Eine Sonderrolle kam der Kirchheimer Sporthalle Stadtmitte in der 2. Basketball-Bundesliga schon immer zu. Ab der Saison 2028/29 wird damit Schluss sein. Die Heimspielstätte der Knights genügt nicht mehr den Anforderungen des Profisports. Was das für die Zukunft des Klubs bedeutet, der seit 16 Jahren und damit so lange wie kein anderer erfolgreich in der Pro A mitmischt, wollten wir von Geschäftsführerin Bettina Schmauder wissen.
Frau Schmauder, die 2. Basketball-Bundesliga beschließt Vorgaben, die für die Knights existenziell bedrohlich sind, und Sie äußern keinerlei Kritik. Warum?
Bettina Schmauder: Es ist ja nicht die erste Änderung bei Standards, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Alle Verschärfungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sie den Basketballsport attraktiver machen. Wenn man sieht, wie sich die erste Liga entwickelt hat, muss es natürlich Ziel der zweiten Liga sein, hier nachzuziehen. Deutschland ist amtierender Basketball-Weltmeister. Spieler aus dieser Weltmeistermannschaft sind vor wenigen Jahren noch als Gegner der Knights in Kirchheim aufgelaufen. Die Zuschauer erwarten auf diesem Niveau zu Recht ein Event und kein Basketballspiel in einer Schulsporthalle. Wenn man dann sieht, was wir finanziell stemmen müssen, um uns eine erfolgreiche Mannschaft und das Drumherum leisten zu können, dann brauchen wir solche Events. Deshalb ist dieser Weg verbunden mit einer langfristigen Perspektive absolut richtig.
Die Perspektive geben Politik und Verwaltung vor. Der Bau eines Hallenbades hat demnach klar Priorität. Dadurch stellt sich mit Blick auf Zweitliga-Basketball in Kirchheim die Frage: War’s das?
Nein, weil es keine klare Prioritätenliste gibt. Zumindest der Gemeinderat hat keine solche festgesetzt. Das Hallenbad ist sinnvoll, aber nur eines der anstehenden Großprojekte in der Stadt. Daneben gibt es mehrere andere, die in der mittleren Finanzplanung noch gar nicht eingetaktet sind. Da geht es um Schulen, Kindergärten und eben auch um eine neue Sporthalle, an der bei Weitem nicht nur die Knights ein Interesse haben dürften. Die Kirchheimer Gesellschaft müsste eigentlich die Frage interessieren, ob eine Veranstaltungshalle mittlerer Größe im mittelfristigen Finanzplan einer Stadt wie Kirchheim seine Berechtigung hat.
Bei Planung und Umsetzung mittelfristiger Investitionen reden wir über einen Zeitraum von zehn Jahren und mehr. So viel Zeit haben Sie aber nicht.
Zehn Jahre bis zu einer Entscheidung käme tatsächlich zu spät. Wichtig ist aber, dass man tatsächlich einmal über Zeithorizonte spricht. Wenn es eine klare Prioritätenliste gibt, dann können wir entscheiden: Wie geht man damit um, welche Optionen ergeben sich daraus? Wir kämpfen seit vielen Jahren um ein Existenzrecht und eine Perspektive in Kirchheim und sind jetzt mittlerweile in einer Situation, in der sich diese Frage kombinieren ließe mit einem Projekt, das Kirchheim so viel mehr bringen könnte als „nur“ Basketball in der zweiten Liga oder „nur“ ausreichend Platz für guten Schulsport.
Worum also geht es genau?
Es geht um eine Halle, die den Basketballern zunächst einmal die zweite Liga sichern würde. Da reden wir über eine Kapazität von 2500 bis maximal 3000 Zuschauer. Eine Halle, die neben Schul- und Vereinssport auch Kulturveranstaltungen oder Messen ermöglichen würde, die so in Kirchheim bisher gar nicht oder nur schwer möglich waren. Das wäre keine Großsporthalle, wie sie mit einem Investitionsvolumen von über 40 Millionen Euro anfangs diskutiert wurde und für die auch wir in absehbarer Zeit in Kirchheim keine Chance sehen. Es geht vielmehr um eine abgespeckte Lösung. Eine größere Schulsporthalle beim Schlossgymnasium ist laut städtischer Entwicklungsplanung und aus Sicht von Vereinen und Schulen ja dringend nötig. Das ist völlig unstrittig. Dann geht es letztlich nur noch um die Frage, wie viel mehr eine Halle kostet, die Kirchheim und Umgebung einen zusätzlichen Benefit bringt.
Die Kompromisslösung wäre auch ein Kompromiss bei der Wahl des Standorts.
Mit der Lage beim Schlossgymnasium könnten die Knights gut leben. Eine Einbettung in einen Sportpark in der Jesinger Halde ergibt ja durchaus Sinn. Natürlich wäre aufgrund der Verkehrsanbindung beim Bahnhof besser gewesen. Wenn wir bei dem Thema vorankommen wollen, müssen wir uns von der Suche nach dem Optimum eben verabschieden.
