Fußball-Oberliga: 3:0-Befreiungsschlag gegen den FC Villingen gehen 70 Minuten Zittern voraus
Gürol streift dem VfL die Fesseln abSpielstenogramm

Zum Heimspiel gegen den FC 08 Villingen präsentierte sich VfL-Trainer Rainer Kraft mit fast kahlgeschorenem Kopf. Seine Mannschaft tat das, was ihm deshalb selber nicht möglich war: Sie zog sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf. Nach vier Niederlagen in Folge gewann Kirchheim durch drei späte Tore in der letzten Viertelstunde mit 3:0 (0:0) und verbesserte sich in der Oberligatabelle um zwei Plätze auf Rang elf.

Gürol streift dem VfL die Fesseln abSpielstenogramm
Gürol streift dem VfL die Fesseln abSpielstenogramm

Kirchheim. Die kleine Trommlerfraktion auf der Gegengerade intonierte „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ und die Spieler beglückwünschten sich gegenseitig. Auch Rainer Kraft war nach der langen Zitterpartie sichtlich erleichtert. „In der ersten Halbzeit hat man die Verunsicherung bei den Spielern in jeder Sekunde gespürt. In der Pause habe ich sie aufgefordert, aggressiver und mutiger nach vorn zu spielen, dem Gegner weh zu tun. Auf einmal hat`s funktioniert. Man sieht, es spielt sich alles im Kopf ab. Die Mannschaft hat bewiesen, dass sie`s kann. Ich freue mich riesig für sie“, sprudelte es aus ihm heraus. Er fügte jedoch gleich hinzu: „Das ist nur eine Momentaufnahme. Nächsten Samstag müssen wir nach Kehl. Dann ist dieses Ergebnis schon wieder uninteressant.“

Mit den ersten 45 Minuten konnte niemand im Stadion zufrieden sein. Weder der VfL noch die Gäste, die mit der besseren Spielanlage gefühlte 80 Prozent Ballbesitz hatten, aber gegen die massive Kirchheimer Deckung nichts Zählbares zustande brachten. Erst recht nicht die Zuschauer, die ihrem Unmut über die ängstliche Spielweise ihrer Mannschaft mit unfeinen Zwischenrufen Richtung Spielfeld und Trainerbank zum Ausdruck brachten.

Der VfL versuchte, aus verstärkter Abwehr Konter zu fahren. Doch das klappte nicht. Die Versuche blieben meistens schon im Ansatz stecken. Im Mittelfeld klaffte ein großes Loch. Und so kamen die weiten Bälle, die oft nur von hinten heraus gebolzt wurden, in der Regel postwendend zurück. Die beiden Stürmer hingen in der Luft. Bei der einzigen nennenswerten Torchance touchierte Mario Klotz mit einem abgefälschten Schuss den Außenpfosten (8.).

Nach der deutlichen Kabinenansprache des Trainers dauerte es weitere 20 Minuten, bis sich das Blatt endlich zugunsten der Platzherren wendete. In der 67. Minute tauchte der eingewechselte Steffen Mayer frei vor Torwart Huljic auf, zögerte jedoch zu lange mit dem Schuss und die Chance war vertan. Der andere Joker machte es besser. Klotz setzte sich mit seiner bis dahin besten Aktion auf der rechten Seite energisch durch, seine Flanke verwandelte der eingewechselte Sabri Gürol volley mit links zum 1:0. Der Bann war gebrochen.

Plötzlich lief beim VfL alles, was vorher verkrampft wirkte (Kraft: „Angst essen Seele auf“), wie geschmiert. Gürol bedankte sich bei seinem Sturmpartner mit einer Maßvorlage für die gekonnte Vorarbeit, Klotz behielt die Ruhe und schoss gegen seine alten Kameraden überlegt zum 2:0 ein. Das dritte Tor war eine Gemeinschaftsproduktion zweierJoker: Michael Hofstetter flankte von rechts, Gürol verwandelte mit einem eleganten Heber ins lange Eck.

„Nach dem ersten Gegentor haben wir offensiver gespielt und sind in zwei Kirchheimer Konter gelaufen. Ich freue mich für Rainer, dass er wieder mal gewonnen hat“, meinte FC-Trainer Martin Braun, der sich schon damals als Sportdirektor beim VfR Aalen mit Co-Trainer Kraft gut verstanden hat. Es war die erste Villinger Niederlage auf fremden Plätzen und damit die zweite Serie, die in diesem Spiel riss.