Bevor er kam, glich der Trainerstuhl bei den VfL-Fußballern zweieinhalb Jahre lang einem Schleudersitz. Als Markus Schweizer im Januar 2015 den Posten des Kirchheimer Coaches übernahm, betrug die Halbwertszeit von Übungsleitern an der Jesinger Allee gerade mal vier Monate. Dass für ihn am Saisonende nach dreieinhalb Jahren trotzdem Schluss ist, hat im Gegensatz zu seinen sechs Vorgängern, die seit dem Comeback des VfL im Juni 2012 in Kirchheim aktiv waren, keine sportlichen Gründe. Im Gegenteil. „Wir hätten liebend gern mit ihm weitergemacht“, betont Claus Maier, einer von vier Abteilungsleitern beim VfL.
Er und seine drei Mitstreiter Oliver Klingler, Karl Magg und Armin Meißner wissen nur allzu genau, dass der VfL nach dem Absturz in die Kreisliga ohne das Engagement Schweizers kaum bereits wieder an der Tür zur Landesliga klopfen würde. Mehr noch: Der 32-Jährige hat maßgeblichen Anteil daran, dass die „Blauen“ in der Region wieder an Identität, Integrität und Identifikation gewonnen haben. „Er hat uns extrem geholfen bei der Außendarstellung“, lobt Claus Maier.
Nicht nur das: Als Schweizer beim damals klammen VfL anheuerte, verzichtete er im ersten Halbjahr freiwillig auf sein Trainergehalt. „Markus kam von Anfang an bei der Mannschaft und dem Publikum an“, so Maier.
Umso schwerer fällt es dem gebürtigen Göppinger, Fußball-Kirchheim den Rücken zu kehren. „Es war Wahnsinn, Teil dieses Projekts zu sein und die Rückkehr in die Bezirksliga zu schaffen“, sagt Schweizer, der als gelernter Polizeihauptmeister seit eineinhalb Jahren in Villingen-Schwenningen studiert, um als Kommissar in die gehobene Beamtenlaufbahn zu kommen. Ab April wird er deswegen vier Mal die Woche vor Ort im Schwarzwald sein müssen, was seinen Ansprüchen an den VfL-Job nicht gerecht würde. „Wie kann ich beispielsweise Trainingseinstellung monieren, wenn ich selbst nicht da bin“, sagt er.
Wer Schweizer kennt, weiß, dass er in der Rückrunde nochmals alles für den Bezirksligadritten geben wird, bevor er nach dem letzten Spieltag Anfang Juni „Servus“ sagen wird. „Die Relegationsteilnahme wäre natürlich ein Traum“, sagt er, „vielleicht setzt meine Entscheidung nochmals zusätzliche Kräfte frei.“
Und sei es nur bei der Suche nach einem Nachfolger. Kaum hatte Schweizer seinen Abschied verkündet, waberten bereits erste Namen durch die Gerüchteküche. Von eher abwegigen wie Ex-Weilheim-Coach Alexander Hübbe oder Trainer-Wandervogel Bippo Forzano über ehemalige Weggefährten von VfL-Strippenzieher Oli Klingler aus Köngener Zeiten, wie Harald Mangold, bis hin zu langjährigen Kirchheimer Kickern wie Gaetano Caruana oder Fabio Morisco.
Auch Trainer lokaler Konkurrenten sind im Gespräch. Neidlingens Patrick Kölle steht offenbar ebenso auf dem VfL-Zettel wie der aktuelle Weilheimer Landesliga-Coach Chris Eisenhardt, dessen Vertrag beim TSVW im Sommer ausläuft. „Meine Zukunft ist offen und die Teckregion ist irgendwie mein Zuhause“, orakelt der ehemalige Kapitän der Kirchheimer Oberligamannschaft.
Ein weiterer potenzieller Kandidat trainiert aktuell noch den Weilheimer Landesligakonkurrenten aus Bad Boll. Benjamin Geiger wird im Sommer im Kurort jedoch von Manuel Doll, ehemaliger Ober- und Verbandsligakeeper beim SV Göppingen und VfL Kirchheim, beerbt und wäre damit für die „Blauen“ zu haben.
„Es wird keinen Schnellschuss geben“, betont Claus Maier, dem gemeinsam mit Klingler, Magg und Meißner in den kommenden Wochen der Spagat zwischen Anspruch und Wirklichkeit gelingen muss. „Wir können keinen holen, der Unsummen kostet. Dafür muss es vielmehr menschlich passen.“ Oder wie es der scheidende Markus Schweizer formuliert: „Ein Schuss Wahnsinn muss auch dabei sein.“