Sportentwicklung
Hallenbad und Sporthalle: Kirchheim kämpft für zwei Großprojekte

Die Klausurtagung des Stadtverbands für Leibesübungen wird geprägt von der Diskussion über den Bau eines Hallenbads und einer Sporthalle. Eine Priorisierung soll Anfang 2025 erfolgen.

Der Standort einer neuen Sporthalle am Parkplatz des Schlossgymnasiums steht ebenso fest wie der eines Hallenbads im Eingangsbereich des Freibads. Ob und unter welchen Voraussetzungen jeweils gebaut werden kann, darüber wurde bei der Klausurtagung des SfL beraten. Foto: Carsten Riedl

Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach – im Fall der Sportentwicklungsplanung in Kirchheim nur zur Hälfte richtig: Die Bereitschaft, den Neubau eines Hallenbads auf dem Freibadgelände und einer Sporthalle auf dem Parkplatz des Schlossgymnasiums stemmen zu wollen, ist durchaus vorhanden. Im Rahmen der Klausurtagung des Stadtverbands für Leibesübungen (SfL) haben die rund 30 Vertreter aus Verwaltung, Gemeinderat, Schulen und Vereinen zumindest keinen Zweifel daran gelassen, dass die beiden Großprojekte wichtig und richtig sind.

Schwach ist in beiden Fällen allerdings der Geldbeutel. 36 Millionen Euro für ein Hallenbad und – je nach Ausstattung – 16 oder 19 Millionen für eine Halle bedeuten einen gewaltigen Invest, in den der jeweilige Abmangel, beim Hallenbad jährlich immerhin 2,2 Millionen Euro, noch nicht mal eingerechnet ist.

Kein Wunder also, dass bei der SfL-Tagung im Sportvereinszentrum des VfL vor allem die Finanzierung diskutiert wurde. Oberbürgermeister Pascal Bader überraschte dabei in Sachen Hallenbad mit der Idee eines Bürgerbads, das neben rund zehn Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt über private Mittel mit hohem Engagement von Bürgerschaft und Unternehmen mitfinanziert werden soll. „Wenn man gemeinsam auf ein Ziel hinarbeitet, kann das eine Stadt stark zusammenschweißen“, warb der Rathaus-Chef für das Modell, das in einer Genossenschaft und einem Förderverein denkbar wäre. „Ich bekomme regelmäßig Mails von Privatleuten und Firmen, die sich das vorstellen können“, so Bader, „wenn die Finanzierung auf viele Schultern verteilt wird, besteht eine echte Chance.“ Noch vor Jahresende soll in der Stadthalle eine Bürgerinformationsveranstaltung stattfinden, gefolgt von einer Veranstaltung zum Sponsoring durch Firmen im Januar oder Februar. In diesem Zeitraum will der Gemeinderat auch eine Grundsatzentscheidung fällen, ob das Projekt in die Haushaltsplanungen aufgenommen wird.

Obwohl der Idee grundsätzlich nicht abgeneigt, fürchtet der organsierte Sport Nachteile. „Die Kommune schafft so Konkurrenz für die Vereine in Sachen Sponsoring“, gab Jürgen Friedrich vom SV Nabern zu bedenken, dass Unternehmen jeden Euro nur einmal ausgeben können.

Unstrittig ist, dass ein neues Hallenbad auch von den Umlandgemeinden genutzt würde, ohne dass diese sich an den Investitionskosten beteiligen. Interesse, sich mit Schwimmstunden für Schul- und Vereinssport im Gegenwert von rund 270.000 Euro pro Jahr einzukaufen, besteht in Neidlingen, Ohmden, Bissingen, Wendlingen, Holzmaden, Weilheim und Dettingen – die Kirchheimer Kooperationsvereinbarung mit dem dortigen Bad endet bekanntlich 2030. Sollte ein Neubau in Kirchheim nicht zustande kommen, wäre eine Verlängerung dieser Vereinbarung nötig, die wiederum eine Sanierung des Dettinger Bads voraussetzt. Laut Pascal Bader kämen auf die Stadt 70 Prozent der Kosten zu, da Kirchheim aktuell auch 70 Prozent der Belegung ausmacht. Interessanter Einwurf von Stadtrat Ulrich Kübler (Freie Wähler) bei der SfL-Tagung: „Mit dem kalkulierten Abmangel von 2,2 Millionen Euro für ein neues Bad in Kirchheim könnte man das Dettinger Bad vermutlich für zehn Jahre sanieren.“

In der Stadt fehlen zwei Hallen

Um die Frage der Finanzierung ging es auch beim geplanten Bau einer neuen Sporthalle, die das Defizit für den Schul- und Vereinssport decken soll. Im innerstädtischen Bereich fehlten laut Marco Wanzke, der als stellvertretender Sachgebietsleiter Schulen und Sport im Rathaus die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vorstellte, rund sechs sogenannte Hallenteile – das entspricht umgerechnet zwei Hallen.

