Trainingslager gehören nicht gerade zu den Highlights im Leben eines Fußballprofis. Viel rennen, viel taktisch arbeiten, viel schwitzen. Da kommt ein freier Nachmittag gerade recht, um etwa mal an den See zu fahren. „Mir wäre eine Welle lieber“, erzählt Grischa Prömel lachend, der sich gerade mit 1899 Hoffenheim in Kitzbühel auf die Bundesliga-Saison vorbereitet. Dabei denkt der 29-jährige Esslinger gerne an ein kurz zurückliegendes Erlebnis zurück – ein besonderes Erlebnis für ihn und mindestens so sehr für Ben Neumann. Die beiden teilen die Liebe zum Surfen und Prömel unterstützte den blinden Para-Surfer sowie sein Team im vergangenen Jahr finanziell, um bei den Weltmeisterschaften in Kalifornien teilzunehmen. Neumann holte dort Bronze – und nun trafen sich die beiden auf der neuen O2-Surftown-Muc-Welle in München.
Immer eine Hand im Wasser
„Es war sehr inspirierend“, erzählt Prömel, der sich im Vorfeld nicht vorstellen konnte, „wie es möglich ist, ohne zu sehen auf das Wasser zu gehen und zu surfen. Das ist ja so schon schwer. Er musste alles selbst lernen, er kann auch nicht etwa Videos anschauen“. Neumann berichtete ihm. Der 18-Jährige verlässt sich auf sein Gehör und hat immer eine Hand im Wasser, um sich zu orientieren. Viel Talent tut ein Übriges. Und da Neumann die künstliche Welle in München schon kannte, gab er Prömel Tipps, bevor auch dieser sich aufs Brett stellte.
Ein bisschen aufgeregt sei Neumann vor dem Treffen schon gewesen, berichtete dessen Vater dem Fußballprofi. „Aber davon habe ich nichts gemerkt, beim Surfen ist es nicht wie beim Fußball. Wir waren gleich auf einer Wellenlänge“, erklärt Prömel. Neumann, der als Kind erblindete, beschrieb es so: „Es war ein tolles Erlebnis, Grischa endlich persönlich zu treffen. Er ist super sympathisch und das gemeinsame Surfen hat großen Spaß gemacht.“
Surfclips zur Entspannung
Prömel war auf Neumann aufmerksam geworden, weil er Videos von ihm im Internet sah. Surfclips anzuschauen, gehört für den Berufsfußballer zum Entspannungsprogramm und er achtet auf Techniken, die er selbst mal ausprobieren kann. Über die sozialen Medien nahmen er und sein Bruder Paul Kontakt zu dem Para-Sportler auf – und dann ging es sehr schnell. „Ich habe selbst so viel Unterstützung. Wenn ich dann helfen kann, dass sich jemand einen Traum erfüllt, ist das für mich kein großes Ding“, erzählt Prömel, der etwa auch dem Agapedia-Kinderhaus in Esslingen unter die Arme greift. Der Fußballer kennt auch das Gefühl, bei Olympischen Spielen aufzulaufen, im Jahr 2016 stand er mit dem deutschen Team in Rio de Janeiro im Finale. Deshalb fiebert er mit Neumann mit, dass Para-Surfen paralympisch wird und hat überhaupt angeboten, ihn bei weiteren Wettkämpfen erneut zu unterstützen.
Bis er selbst wieder auf einem Surfbrett stehen kann, muss Grischa Prömel noch ein bisschen warten. Es heißt jetzt erstmal rennen und schwitzen. Zudem ist für einen 1899-Angestellten die derzeitige Unruhe hinter den Kulissen des Vereins nicht gerade vergnüglich.
Auch Prömels Zukunft ist noch nicht endgültig geklärt, ein Wechsel etwa zu Eintracht Frankfurt steht immer noch im Raum. Zu all dem äußert er sich freilich nicht. Der Gedanke an einen erfrischenden und inspirierenden Ritt auf der Welle ist viel angenehmer. Gerne auch mal wieder gemeinsam mit Ben Neumann, seinem neuen Surffreund.