Lokalsport
Gefühlt mehr als die halbe Miete

Basketball Der Teilerfolg am Doppelspieltag sorgt bei den Knights für zufriedene Mienen. Die Moral der Mannschaft ist intakt – auch ohne führende Köpfe. 
Von Bernd Köble

Zwei Gegner, zwei konträre Spielverläufe, ein Sieg – und wie liest sich nach dem Doppelspieltag  in der 2. Basketball-Bundesliga die Gesamtbilanz aus Kirchheimer Sicht? „Extrem positiv“, findet Knights-Sportchef Chris Schmidt, der nach der Niederlage in Tübingen und dem knappen Heimsieg gegen Karlsruhe mit dem Auftreten der Mannschaft vollauf zufrieden ist. Wie immer sind es die Rahmenbedingungen, die darüber entscheiden, wie und wo die Messlatte hängt. Und die waren nach der Verletzung von Jonathon Williams und dem foulbedingt frühen Schichtende für Spielmacher Karlo Miksic zumindest in Tübingen suboptimal.

Die beiden Duelle gegen zwei der zuletzt stärksten Teams in der Pro A  boten dennoch einiges an Erkenntnisgewinn. Weil sie einerseits gezeigt haben: In den Rittern steckt genügend Willenskraft, um selbst in ausweglos erscheinenden Situationen dem Gegner die Stirn zu bieten. Auch wenn es, wie in Tübingen, am Ende nicht reicht. Was andererseits nicht zum ersten Mal sichtbar wurde: Die Mannschaft hat ein Tempo-Problem. Gegen zwei Gegner, die wie wenig andere in dieser Liga Hochgeschwindigkeits-Basketball zelebrieren, standen physisch überlegene Ritter phasenweise wie auf verlorenem Posten. In Tübingen rollte in der ersten Spielhälfte ein Fastbreak nach dem anderen in Richtung Kirchheimer Korb, begünstigt durch Passfehler und Ballverluste. Gegen Karlsruhe sorgte die Drehzahlfrequenz eines Ausnahmekönners wie Stanley Whittaker dafür, dass der komfortable Vorsprung dahinschmolz wie Schneereste in der Märzensonne. Whittaker ist im Eins-gegen-Eins kaum zu verteidigen. Hinzu kommt: Die Kirchheimer Kämpfer waren müde nach der kräftezehrenden Aufholjagd am Freitag. Bestes Beispiel: Rohndell Goodwin, in der Paul-Horn-Arena noch Alleinunterhalter mit 36 Punkten, wirkte in der Schlussphase gegen Karlsruhe zunehmend kraft- und kopflos, trotz erneut 16 Zählern und sechs Rebounds.

„Wir sind kein Fastbreak-Team. Dafür fehlt es uns an Tempo“, räumt Knights-Coach Igor Perovic ein. Kein Kirchheimer Guard verfügt über Explosivität und Antritt eines Whittakers oder Kivimäkis. Dafür sind die Ritter in Sachen Physis und Erfahrung vielen Teams überlegen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt folglich darin, Takt und Tempo nicht dem Gegner zu überlassen. Wenn wie am Freitag mit Williams einer der Bes­ten mit Rückenproblemen ausfällt oder gesetzte Kräfte wie Besnik Bekteshi und Tim Koch über Wochen ihr Potenzial nicht ausschöpfen, dann wird es schwierig.

„Im Oktober hätte niemand für möglich gehalten, wo wir heute stehen“, versucht Chris Schmidt das Bild zurechtzurücken. Die zweite Hälfte in Tübingen habe extrem viel Spaß gemacht, sagt er, „weil sich die Mannschaft die Seele aus dem Leib gekämpft hat.“ Jetzt folgen knüppelharte Wochen. Erst die beiden Auswärtsspiele in Bremerhaven und in Leverkusen, dann kommt Tabellenführer Ros­tock. In der Pro A zu bestehen, war noch nie schwerer als diesmal. Sieben Teams im Tabellen-Mittelfeld trennen vier Punkte oder weniger. „Der dritte Absteiger wird einer sein, der damit überhaupt nicht gerechnet hat“, steht für Schmidt fest. Zehn Siege galten bisher als Überlebensgarantie. Kirchheim steht seit Sonntag bei elf. „Wenn wir Ende Februar noch im Rennen sind“, meint Schmidt, „dann haben wir gute Karten für die Play-offs.“ Dort bräuchte es neben dem Glück, von Verletzungen verschont zu bleiben, womöglich auch einen neuen Namen. Igor Perovic ist zuversichtlich, dass sich die Knights bis Ende der Wechselfrist unterm Korb noch einmal verstärken werden (siehe Extra-Info). 

Legen die Knights noch mal nach?

Bis 31. Januar ist das Transferfenster in der Pro A geöffnet. Zwei Wochen noch, in denen sich entscheiden wird, ob die Knights einen weiteren Spieler nachverpflichten. Geschäftsführer Chris Schmidt hält sich in der Frage seit Wochen bedeckt, räumt jedoch ein, dass es Kandidaten gibt, die als Verstärkung auf den großen Positionen vier und fünf infrage kämen. „Wenn sich die Chance ergibt und wir das Gefühl haben, dass es passt, werden wir handeln“, sagt Schmidt. „Falls nicht, dann eben nicht.“
Ganz oben auf der Wunschliste steht ein flexibler Big Man mit deutschem Pass, was zur Saisonmitte schwierig werden dürfte. Die Dominanz des deutschen Kapitäns Till Pape als Rebounder und Scorer ist gleichzeitig die Schwachstelle in der Kirchheimer Rotation. Die Position mit einem weiteren Ausländer zu besetzen, ist allerdings nicht ausgeschlossen. Schließlich war dies noch Ende November der Plan, ehe der Deal mit dem US-Amerikaner Jordan Loveridge platzte. „Wir sind nicht unter Zugzwang“, betont Schmidt. „Wenn wir in die Play-offs kommen sollten und dort eine Rolle spielen wollen, brauchen wir jedoch eine weitere Option.“ bk