Die Planungen für den Bau von zumindest einer sind bereits vorangeschritten. Nachdem der Parkplatz des Schlossgymnasiums als Standort vom Gemeinderat beschlossen ist, hängen die Kosten von der Ausstattung ab. Eine klassische Dreifeldhalle für 400 Zuschauer käme auf 15,8 Millionen Euro, eine Dreifeldhalle für 2700 Zuschauer auf 18,7.

Auf die Vorteile dieser „mittleren Variante“ wies Bettina Schmauder sowohl als Stadträtin der Freien Wähler als auch als Geschäftsführerin der Kirchheimer Profibasketballer hin: „Eine solche Halle hat einen unheimlichen Mehrwert für alle“, betonte sie zum wiederholten Male, dass es nicht um ein Projekt nur für die Knights gehe. Schließlich seien laut Studie auch Konzerte, Messen, Firmenveranstaltungen, Gastro-Events und vieles mehr möglich, wodurch je nach Betreibermodell (städtisch oder privat) eine wirtschaftlich tragbare Auslastung gewährleistet wäre.

Im gleichen Atemzug verdeutlichte Bettina Schmauder nochmals, dass eine Realisierung der „mittleren Variante“ überlebenswichtig für die Knights sei: Ab der Saison 2028/29 erfüllt die Sporthalle Stadtmitte als bisherige Spielstätte nicht mehr die Anforderungen der 2. Liga, den Rittern droht im schlimmsten Fall das Aus. „Wir brauchen schnell eine Aussage, ob und wann was machbar ist“, so Schmauder.

Die Dringlichkeit treibt bei weitem nicht nur die Knights um. „Es muss bald was kommen, der VfL will, dass es losgeht“, betonte Marc Eisenmann als Vorsitzender des rund 4800 Mitglieder starken Mehrspartenvereins. Nicht nur innerhalb des VfL haben die fehlenden Hallenkapazitäten in manchen Abteilungen in der Vergangenheit bereits für Aufnahmestops in Sachen Mitglieder gesorgt. Auch die Gewährleistung eines lückenlosen Schulsportangebots würde gefährdet, sollte es zu keinem Hallenneubau kommen.

Ob und wie es weitergeht, soll ebenso wie beim Hallenbad im ersten Quartal 2025 entschieden werden. Die größte Herausforderung neben der Finanzierung beider Projekte liegt im verkehrstechnischen Bereich: Ohne Parkhaus zwischen Freibad und Schlossgymnasium wäre keines der beiden Vorhaben denkbar. Die Kosten würden je nach Größe mindestens fünf Millionen Euro betragen.

Der ganz große Wurf

Kommentar von Peter Eidemüller zu den beiden Großprojekten

Hallenbad oder Sporthalle – dass sich die Diskussion über die Umsetzung der beiden größten Projekte der Kirchheimer Sportentwicklungsplanung auf einen Abwägungsprozess reduziert, scheint unausweichlich. Nicht zuletzt wegen der Finanzierung, die in beiden Fällen die Möglichkeiten der Stadt weit übersteigt. Beide Vorhaben deswegen gegeneinander auszuspielen, ist vor dem Hintergrund der Bedeutung für die Stadtgesellschaft allerdings nicht zielführend.
Gefragt sind stattdessen alternative und kreative Finanzierungsmodelle, die den Haushalt nicht auf Jahre hinaus belasten und dennoch den größten gemeinsamen Nenner erzielen. In Bezug auf das Hallenbad auf eine genossenschaftliche Lösung zu setzen, bei der sich Bürgerschaft und Unternehmen engagieren, ist ein Schritt in die richtige Richtung. In Bezug auf die Sporthalle den Mehrwert zu erkennen, der über den Vereins- und Schulbetrieb hinausgeht, wäre unabhängig vom Betreibermodell ein weiterer.
Dass beide Schritte nicht zwangsläufig in die entgegengesetzte Richtung gehen müssen, ist die größte Herausforderung, die sich bei der Umsetzung stellt – oder wie es Stadtrat Ulrich Kübler im Rahmen der SfL-Klausurtagung formulierte: „Der Gemeinderat sitzt zwischen allen Stühlen. Wir können nicht jeden Wunsch zu 100 Prozent erfüllen.“
Dass eine klare Ansage überfällig ist, um die Gefahr einer Spaltung in zwei Lager zu vermeiden, haben Verwaltung und Gemeinderat immerhin erkannt: Im ersten Quartal 2025 soll eine Priorisierung der Großprojekte erfolgen. Konsens der Entscheidungsfindung sollte aller finanziellen Unwägbarkeiten zum Trotz der ganz große Wurf sein – das eine tun und das andere nicht lassen, muss das Credo lauten.