterien wurde nach kurzer Diskussion festgelegt, dass die bereits bestehende Arbeitsgruppe mit Helmut Blasi (SfL/TSV Ötlingen), Jürgen Schill (SfL/Schulen) und Marc Eisenmann (Gemeinderat/SfL/VfL Kirchheim) aktiv werden und den sprichwörtlichen Faden wieder aufnehmen soll. Marco Wanzke von der städtischen Abteilung Bildung ist sich sicher, dass es Verlierer und Gewinner bei der Neuordnung geben wird: „Die Fragestellung lautet: Was muss getan werden, um eine faire Umsetzung zu gewährleisten?“
Gleichfalls seinen Ursprung im VfL-Haus in Riezlern hatte in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren auch die Sportentwicklungsplanung (SEP), die aufgrund veränderten Sport- und Freizeitverhaltens einer Überarbeitung bedarf, mit der bereits begonnen wurde. Marco Wanzke stellte den weiteren Fahrplan vor, der sowohl im Freizeitsport als auch in der Vereinsentwicklung und der Sportstättenbedarfsplanung Informationsveranstaltungen und Workshops innerhalb der nächsten drei bis vier Monate vorsieht. Die Ergebnisvorstellung ist für das erste Quartal 2021 geplant.
Synergieen auf der Baustelle
„Das Hallenbad kommt“, stellte OB Dr. Pascal Bader noch einmal unmissverständlich fest. Im Rahmen der Sportentwicklungsplanung solchermaßen gefragt, bekannte das Stadtoberhaupt Farbe - zumal das Hallenbad, dessen Finanzierung für einen Bau und den Betrieb ab 2030 augenscheinlich gesichert ist, nur einen Teil zu dem im SEP favorisierten Sportpark darstellt, der sich vom Freibad bis zu den VfL-Tennisplätzen erstrecken soll. Nachdem der Hallenbadstandort neben dem Freibad als gesichert gilt, wurde am Samstag auch eine weitere Sporthalle anvisiert, die auf städtischem Gelände zwischen Hallenbad und TG-Platz eingepasst werden könnte, tagsüber den umliegenden Schulen (Schlossgymnasium und Rauner-Campus) und abends den Vereinen zur Verfügung stünde. „Eine Baustelle für beide Bauwerke zusammen brächte erhebliche Synergien mit sich“, bekräftigte Bürgermeister Günter Riemer die leuchtenden Augen der Vereinsfunktionäre.
„In der Au“ wird nicht erschlossen
Und Günter Riemer legte zum Abschluss nochmal nach. Bei der Neuaufstellung des Tennisclubs Kirchheim (wir berichteten), die mit der Erschließung des neuen Gewerbegebiets „In der Au“ in engem Zusammenhang stand, wurde, so der Bürgermeister, „die Reißleine gezogen.“ Will heißen: Die Erschließung des neuen TCK-Geländes wird mit allen straßenbaulichen Maßnahmen durchgeführt, die Erschließung des Gewerbegebiets jedoch (noch) nicht. „Die Kosten würden uns davonrennen“, so Günter Riemer.