Lokalsport
Fitnessstudios trotzen den verschärften Coronaregeln

Corona Die aktuelle Verordnung des Landes sieht „2-G-plus“ für Sportstätten vor. Für die Fitnessstudios in Kirchheim bedeutet das eine erneute Änderung, mit der sich die meisten gut arrangieren. Von Max Pradler

Abstandsregeln, Zugangskontrollen, Masken- und Desinfektionspflicht sind in Fitnessstudios längst Gewohnheit. Neu ist allerdings, dass Sport- und Freizeiteinrichtungen in Baden-Württemberg seit Kurzem nur noch von genesenen oder geimpften Menschen besucht werden dürfen. Sollte beides länger als sechs Monate zurückliegen, wird zusätzlich ein tagesaktueller Test benötigt. Ungeimpften ist das Training im Studio sogar grundsätzlich verboten, „Geboosterte“ hingegen sind von der Testpflicht befreit. Was teilweise verwirrend klingt, steht in der momentan geltenden Coronaschutzverordnung – kurz bezeichnet als „2-G-plus“.

Dass Sporteinrichtungen, die eigentlich der Gesundheit dienen sollen, dahingehend also mit Freizeiteinrichtungen gleichgestellt werden, ist für Moritz Hönig, Leiter des Sportvereinszentrums des VfL Kirchheim, durchaus in Ordnung: „Die Regelung macht in unseren Augen absolut Sinn, da der Impfschutz eben in den ersten sechs Monaten als sehr wirksam gilt. Die anfängliche Kommunikation seitens der Landesregierung war zwar etwas verwirrend, aber mit der jetzt angepassten Regelung können wir gut leben.“

 

Das ist besser, als schließen zu müssen.
Joe Öhrle Der Fitness-Center-Inhaber nimmt den organisatorischen Aufwand im Zusammenhang mit den Coronakontrollen trotz Kritik in Kauf.
 

Dem 35-Jährigen ist gleichwohl bewusst, dass schleunigst etwas passieren muss, um die drastischen Coronazahlen zu senken. Nicht zuletzt auch in Rückbetrachtung zum vergangenen Winter, als erst die Rede von einem kurzen, harten Lockdown war, die Fitnessstudios letztlich aufgrund der hohen Infektionszahlen aber über ein halbes Jahr geschlossen bleiben mussten. „Unsere Mitglieder sind deshalb unabhängig der Regelungen froh, dass der Sport im Studio überhaupt erlaubt bleibt, da die Freizeitmöglichkeiten ansonsten ja sehr eingeschränkt wären.“ Das spiegelt sich auch in den Besucherzahlen wieder, die sich im SVZ durch die 2-G-plus-Regelung keinesfalls verringert haben. „Mit Ausnahme einiger weniger Mitglieder sind alle von der Testpflicht befreit und über die Hälfte ist bereits geboostert“, klärt Hönig auf. Der zusätzliche Aufwand durch „2-G-plus“ halte sich somit stark in Grenzen.

Den sonst üblichen Ansturm zum Jahreswechsel erwartet der SVZ-Leiter wegen der aktuellen Bedingungen diesmal allerdings nicht: „Der Zulauf wird sicherlich geringer ausfallen, wobei wir dank unsers Hygienekonzeptes viel Vertrauen bei unseren Mitgliedern genießen und daher auch durch Mund-zu-Mund-Propaganda weiterhin Neumitglieder gewinnen können. Und da wir im Sommer sehr gute Monate hatten, wäre ein ruhiger Winter für uns zu verschmerzen.“

Mehr organisatorischer Aufwand
Mit „2-G-plus“ ebenfalls gut leben kann Joe Öhrle, Besitzer von „Joe‘s Fitness Center“ in der Dettinger Straße: „Unsere Mitarbeiter waren bei einer Schulung des DRK und dürfen die Mitglieder somit vor Ort testen.“ Nichtsdestotrotz würde die neue Verordnung deutlich mehr organisatorischen Aufwand mit sich bringen. „Bisher hatten die geimpften Mitglieder einen Vermerk im System und konnten sich so selbstständig bei Ankunft einloggen. Jetzt müssen wir bei jedem Besucher nochmals einzeln kontrollieren – aber das ist selbstverständlich trotzdem besser als schließen zu müssen.“

Keinen Hehl macht Öhrle hingegen aus den finanziellen Engpässen, die er mit seinem Studio momentan zu bewältigen hat. Denn trotz der ausbleibenden Einnahmen erhalten Fitness- und Gesundheitsanlagen bedingt durch die auf Dauerschuldverhältnissen basierenden Mitgliedschaftsstrukturen in vielen Fällen keine Corona-Hilfen. Das bestätigt auch Öhrle, der seit Beginn der Pandemie keinerlei staatliche Hilfe erhalten habe. Hinzu ereile ihn ein enormer Mitgliederschwund: „Wir wollten unserem Publikum wegen Corona etwas entgegenkommen und haben auf monatlich kündbare Verträge umgestellt, um mehr Flexibilität zu bieten. Diese Option wird in solchen Phasen wie jetzt wieder häufiger genutzt.“

Einen Rückgang der Trainingsgäste beklagt auch Volker Koch, Reha-Trainer im „SL Sports“: „Da die Ungeimpften immer noch einen nicht zu vernachlässigenden Anteil der Gesellschaft ausmachen, zeigt sich das natürlich auch in unserer täglichen Auslastung.“ Generell bedauert es Koch, dass das gesundheitsorientierte Muskeltraining noch immer als Freizeitbeschäftigung gesehen werde und nicht als sehr wichtige gesundheitliche Vorsorge: „Viele Leute kommen direkt vom Arzt zu uns. Die brauchen Unterstützung und Hilfe. Da ist solch eine Hürde wie 2-G-plus natürlich kontraproduktiv.“

In Zustimmung zu seinen Branchenkollegen ist der organisatorische Aufwand allerdings der größte Kritikpunkt: „Wir haben über 1000 Mitglieder und da jeden Einzelnen zu kontrollieren mit Impfnachweisen oder Testzertifikaten ist nicht immer einfach“, klagt Koch.

Arbeitgeberverband fordert Unterstützung

Die 2-G-plus-Regel in Fitnessstudios gilt neben Baden-Württemberg auch in Bayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen.
Eine Nachbesserung der Corona-Hilfen fordert dabei der Arbeitsgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV) von der Politik in Bund und Ländern. Vor allem sei eine strukturierte und erhöhte Liquiditätssicherung nötig, schreibt der DSSV in seiner aktuellen Newsletter-Ausgabe.
Eine Ausweitung der Hilfen sei nötig, damit die Branche überleben kann. „Wir brauchen Zukunftssicherheit. Alle Betriebe unserer Branche benötigen in dieser schwierigen Situation Unterstützung“, betont der stellvertretende DSSV-Geschäftsführer Florian Kündgen. max