Kirchheim. Das Gute am Basketball ist: Zahlen lügen nicht. Und davon gibt es in diesem Sport reichlich. Die einhellige Begeisterung für einen Mann, dessen Spielweise Freund und Feind zurzeit gleichermaßen entzückt, ist deshalb nicht einfach eine Meinung. Richie Williams liefert Qualität, die messbar ist, und trotzdem würzt der 1,78 Meter kleine Irrwisch die Statistik so, dass aus einem spannenden Basketballspiel zuweilen eine Show wird. 98 Mal in dieser Saison kam der letzte entscheidende Pass, der zum Korberfolg führte, von ihm. Das entspricht sieben Assists pro Spiel bisher. Ein Wert, der in der Pro A nur vom Chemnitzer Virgil Matthews (8,4) übertrumpft wird.
Auch der Rest kann sich sehen lassen: zweitbester Scorer, die meisten Balleroberungen, Platz drei, was die Effektivität betrifft. Gleichzeitig ist Williams ein Dauerläufer: In 14 Spielen stand er durchschnittlich 34 Minuten auf dem Parkett - mehr für den Erfolg schuften musste kein anderer. Was Williams neben seinem explosiven Antritt von den meisten Spielmachern unterscheidet: Er hat nicht nur das Auge für den freien Mann. Er hat die Klasse, um selbst in größter Bedrängnis nicht die Kunst dem blanken Resultat opfern zu müssen. Williams völlig aus dem Spiel zu nehmen, ist in dieser Saison selbst den Topfavoriten nicht gelungen. Wie zum Hohn lieferte er gegen Tabellenführer Jena und seinen Ex-Klub aus Vechta mit elf Assists, respektive 26 Punkten jeweils Saisonbestmarken ab.
Und trotzdem macht Williams im Spielaufbau nicht alleine den Unterschied aus. