Der 19-jährige Jonathan Gritschke hat ein freiwilliges soziales Jahr bei den Basketballern des VfL Kirchheim hinter sich
„Ich war nie der Typ, der gut mit Kindern konnte“

Ganztagsschulen brauchen qualifiziertes Personal. Ein Weg dorthin ist das freiwillige soziale Jahr (FSJ), in dem sich junge Menschen zwischen 16 und 27 Jahren in Verein und Schule engagieren können. Der 19-jährige Jonathan Gritschke hat ein Jahr als FSJler bei den Basketballern des VfL Kirchheim hinter sich.

Kirchheim. Der Lärm in der Halle ist ohrenbetäubend. Der kleine Max hat sich im Fallen weh getan, in der Ecke haben sich zwei Streithähne bedrohlich in der Wolle. Den Überblick behalten, das rechte Maß zu finden, was Strenge und Auftreten betrifft, das ist nicht immer einfach. Vor allem dann, wenn man kein ausgebildeter Pädagoge ist. „Ich war eigentlich nie ein Typ, der besonders gut mit kleinen Kindern konnte“, gesteht Jonathan Gritschke offen ein. Nach einem Jahr als FSJler an fünf Kirchheimer Grundschulen hat sich das grundlegend geändert. Am Ende hat ihm gerade die Zeit mit den Jüngsten am meisten Spaß gemacht. Wegen der vielen kleinen Erfolgserlebnisse, wie er sagt. „Wenn man es schafft, Begeisterung zu wecken, dann ist das ein tolles Gefühl.“

Wenn man es schafft, Begeisterung für einen Sport zu wecken, für den das eigene Herz schlägt, erst recht. Doch was sind Erfolgserlebnisse? „Immer wieder sind Kinder aus der Schul-AG hinterher im Vereinstraining aufgetaucht oder waren beim Basketball-Camp in den Ferien dabei“, berichtet Gritschke. Zwei Jungen- und eine Mädchenmannschaft trainiert er beim VfL und beim TSV Jesingen, als Spieler bestreitet er seine zweite Saison in der ersten Mannschaft, mit der er im Frühjahr aus der Oberliga abgestiegen ist. Auf den Korb wirft Jonathan Gritschke seit er selbst noch zur Grundschule ging. Zunächst beim SV Möhringen, mit 15 wechselte er zum VfL, weil ihm das Umfeld dort gefiel.

Nach dem Abitur ein Jahr mit Basketball verbringen, das klang nicht schlecht. „Ich wollte sehen, ob ein Sportstudium das Richtige für mich sein könnte“, sagt er. Dass er der Richtige für diesen Job sein würde, war Ulrich Tangl schnell klar. Der Geschäftsführer des VfL hält jedes Jahr Ausschau nach geeigneten Kandidaten – im Fall Jonathan Gritschkes bereits zum sechsten Mal. Charaktereigenschaften, Basketball-Fähigkeiten, Einsatzbereitschaft, das alles sind Kriterien, die zählen. Letzteres bedingt laut Tangl die Stelle an sich. „Wer seine Ausbildung zugunsten eines freiwilligen sozialen Jahres verschiebt, der ist automatisch engagiert“, weiß Tangl aus Erfahrung. Die Auswahl trifft allein der Verein, der die Stelle besetzt und bei der Baden-Württembergischen Sportjugend im Landessportverband (LSV) beantragt. Ein Einführungs- und ein Abschlussseminar bereiten vor und ziehen das Fazit. „Die Chancen, unterzukommen, stehen derzeit gut“, sagt Pia Lorke, Koordinatorin im LSV. „Wir konnten in der Vergangenheit alle Stellenanfragen bedienen.“ Für die Vereine sind die freiwilligen Mitarbeiter vielerorts unverzichtbar geworden. Zumal sie billig sind, weil der überwiegende Teil der Kosten aus Bundesmitteln gedeckt wird. Zum 1. September treten landesweit rund 350 Freiwillige ihren Dienst neu an, im Vorjahr waren es 300. Jonathan Gritschke wird den Stab beim VfL dann an seinen Nachfolger übergeben. Bis dahin hat seine Arbeitswoche 35 Stunden. Ein Teil davon sind Verwaltungsarbeit und Trainertätigkeit, neben den Basketball-AG‘s bietet er an mehreren Kirchheimer Grundschulen auch Bewegungspausen in und außerhalb des Unterrichts an.

Seitdem ist der 19-Jährige nicht nur um wertvolle Erfahrungen reicher, sondern auch im Besitz einer C-Lizenz als Trainer, die jeder FSJ-Absolvent beim VfL im Laufe des Jahres erwerben soll. Vier Wochen verbrachte er dafür in der Sportschule in Albstadt. Würde er das Ganze wieder machen? „Auf jeden Fall“, sagt Jonathan Gritschke. Deshalb bleibt er dem VfL als Jugendtrainer auch erhalten. Gerade hat er von seinem Mentor Ulrich Tangl die U 18 in der Landesliga übernommen. Auch als Spieler wird er in der neuen Saison das Trikot des VfL wieder überstreifen. „Jedenfalls so weit es das Studium zulässt“, schränkt er ein. Im Oktober beginnt für ihn das Erstsemester. Übrigens nicht im Fach Sport.