Benefiz
Hansi Müller: Den Brustring hat er nie abgelegt

Der Lionsclub Nürtingen-Kirchheim hatte mit Hansi Müller den VfB-Markenbotschafter zu Gast in Wernau. Der Ex-Profi plauderte aus dem Nähkästchen. 

Marlon Lamour (links), Schulleiter der Freihof-Realschule und ausgewiesener VfB-Fan, hatte im Sommer beim Lionsclub gesprochen und freute sich ebenso über den Besuch von Hansi Müller (Mitte) wie Lionsclub-Präsident Manfred Sigel. Foto: Sandra Langguth

Es gibt derzeit sicher schlimmere Jobs als Markenbotschafter des VfB Stuttgart zu sein. Mit seinem Heimatverein, für den er inklusive Jugendzeit 13 Jahre aktiv die Kickstiefel geschnürt hatte, kommt Hansi Müller dank Champions League gerade ziemlich herum.

Zwischen Mailand, Turin und Belgrad legte der gebürtige Stuttgarter nun einen Stopp in Wernau ein, um beim Treffen des Lionsclub Nürtingen-Kirchheim für einen kurzweiligen Abend zu sorgen. „Irgendwas Interaktives“ hatte der 67-Jährige angekündigt, und so beantwortete der Europameister von 1980 sämtliche Fragen der Vereinsmitglieder, plauderte aus dem Nähkästchen und hielt auch nicht mit seiner Meinung hinterm Berg, beispielsweise was die Gehälter der Stars angeht. „Das nenne ich unappetitlich“.

Eines der jüngsten Erlebnisse für den Vater eines 14-jährigen Sohnes war der Besuch im Bernabeu-Stadion in Madrid. „Das war für mich was ganz Besonderes, denn dort habe ich vor 42 Jahren das WM-Endspiel gegen Italien gespielt. Damals haben wir 1:3 verloren, so wie der VfB jetzt dort.“ Begeistert war er vor allem von der Technik, die sich in der Arena immens weiterentwickelt hat. „Das Spielfeld besteht aus sechs Teilen, die nach einem Spiel bis zu 26 Meter auf verschiedenen Ebenen in die Tiefe gelassen werden. Dort werden sie mit künstlicher Sonne, Regen und Wind bearbeitet, um dann für das nächste Spiel mit dem perfekten Rasen wieder nach oben gefahren zu werden.“

Dass es der VfB nach einer Saison in der Relegation im Folgejahr als Vizemeister in die Champions League geschafft hat, findet Hansi Müller natürlich top. Doch die Dreifach-Belastung mit Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal sei schon immens. Dazu kommen ja noch die Nationalmannschafts-Einsätze vieler Akteure. „Die Spieler erleben gerade eine Belastung, die sie so noch nie kennengelernt haben“, führte Hansi Müller aus.

Voll des Lobes war er für Trainer Sebastian Hoeneß, der es schaffe, allen Spielern das Gefühl zu geben, wichtig für die Mannschaft zu sein. „Jetzt, wo viele verletzt sind und die spielen müssen, die sonst nicht zum Zug kommen, zahlt es sich aus, dass Sebastian so einen guten Draht zu allen hat“, betonte der 67-Jährige. Ideal sei auch, dass er sich von seinem Vater beraten lasse, der das Fußball-Geschäft bestens kennt und keine anderen persönlichen Interessen hat, außer seinem Sohn zu helfen. Dass so ein erfolgreicher Trainer auch bei anderen Clubs begehrt ist, liege auf der Hand. „Ich glaube kaum, dass Sebastian über den Sommer 2025 hinaus beim VfB bleiben wird. Wenn da ein Top-Club kommt und ihm deutlich mehr Gehalt und die Aussicht bietet, ständig in der Champions League zu spielen, muss er zugreifen“, erklärte Hansi Müller. Natürlich ging es auch um die Nationalmannschaft. „Ich mache mir große Sorgen wegen der nächsten WM, wenn die Spieler rund fünfeinhalb Wochen lang in drei Ländern gefordert sind. Da bekomme ich eine Gänsehaut nach innen. Die Fifa hat nur Dollarzeichen in den Augen und weiß gar nicht, was sie mit den Spielern anrichtet.“ Sowieso spiele das Geld inzwischen eine viel zu große Rolle in seinen Augen. „Auch die UEFA schaut, wo es warm rauskommt.“ Natürlich war auch bei ihm persönlich einst das Gehalt ein Thema. Vor allem beim Wechsel zu Inter Mailand 1982. „Ich hatte nach der EM 1980 schon ein Angebot aus Italien, fand das aber für mich zu früh. Und als zwei Jahre später nachgehakt und mein Gehalt mehr als verdoppelt wurde, habe ich zugesagt. Drei Jahre in Italien gelebt zu haben, möchte ich nicht missen. Das hat mich sehr geprägt als Mensch.“

Fragen aus dem Publikum zum Tagesablauf der Profis, dem frühen Wechsel ins Ausland oder technischen Hilfsmitteln im Fußball waren ebenso Thema wie Müllers soziales Engagement, das der Lionsclub an dem Abend mit einer Spende von 1500 Euro unterstützte. „Ich bin seit 25 Jahren im Kuratorium der Olgäle-Stiftung und möchte so etwas zurückgeben“, erklärte der Ex-Profi. Zu seinem 50. Geburtstag etwa stellte er eine Neuauflage des WM-Finales Deutschland gegen Italien von 1982 auf die Beine und konnte dank der Einnahmen 380.000 Euro an die Stiftung spenden.

Beim Lionsclub Nürtingen-Kirchheim kamen zu den 1500 Euro auch noch ein paar Hundert mehr dazu, denn jeder konnte sich mit dem Europameister von 1980 für eine Spende fotografieren lassen und so seine ganz eigene Erinnerung an den Abend mit nach Hause nehmen.