Die Krücken haben ausgedient. Wenige Wochen nach seiner Knieoperation hat Ferdi Er wieder etwas mehr Flexibilität im Alltag zurückbekommen. Rein fußballerisch muss der neue Spielertrainer des TSV Jesingen aktuell allerdings noch vermehrt auf Theorie statt Praxis setzen. Ein Spielfeld-Comeback vor Spätherbst scheint für den 42-Jährigen nach ärztlicher Einschätzung ausgeschlossen.
Somit beginnt für den einstigen Oberligacrack des VfL Kirchheim sowie ganz aktuellen Landesliga-Meister (nach einem Traumendspurt mit Oberensingen) das neue Kapitel in den Lehenäckern anders als erhofft. Und der Neue freut sich, dass es auch einen anderen Neuen gibt.
„Die Kombination mit Cesare D’Agostino sehe ich sehr positiv“, bewertet Er das Zusammenspiel mit seinem gleichberechtigen Trainerkollegen – während er selbst ein „eher ruhigerer Typ“ sei, verkörpere Cesare eher „den Temperamentvollen“. Kühle Analyse plus Emotionen – der Jesinger Übungsleiter-Mix verspricht Spannung. „Wir setzen auf jeden Fall beide auf Kommunikation“, verdeutlicht Ferdi Er, der mit einem 24 Kicker umfassenden Kader (neun Zugängen, darunter drei Jesinger A-Junioren) den Kampf um den erneuten Ligaverbleib aufnehmen wird. In der idealen Variante leitet ein komplett genesener Ferdi Er noch vor der Winterpause das Team als Spieler auf dem Platz an, D’Agostino richtet von außen den Blick aufs Ganze. Zur Pflege der Kommunikation stand jüngst ein gemeinschaftlicher Besuch auf dem Kirchheimer Weindorf an.
Wider den Trainerverschleiß
Das Jesinger Trainerduo-Projekt soll laut Abteilungsleitung eine Phase der Kontinuität einleiten. Kein schlechter Ansatz, nachdem in den vergangenen Jahren eher kurzen Episoden an der Seitenlinie (Hiller, Casisa) vorgeherrscht hatten, die Chemie zwischen Team und jeweiligen Trainern nicht immer die Beste gewesen sein soll. Mehrfach griffen die Jesinger Fußballer nach Trainer-Demissionen auf den klubinternen Aushilfsdienst in Person von Stefan Haußmann und Thomas Reinöhl zurück – gezeichnet von fußballerischem Erfolg, aber immer nur der jeweiligen Notsituation geschuldet.
Zum Saisonstart am Sonntagnachmittag beim Ex-Landesligisten SV Ebersbach, ein hoch gehandelter Titelanwärter, können Cesare D’Agostino und Ferdi Er auf einen Großteil des Kaders zurückgreifen. „Die Urlaubsphase hatte auch uns in der Vorbereitung erwischt“, sagt Er rückblickend, nun sehe die personelle Lage deutlich besser aus.
Den Leitwolf im Jesinger Team soll auch in der neuen Saison Timo Mader geben – und jener hat keinerlei Problem damit. „Ich versuche, als erfahrener Spieler vorne weg zu gehen“, betont der 30-Jährige, insbesondere sei es sein Anliegen, jüngere Spieler zu führen.Auf die vergangene Runde blickt der ehemalige Landesliga-Akteur stirnrunzelnd zurück. „Wir hatten Glück, hätten den Klassenerhalt aber schon viel früher klarmachen müssen“, erinnert sich Mader. Der Ligaverbleib auf den letzten Drücker per 2:0 über den FC Eislingen sei aber „eine große Erleichterung“ gewesen.
Auf die neue Aufgabe mit den routinierte Ex-Kickern Er und D’Agostino freue er sich. „Ein Neuanfang, auch der Kader wurde durchgemischt“, frohlockt Mader. Dessen größter Wunsch dürfte in Jesingen wohlwollend zur Kenntnis genommen werden. „Eine ruhigere Runde als die vergangene“, wolle der Kapitän mit der Mannschaft absolvieren. Im offiziellen Statement der Abteilungsleitung lautet das Ziel übrigens „gesichertes Mittelfeld“.
Etwas ruhiger wird es vermutlich bei den Heimspielen teilweise im Zuschauerbereich zugehen. Das Wort Derby wurde notgedrungen vorerst aus dem Sprachschatz in und um die Lehenäcker gestrichen: Der TSV Weilheim und der TV Neidlingen sind aus der Bezirksliga abgestiegen, der VfL Kirchheim gen Landesliga entschwunden. Bleibt nur noch der TSVJ als Teckregion-Repräsentant übrig.
Dass just die Jesinger am letzten Spieltag im Frühsommer per überraschendem Sieg über VfL-Mitkonkurrent Eislingen die Basis für die Relegationsteilnahme des Lokalrivalen schufen und so mit auf die Reise nach oben schickten – eine jener Geschichten, die sich Fußball-Sympathisanten der Region noch in vielen Jahren erzählen werden.
Im Hier und Jetzt erwarten den TSVJ nur noch 30 statt 34 Partien. Das Reduzieren der zuvor auf 18 Teams aufgeblähten Liga sorgt aber nur für Scheinruhe: Die Zahl der Absteiger bleibt abhängig vom Zuwachs aus der Landesliga, Staffel zwei.