Das Räderwerk schnurrt wie die Kette nach dem Ölbad. Gut eine Woche vor der dritten Auflage der Kirchheimer Radsportnacht am Samstag, 6. Juli, haben die beiden Orga-Chefs Jürgen und Verena Wastl fast alle Hindernisse aus dem Weg geräumt, Verträge zu Papier gebracht, Genehmigungen eingeholt, Allianzen geschmiedet und bestehende Netzwerke aktiviert. Ein einziges Problem jedoch ließ sich nicht lösen: Das spektakuläre Rad-Kriterium im Herzen der Kirchheimer Altstadt muss in diesem Jahr ohne seinen Namenspatron auskommen. Mitveranstalter und Lokalmatador Jannik Steimle muss mit seinem Team Q 36.5 zeitgleich bei der viertägigen Sibiu-Tour in Rumänien ran. Die Rennplanänderung der Schweizer Equipe ist Steimles Corona-Erkrankung vor wenigen Wochen geschuldet. Eigentlich hätte der Weilheimer Profi am 9. Juni bei der Tour de Suisse und anschließend bei der Slowenien-Rundfahrt starten sollen. Stattdessen rückt jetzt die Tour durch Siebenbürgen in den Fokus, wo am Sonntag nach dem Kirchheimer Rennen eine schnelle Flachetappe mit anschließendem kurzem Einzelzeitfahren im Programm steht, also ganz nach Steimles Geschmack.
Es war immer klar, dass so etwas jederzeit passieren kann.
Jannik Steimle Der Mitveranstalter der Kirchheimer Radsportnacht zur Terminkollision bei seinem Heimrennen
„Es tut mir leid für Kirchheim, aber es war immer klar, dass so etwas jederzeit passieren kann“, sagt der Wahl-Schorndorfer, der bei seinem Heimrennen Spuren hinterlässt, auch ohne selbst am Start zu stehen: Auf seine Initiative hin wird kurz vor der Teampräsentation am späten Nachmittag ein Laufradrennen für die Kleinsten vom Wachthaus bis hinunter zum Marktplatz stattfinden. Ein Rennen, das nur Sieger kennen soll und bei dem die Medaillen, die jedes Kind anschließend umgehängt bekommt, nur eine Farbe haben: Gold.
Ein klarer Favorit fehlt diesmal
Der Abonnementsieger der beiden Vorjahre ist also nicht dabei und mit ihm auch eine ganze Reihe klangvoller Namen aus dem deutschen Radsport, die bis zuletzt kursierten, bevor sich auch bei ihnen individuelle Rennpläne änderten: Simon Geschke wurde bei Cofidis ins Aufgebot für die Tour de France beordert, die an diesem Samstag in Florenz startet. Kim Heiduk, Bronzemedailllengewinner im DM-Straßenrennen am vergangenen Sonntag, startet bei der Österreich-Tour, Marius Mayrhofer, Zweitplatzierter des Vorjahres in Kirchheim, steckt mit Tudor im Höhentrainingslager und der Bora-Hoffnungsträger und neue deutsche Vizemeister aus Laichingen, Florian Lippowitz, ist wie Jannik Steimle bei der Sibiu-Tour im Einsatz. Auch der Name Andre Greipel, Sprintstar im Ruhestand und inzwischen BDR-Bundestrainer, stand eine Zeit lang auf der Liste der Kandidaten. Der Kalender im internationalen Radsport ist im Sommer nun mal rappelvoll. Da wird das Starfeld bei kleinen Rennen wie in Kirchheim zwangsläufig zur Lotterie.
Also diesmal kein echtes Zugpferd? Dem sportlichen Reiz der Veranstaltung dürfte die Tatsache, dass erstmals bei der Radsportnacht kein World-Tour-Fahrer am Marktbrunnen am Start stehen wird, keinen Abbruch tun. Ganz im Gegenteil. „Die ersten zwei, drei Plätze, die bisher immer schon vorher vergeben waren, die werden diesmal hart umkämpft sein“, sagt Verena Wastl. „Das wird ein superspannendes Rennen.“ Knapp 60 Fahrer haben bisher gemeldet, darunter einige Continental-Teams, aber auch der Großteil der württembergischen Amateur-Elite. Für sie steigt somit die Chance auf Prämien und Preisgelder in Höhe von rund 7000 Euro. Für Lokalkolorit muss das Veranstalterteam von Cycling Friends Passione sorgen, das mit der Preisgeldvergabe zwar wenig zu tun haben dürfte, dafür aber mit sechs Fahrern am Start stehen wird.
Jürgen Wastl spricht von einer „Marke“, zu der sich das Rennen durch die Marktstraße und über die Osthälfte des Alleenrings entwickelt hat. Trotz wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es gelungen, das Budget leicht zu steigern. Stadt, Gewerbetreibende und freiwillige Helfer ziehen an einem Strang.
Letztere wird es vor allem zur Streckensicherung brauchen, denn am 6. Juli rollt neben schnellen Rädern in der Stadt auch der Ball auf zahlreichen Leinwänden beim Public Viewing zum Viertelfinale der EM. Synergien, die man bei den Rennorganisatoren gerne mitnimmt, auch wenn sich die Streckenhelfer nach Rennende gegen 21 Uhr sputen müssen, damit ein möglicher Autokorso auf dem Alleenring nicht mit den Abbauarbeiten kollidiert.
Programm der Radsportnacht
Samstag, 6. Juli
16.15 Uhr Eröffnung
16.30 Uhr Benefiz-Radeln zugunsten der Initiative „Starkes Kirchheim“
17.15 Uhr Laufrad-Rennen für Kinder vom Wachthaus bis zum Marktplatz
17.30 Uhr Teampräsentation und Vorstellung der Rennfahrer auf der Marktplatz-Tribüne vor der Volksbank
18.15 Uhr Siegerehrung Stadtradeln
19 Uhr Start des Profi-Kriteriums über 65 Runden oder 84,5 Kilometer
21 Uhr erwartete Zielankunft
Im Anschluss Siegerehrung und Bewirtung rund um den Marktplatz23 Uhr Veranstaltungsende