Sollte bis Sommer 2028 ein Baubeschluss vorliegen – so das Entgegenkommen der Liga – wäre für die Sporthalle Stadtmitte eine zweijährige Übergangsfrist möglich. Für wie realistisch halten Sie das?
Das kann ich nicht sagen. Im vergangenen halben Jahr hat sich eine Projektgruppe in der Verwaltung unter Federführung des Amts für Bildung und Sport den noch offenen Fragen gewidmet. Da ging es um die Investitionssumme für eine neue Halle und verschiedene Nutzungsmöglichkeiten. Ein Betriebskostenkonzept soll noch im Laufe des Septembers vorgestellt werden. Anschließend geht es um Information und Beteiligung des Gemeinderats und dann um eine Entscheidung, ob eine Halle am Schlossgymnasium in die mittelfristige Investitionsplanung mit aufgenommen werden soll oder nicht.
Wann müsste eine solche Entscheidung fallen?
Spätestens vor der Investitionsklausur des Gemeinderats im kommenden Frühjahr.
Dass sich die Knights in dieser Debatte in Kirchheim nicht ausreichend wertgeschätzt fühlen, klingt immer wieder durch. Was genau vermissen Sie?
In unserer Wahrnehmung ist das tatsächlich so. Wir erleben in anderen Städten, wie Mitbewerber regelrecht hofiert werden, weil ihr Beitrag zum Stadtmarketing und ihr soziales Engagement als Faktoren anerkannt werden. Wir sind der Verwaltung und dem OB dankbar, dass die Entscheidung über eine mögliche Aufnahme des Projekts in einen Investitionsplan jetzt auf die Zeitschiene gesetzt wird. Ein klares Bekenntnis zum Zweitliga-Standort seitens der Stadt und des Gemeinderats, das andernorts durchaus mit Stolz formuliert wird, das vermissen wir aber tatsächlich. Dass Unterstützung Grenzen hat, ist völlig klar. Aber unser Engagement, etwa in Schulen, ist inzwischen so vielfältig und bedeutet eine solche Kraftanstrengung, dass ich mir schon die Frage stelle: Wird das überhaupt gesehen? Die Entwicklung und der Erfolg der Knights in den vergangenen Jahren hat sich offenbar zu etwas entwickelt, das man für selbstverständlich nimmt.
Politik und Verwaltung sind die eine Seite. Das Dilemma, in dem die Knights stecken, ist seit Jahren bekannt. Einen öffentlichen Aufschrei angesichts der Drohkulisse hat es aber nie gegeben, obwohl bis zu 1000 Zuschauer und mehr die Heimspiele verfolgen. Wie erklären Sie sich das?
Ich glaube, das ist ein Phänomen, das an vielen Stellen in der Gesellschaft zu beobachten ist. Im direkten Gespräch werden wir sehr häufig auf das Hallenproblem angesprochen. Sich öffentlich zu positionieren, sich Gehör zu verschaffen, ist aber etwas ganz anderes. Ich bin überzeugt, es gibt ganz viele Menschen, die Zweitliga-Basketball in Kirchheim gerne halten würden. Und trotzdem beobachten wir an vielen Stellen eine Art Konsum-Mentalität. Was den Kampf für eine solche Halle angeht, würden wir uns generell mehr Mitstreiter und Fürsprecher wünschen, denn die Zahl derer, die sie dringend brauchen, ist in Kirchheim groß. Noch mal: Es geht nicht um eine Halle für die Knights, sondern für die Kirchheimer Vereine, die Schulen und für die ganze Region.
2018 gab es ein erstes Basketball-Gastspiel in der Stuttgarter Scharrena. In dieser Saison weichen die Knights im dritten Jahr für drei Spiele in die Göppinger EWS-Arena aus. Alle diese Testläufe waren, was die Resonanz angeht, bisher ein Riesenerfolg. Ein Modell, das als Interimslösung taugen könnte?
Wenn wir über mögliche Interimslösungen reden, wird jeder Weg ein schwieriger sein. Egal, ob die Liga uns einen Zeitaufschub gewährt für den Fall, dass wir 2028 einen Baubeschluss vorweisen könnten oder ob wir mit Göppingen über eine engere Partnerschaft verhandeln. Diese Gespräche finden weiter statt, aber sie sind nicht einfach.
Wenn beides nicht funktioniert, machen die Knights den Laden dicht?
Das wäre dann der Worst Case.
Zur Person
Bettina Schmauder (54) ist Unternehmerin in Kirchheim und Vorsitzende des Bund der Selbständigen (BDS) in Baden-Württemberg. Sie vertritt als Städträtin und Fraktionsvorsitzende die Freien Wähler im Kirchheimer Gemeinderat. Seit Dezember 2017 ist sie in ehrenamtlicher Funktion Geschäftsführerin der VfL Kirchheim Knights GmbH.