Lokalsport
Im Eichert kochen die Emotionen hoch

Vereinsstreit Bei der Hauptversammlung des TSV Notzingen sind die beiden Vorsitzenden nach acht Jahren im Amt überraschend abgewählt worden und üben nun scharfe Kritik am Vorgehen des neuen Führungsduos. Von Peter Eidemüller

Der Rasen gesperrt, die Stimmung gespalten: Im Notzinger Eichert hängt mehr als nur der Haussegen schief. Foto: Markus Brändli

Wird Fairness im Sport doch nicht groß geschrieben? Mit dieser Überschrift beginnt eine Stellungnahme der beiden bisherigen Vorsitzenden des TSV Notzingen, die seit dem Wochenende in den Sozialen Medien kursiert. Alexander Kiltz und Wolfgang Gross reagieren damit auf die Geschehnisse bei der Hauptversammlung des Vereins am vergangenen Freitag, seit deren emotionalem Ende der TSVN ein neues Führungsduo hat.

Zuvor hatte sich in der Gaststätte „Im Eichert“ eine Gegenkandidatin um den zur Wahl stehenden Posten des ersten Vorsitzenden präsentiert, den Alexander Kiltz seit acht Jahren inne hat: Stefanie Brückner, seit sechs Jahren Jugendleiterin der TSVN-Fußballer, warf ihren Hut in den Ring – für die bisherigen Amtsträger völlig unerwartet. „Davon hat im Vorfeld niemand etwas gewusst“, beklagt Wolfgang Gross mangelnde Transparenz der Fußballabteilung, mit deren Funktionären er vor 14 Tagen noch zusammen gesessen habe, ohne dass sich dabei abgezeichnet hätte, dass jemand um einen Vorstandposten kandidieren wolle. „Normalerweise wird sowas gemeinsam im Vorfeld im Hauptausschuss besprochen“, sagt Gross, der den Fußballern Kalkül unterstellt – zumal die Abteilung offenbar vorab für eine rege Teilnahme an der Versammlung getrommelt hatte. Nicht ohne Erfolg: Von den 75 Anwesenden im Eichert war über die Hälfte aus Reihen der 263 Mitglieder starken Fußballsparte. „Da habe ich Leute gesehen, die noch nie bei einer Versammlung waren“, wundert sich Gross – in den vergangenen Jahren hatte die Zahl der Teilnehmenden kaum die 40er-Marke überschritten.

 

Wir haben nicht zu einem Putsch aufgerufen.
Michael Panknin Der Fußballabteilungsleiter wehrt sich gegen den Vorwurf, die Wahlen instrumentalisiert zu haben.
 

Das Übergewicht blieb nicht folgenlos: Nachdem im ersten Wahlgang noch Stimmengleichheit geherrscht hatte, bekam Stefanie Brückner im zweiten Durchgang sieben Stimmen mehr als Alexander Kiltz. Zur Nachfolgerin von Wolfgang Gross wurde Anita Brüske gewählt, die ebenfalls aus Reihen der Fußballabteilung stammt. „Es ist eine bodenlose Unverschämtheit, wie innerhalb von nicht mal einer Stunde eine gut funktionierende und harmonische Vereinsstruktur zerstört wurde“, poltert Gross.

Schleichende Unzufriedenheit

Innerhalb der nun an den Pranger gestellten Abteilung ist man um Schadensbegrenzung bemüht. „Wir haben nicht zu einem Putsch aufgerufen, sondern unsere Mitglieder nur ermuntert, dass sie zu der Versammlung kommen sollen, wenn sie Veränderung wollen“, betont Fußballabteilungsleiter Michael Panknin, der bei allem Lob für die Arbeit des bisherigen Vorstands („Die haben das insgesamt sehr gut gemacht“) auch von schleichender Unzufriedenheit in seinen Reihen berichtet, die auf mangelnde Wertschätzung und Unterstützung zurückzuführen sei.

Auch die neue Vereinsvorsitzende will eine Kluft zwischen Fußballabteilung und dem Rest des Vereins ausgemacht haben. „Ich habe über die Jahre mehrfach die Erfahrung gemacht, dass es vom Vorstand bei vielen Themen keine Rückendeckung gab“, sagt Stefanie Brückner, die sich zudem als Frau in verantwortlicher Position oft nicht ernst genommen fühlt(e). „Man wurde schon klein gehalten“, sagt sie.

Auch aus diesem Grund habe sie im Vorfeld der Hauptversammlung ihre Ambitionen in Sachen Vereinsvorsitz nicht artikuliert, wenngleich sie die Art und Weise der Wahl bedauere. „Klar ist das nicht die feine Art, aber es geht hier nicht darum, dass ich mich profilieren will, sondern um den Verein.“ Die 41-Jährige legt großen Wert auf die Feststellung, dass sie als neue Vereinsvorsitzende keine von Fußballerinteressen geleitete Politik betreiben wird. „Ich will einfach die Kluft überwinden, die zwischen der Abteilung und dem restlichen Verein besteht.“

Beginnen soll dies mit der für Dienstag anberaumten Übergabe mit dem bisherigen Vorstand. Danach will Brückner gemeinsam mit Anita Brüske eine Bestandsaufnahme im Verein erheben, um über die Leiter der insgesamt acht TSVN-Abteilungen den Bedarf und die Wünsche auszuloten. „Ich werde mein Bestes geben und finde, dass man uns beiden eine Chance geben sollte, sobald der Unmut verflogen ist.“

Ob und wann das geschieht, ist offen. Wolfgang Gross und Alexander Kiltz prüfen rechtliche Schritte, da die Wahl ihrer Meinung anfechtbar ist, nachdem drei Nicht-Mitglieder und ein nicht stimmberechtigter Jugendlicher teilgenommen hatten. „Das Ziel sind faire Neuwahlen, an denen alle Mitglieder die Chance haben sollen, teilzunehmen“, so Gross, der den Vorwurf eines schlechten Verlierers nicht gelten lassen will: „Wenn es Wunsch und Wille der Mitglieder ist, dass es Veränderung gibt, bin ich der Letzte, der sich sträubt. Aber so ist das einfach nur unter aller Kanone. Wir sind maßlos enttäuscht.“

Befrieden könnte die Situation der Kraft seines Amtes mutmaßlich neutralste Notzinger: Bürgermeister Sven Haumacher, der die beiden Wahlgänge am Freitag im Eichert geleitet hatte, bietet sich spontan als Schlichter an. „Wenn das gewünscht wird,“ betont der Schultes, „kann ich das gerne machen.“