Aufatmen und Wohlfühlen – das Motto, mit dem Westerheim auf seiner Internetseite wirbt, könnte für das sportliche Aushängeschild der Albgemeinde morgen Wirklichkeit werden: Daniel Bohnacker zählt zum erweiterten Kreis der Medaillenanwärter, wenn am Freitag ab 7 Uhr deutscher Zeit die Skicrosser bei den Olympischen Spielen in Peking auf die Piste gehen. „Wenn alles passt, ist eine Medaille nicht unmöglich“, sagt Bruder Tobias, der am heimischen Fernseher mitfiebern wird. „Public Viewing ist wegen der frühen Uhrzeit und Corona leider nicht möglich“, sagt der mit 36 Jahren Ältere der beiden Bohnacker-Brüder.
Unterstützung hat Daniel, der am kommenden Montag 32 wird, bei seinem Start in Fernost trotzdem vom gesamten Ort: „Westerheim drückt die Daumen“ prangt in Großbuchstaben auf der Titelseite des aktuellen Blättle der 2500-Einwohner-Gemeinde auf der Laichinger Alb.
Aber nicht nur dort verfolgen Wintersport-Fans den zweiten Olympia-Auftritt von „Bohne“ nach Sotschi 2014. „Ich hab mir den Termin geblockt und hoffe, dass ich seine Rennen anschauen kann“, sagt Marlon Lamour, der den Profisportler des SC Gerhausen („ein absolut bodenständiger und lockerer Typ“) vor zweieinhalb Jahren als Stargast zum Teckbotenpokal nach Neidlingen lotste – Lamour war jahrelang aktiver Kicker beim TVN, später einer von drei Abteilungsleitern und beim Zeitungsturnier unterm Reußenstein 2019 im Orga-Team. Außerdem wohnt der Rektor der Kirchheimer Freihof-Realschule in Westerheim und kennt die Familie Bohnacker entsprechend lange.
Dieser Umstand bescherte den Zuschauern des Turniers 2019 auch den sympathischen Auftritt der Westerheimer Fußballer. Der SVW war damals ins Achtefinale gestürmt, musste dort erst nach Elfmeterschießen gegen Weilheims Zweite die Koffer packen. Das Tor des A-Ligisten hütete Daniel Bohnackers Vater Harmut, der mit seinen damals 61 Jahren zum bislang ältesten Teckbotenpokalturnierteilnehmer avancierte. „Von ihm hat Dani auch das Skifahrer-Gen“, lacht Bruder Tobias, Kapitän der Westerheimer Kicker, „wir waren beide früher Torwart, aber er hat irgendwann gemerkt, dass er im Skifahren besser ist.“
Und wie: Nachdem er im Alpin-Zirkus nicht richtig hatte Fuß fassen können, wechselte Daniel Bohnacker 2009 zum Skicross. Das Kräftemeesen von vier Teilnehmern, die gleichzeitig einen Kurs bestehend aus Sprüngen, Wellen und Kurven bewältigen, beherrscht er so gut, dass er seit über zehn Jahren zur Weltspitze zählt. Größter Erfolg neben zwei Weltcupsiegen war die Teilnahme an den Olympischen Spielen vor acht Jahren in Sotschi, wo er auf Platz 19 kam – sollte es morgen in Peking 16 oder mehr Plätze nach oben gehen, dürfte klar sein, was nach Aufatmen und Wohlfühlen ansteht: Feiern.
Ein Nürtinger im chinesischen Eiskanal
Michael Salzer kennen viele in der Region noch als erfolgreichen Leichtathleten im Dress der TG Nürtingen. Seit acht Jahren ist der ehemalige Kugelstoßer (Bestleistung 17,70 Meter) und Diskuswerfer (65,42) als Winterssportler erfolgreich – so erfolgreich, dass er es als Anschieber von Christoph Hafer im Viererbob zur Olympia geschafft hat.
In Peking wird es für den 30-jährigen Sportsoldaten am Samstag und Sonntag ernst: Salzer, Hafer sowie Tobias Schneider und Matthias Sommer stellen sich der Konkurrenz, zu der auch zwei weitere deutsche Quartette zählen. „Unser Ziel ist ein Platz in den Top sechs, darauf wären wir echt stolz“, sagt der Junioren-Weltmeister von 2015.
Top-Favorit in den vier Läufen, von denen je zwei am Samstag und Sonntag ab 2.30 Uhr deutscher Zeit stattfinden, ist Francesco Friedrich aus Pirna. Der 31-Jährige ist mit elf Titeln Rekordweltmeister und wurde 2018 in Pyeongchang Olympiasieger im Zweierbob und im Viererbob. Im Zweierbob gewann er Mittwoch in Peking erneut Gold.
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