Lokalsport
Grafenberger legen nach: „Keine sportliche Fairness“

Fußball Die Causa Weilheim und die (zu) späte Abmeldung der zweiten Mannschaft sorgen in der lokalen Szene und mittlerweile auch in den Social-Media-Kanälen für Unmut und Schlagzeilen. Von Tim Trento

Fußball lebt von Emotionen – vor, während und mitunter auch nach dem Spiel. Wenn aber nach dem Abschluss einer Saison die Gefühlswelt von Akteuren wie Funktionären aus den Fugen gerät und wilde Kapriolen schlägt, muss schon etwas Gravierendes vorgefallen sein. So geschehen am vergangenen Wochenende in Weilheim, wo Fußball-Abteilungsleiter Gianni Mantineo die undankbare Aufgabe hatte, nach Beendigung der Saison trotz des Versprechens, mit zwei Teams in die Kreisliga A zu gehen, die soeben aufgestiegene zweite Mannschaft doch für die neue Saison vom Spielbetrieb abzumelden (wir berichteten).

 

Es ist einfach nur traurig, was aus einem Vorzeigeverein wie dem TSVW geworden ist.
Frank Sulz Trainer des TSV Grafenber

Die Abmeldung eines Teams, eigentlich ein formaler Schritt, sorgte in diesem Fall für Aufregung im Fußballbezirk. Nicht nur das eigene Weilheimer Schicksal, zu wenig Spieler für zwei (Kreisliga-A-) Mannschaften zur Verfügung zu haben und dafür den sprichwörtlichen Gang nach Canossa anzutreten, spielt dabei eine Rolle. In einem offiziellen Statement meldet sich auch der TSV Grafenberg, Vizemeister der Kreisliga B, Staffel 5, zu Wort. Zwar waren die Kicker aus dem südwestlichen Zipfel des Fußballbezirks bereits im Relegationshalbfinale am späteren Aufsteiger 1. FC Frickenhausen II gescheitert (1:2). Allerdings haderten die Grafenberger damit, nicht direkt aufgestiegen zu sein – wenn der TSV Weilheim seine zweite Mannschaft rechtzeitig abgemeldet hätte.

„Wenn nur ein Minimum an sportlicher Fairness vorhanden gewesen wäre, hätte man spätes­tens einen Tag nach dem letzten Spieltag zurückgezogen“, sagt Frank Sulz, Trainer des TSVG. Wert legt der Übungsleiter auf die neidlos anerkannte Tatsache, dass die mit vier Punkten Vorsprung erlangte Weilheimer Meis­terschaft verdient war. Die dann folgenden Randerscheinungen müssen aber, so der Coach weiter, schwer zu denken geben – zumal ja nicht nur Grafenberg, sondern auch noch weitere Vereine geschädigt worden seien.

Einer davon: der TSG Zell, der als aktuell Drittplatzierter der Liga im Fall eines (rechtzeitigen) Weilheimer Rückzugs die Relegationsspiele anstelle der Grafenberger hätte bestreiten dürfen. TSG-Trainer Marcel Hitzer sieht die Sache zwiegespalten: „Der TSV Weilheim kannte die möglichen Konsequenzen seiner Aktion, und mit einer 50:50-Möglichkeit ins Risiko zu gehen, war in dem Fall nicht fair. Auf der anderen Seite haben wir unser letztes Spiel in Unterlenningen 2:4 verloren und uns damit selbst um die Relegationsmöglichkeit gebracht.“

Die Weilheimer selbst äußerten sich noch einmal via Social Media. Zum Zeitpunkt des letzten Spieltags seien für die neue Saison 34 Spieler zur Verfügung gestanden. Insgesamt sechs weitere Akteure hätten dazukommen sollen, sodass für beide Teams 40 Spieler im Kader gewesen wären. Danach habe es aber unerwartete Abmeldungen von vier Akteuren der ersten Mannschaft gegeben. Die daraus folgende Kettenreaktion ist bekannt. Am Ende, so die Weilheimer weiter, seien noch 27 Spieler im Kader gewesen plus fünf Neuzugänge für die zweite Mannschaft. Doch auch 32 Akteure seien für zwei Teams zu wenig. Die Weilheimer entschuldigen sich in dem Posting beim TSV Grafenberg und bei der TSG Zell „für die Chance, die wir ihnen hiermit genommen haben“.

Der Weilheimer Argumentation folgend, scheinen ursächlich für die Misere die „unerwarteten“ Spielerabgänge in der aus der Bezirksliga abgestiegenen ersten Mannschaft gewesen zu sein. Kolportiert wurden aber auch gewisse und zunehmende Dissonanzen zwischen Trainer Salvatore de Rosa und einigen arrivierten Spielern, die eigentlich bereits für die neue Saison zugesagt, sich dann aber für andere Vereine entschieden hatten. Und mit adäquaten Neuverpflichtungen taten sich die Limburgstädter nach der Demission von Gallionsfigur Uwe Heth, der innerhalb der Abteilung als „Mädchen für alles“ fungiert, auch schwer.

Unterm Strich bleibt bei der Rückbetrachtung der lokalen Fußball-Saison 2022/23 ein fader Beigeschmack und die Befürchtung, dass sich der TSV Weilheim auf Sicht keine neuen Freundeskreise erobert hat – oder wie es Grafenbergs Coach Frank Sulz ausdrückt: „Es ist einfach nur traurig, was aus einem Vorzeigeverein wie dem TSVW geworden ist.“

Erinnerungen an den Rückzug des VfL

(Zu) spät eine Mannschaft abmelden und damit für Ärger sorgen – diesen Fall hat es in der lokalen Fußballszene schon einmal gegeben, wenn auch ein paar Etagen höher: Der beispiellose Rückzug des VfL Kirchheim aus der Oberliga sorgte 2011 ebenfalls für böses Blut bei der Konkurrenz. Der SGV Freiberg, damals sportlich aus der Beletage des baden-württembergischen Fußballs abgestiegen, hätte die Klasse gehalten, wenn die Kirchheimer vor dem offiziellen Saisonende die Reißleine gezogen hätten.

Wortführer des damaligen Protests gegen das Gebaren des VfL waren allerdings nicht die Hauptbetroffenen aus Freiberg, sondern die Verantwortlichen des FC Nöttingen. Dessen wortgewaltiger Multifunktionär Dirk Steidl wollte damals im Namen einiger Vereine Ansprüche auf Schadenersatz prüfen lassen. „Durch den Ausfall des Spieles gegen Kirchheim verlieren wir schon ein paar Tausend Euro“, hatte Steidl, der den Rückzug der Kirchheimer für vermeidbar hielt, damals behauptet. pet