Der Glaube stirbt zuletzt – auch in der Löwengrube. Als Kirchheims Zweitligabasketballer am Mittwochabend mit einer knappen 67:65-Führung ins letzte Viertel bei den Karlsruhe Lions starten, peitscht Robin Storm seine Mitstreiter nochmals an. „Wir müssen dieses Spiel gewinnen, sonst sieht’s düster aus“, appelliert der 27-Jährige mit dem Megafon an die mehr als 30 Knights Supporters, die den Weg in die Lina-Radke-Halle gefunden haben – an diesem Tag ist das Baden-Württemberg-Derby für den Fanclub der Kirchheimer Korbjäger nicht nur wegen der kurzen Anreise das Highlight der bisherigen Saison. Storm und Co wissen: Bei einer Niederlage würde die Luft im Kampf um die begehrten Play-off-Plätze dünn.
Hinter den Supporters und den restlichen knapp 1400 Zuschauern liegt zu diesem Zeitpunkt eine Partie, die an Unterhaltungswert kaum zu überbieten ist. Nach fulminantem Start brechen die Knights gegen Mitte des zweiten Viertels so stark ein, dass sie zwischenzeitlich mit 18 Punkten im Hintertreffen liegen. Obwohl sie sich bis zur Pause auf neun herankämpfen, hält sich der Optimismus beim Anhang in Grenzen. „In der Halbzeit habe ich gedacht, dass das nichts mehr wird“, gesteht Robin Storm – zu sehr hatten sich die Kirchheimer bis dahin von den aggressiv spielenden Gastgebern den Schneid abkaufen lassen.
Leidtragender war vor allem Spielmacher Michael Flowers, den die Lions durch nahezu permanente Zwei-Mann-Deckung kalt stellten. Gerade mal zwei Punkte hatte der Topscorer der Liga (19,9 pro Spiel) in den ersten 20 Minuten erzielt, dafür aber umso öfter für seine Kollegen aufgelegt: Dankbarster Abnehmer war Kayne Henry, der mit 31 Punkten kaum zufällig eine Karrierebestleistung erzielte – seinen bisherigen Bestwert hatte der Brite im November 2022 ebenfalls gegen Karlsruhe aufgestellt. „Vielleicht werden es beim nächsten Mal ja 40, ich versuch’s“, scherzte Henry hinterher im Interview mit Karlsruhes Hallensprecher Timo Klump.
Während die beiden die Partie analysierten, machten sich die Supporters im Hintergrund mit einem durch Robin Storm initiierten „Humba, Humba, Humba, Täterä“ bemerkbar, an dem auch die Spieler feixend und tanzend teilnahmen – der Ausgelassenheit vorausgegangen war ein Ritt auf Messers Schneide, den Einpeitscher Storm mit einer Achterbahnfahrt verglich. „So ein Spiel“, rekapituliert er, „habe ich lange nicht mehr gesehen.“
In der Tat machten beide Teams vor allem im letzten Viertel beste Werbung für den Basketball – intensive Defensivduelle, spektakuläre Offensivaktionen und ständig wechselnde Führungen ließen die Partie auf eine dramatische Crunchtime zusteuern, in der die Knights dank der beiden Dreier von Flowers und Dimi Ward in Kombination mit zwei versenkten Freiwürfen von Nick Muszynski den Deckel draufmachten.
Optimistisch nach Sachsen
Dass er auf derartigen Nervenkitzel gerne verzichten kann, machte Knights-Trainer Igor Perovic hinterher deutlich. „Für die Fans sind solche Spiele schön, für die Trainer sind sie aber nicht einfach“, fasste er das aufreibende Ländle-Duell zusammen, das die Knights als Tabellensechsten weiter im Rennen um die Play-offs hält und die Fans optimistisch nach vorne blicken lässt. „Wenn wir in Dresden was holen, bleiben wir bis Saisonende unter den top acht“, ist Robin Storm überzeugt, dass ein Sieg am Sonntag in Sachsen Signalwirkung hätte. Dass die Supporters dort ebenfalls für Stimmung sorgen, ist Fakt: Ein 16-köpfiger Trupp verbindet das Spiel beim Tabellenelften mit einem Wochenendtrip von Samstag bis Montag. „Wir haben uns alle freigenommen“, so Storm – wer seinen Verein so leidenschaftlich unterstützt, dessen Glaube stirbt garantiert zuletzt.
Obacht vor Dresden: „Potenzial ist enorm hoch“
Enge Kiste: Da mit Münster, Bayreuth und Bremerhaven nahezu alle direkten Konkurrenten um die Play-offs am Mittwochabend ebenfalls Punkte eingesammelt hatten, bleibt es spannend. Nur zwei Punkte trennen die Knights von Platz neun und damit dem ersten Platz, der nicht für die Play-offs berechtigt ist.
Auch die Titans aus Dresden wollen nochmals in das Rennen eingreifen, trotz aktuell sechs Punkten Rückstand auf Kirchheim. „Sie werden alles in die Waagschale werfen, um die top acht nochmals anzugreifen“, ahnt Knights-Sportchef Chris Schmidt. „Ihr Potenzial ist enorm hoch, wir müssen aufpassen, nicht überrannt zu werden.“
Spielbeginn in Dresden ist am Sonntag um 16 Uhr. Übertragen wird die Partie unter www.sportdeutschland.tv