Nachgefragt
„Immer das Gesicht des Fehlers“

Knut Kircher ist seit 1. Juli Chef der DFB-Schiedsrichter. Was seine Aufgaben sind und was er über den VAR denkt.

Knut Kircher war viele Jahre als DFB- und Fifa-Schiedsrichter im Einsatz. Nun ist er Geschäftsführer der DFB Schiri GmbH. Archivfoto: Eibner

Knut Kircher war von 2001 bis 2016 Bundesliga-Schiedsrichter, 2004 wurde er Fifa-Schiedsrichter. Das erste A-Länderspiel unter seiner Leitung war das WM-Qualifikationsspiel zwischen Andorra und Rumänien. Der Höhepunkt seiner Schiedsrichterkarriere war das DFB-Pokal-Finale 2008 zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München. 2012 wurde Kircher zum Schiedsrichter des Jahres gewählt. Dieser Tage war er im Rübholz und ehrte den Stuttgarter Schiedsrichter Majd Soud sowie den Ötlinger Co-Trainer der zweiten Mannschaft, Johannes Focht, die dem Ötlinger Urgestein Klaus Geißler das Leben gerettet haben. Am Rande der Feierstunde hatte der 55-Jährige Zeit für ein paar Fragen.

 

Herr Kircher, seit vergangenem Sommer haben Sie einen neuen Job. Was genau machen Sie jetzt?

Knut Kircher: Ich habe viele Jahre beim Daimler gearbeitet, die letzten fünf bei AMG. Über eine Personalagentur kam ich zur DFBSchiri GmbH. Diese gehört zu 49 Prozent der Deutschen Fußballliga und zu 51 Prozent dem Deutschen Fußballbund. In ihr sind die Elite-Schiedsrichter ausgegliedert worden und über sie werden die Schiedsrichterleistungen eingekauft. Seit 1. Juli bin ich Geschäftsführer für den Bereich Sport und Kommunikation und habe damit Lutz Michael Fröhlich abgelöst.

 

Können Sie sich an Ihr letztes Spiel als aktiver Schiedsrichter erinnern?

Kircher: Na klar, das war 2016 im Spiel Bayern gegen Hannover. Bayern stand schon als Meister fest und Hannover war schon abgestiegen. Ich konnte also gar nichts falsch machen.

 

Apropos falsch machen – als Schiedsrichter hat man es nicht immer einfach auf dem Platz.

Das stimmt. Der Schiedsrichter ist immer das Gesicht des Fehlers. In den wenigsten Fällen bekommt man mal ein Lob für eine gute Spielführung. Nur wenn etwas schlecht lief, bleibt das in den Köpfen hängen.

 

Der Druck kann da schon immens werden. Haben Ihre Schiedsrichter die Möglichkeit sich beraten zu lassen?

Ja, wir haben ein bundesweites Netzwerk an Sportpsychologen. Jeder Schiedsrichter kann ganz einfach für sich entscheiden, wenn er Hilfe suchen möchte. Wir wollen das auch gar nicht wissen. Darüber hinaus geben wir Impulse in gemeinsamen Sitzungen zu den Themen Resilienz und Stressmanagement. Ein Schiedsrichter darf natürlich vor einem Spiel aufgeregt sein. Aber keiner soll Angst haben vor einem Spiel.

 

Wie stehen Sie zum Video Assistant Referee, kurz VAR? Viele Menschen empfinden es als eher störend, wenn sie erst jubeln, und das Tor dann doch nicht gegeben wird.

Ja das kann ich verstehen. Beim Amateurfußball haben wir das nicht, bei den Profis jetzt eben schon. Das bringt natürlich Dinge mit sich, an die man sich schwerlich gewöhnen kann. Manchmal sorgt eine Entscheidung aber vieleicht auch dafür, dass man zweimal jubeln darf. Der VAR verhindert einfach die ganz krassen Fehlentscheidungen.

 

Sie meinen so wie am Sonntag vor einer Woche im Spiel von Dortmund gegen Hoffenheim?

Sie spielen auf die Szene mit Guirassy an. Genau um solche Aktionen geht es. Das war einfach kein Strafstoß, und deshalb darf der Schiedsrichter auch keinen geben. Vieles spielt sich in einer Hundertstel Sekunde ab, da muss man als Schiedsrichter richtig stehen und alles gut sehen. Natürlich kann man sagen ‚Das ist mein Spiel und das leite ich‘, aber man bekommt in kritischen Situationen Hilfe von Außen, und das ist gut so.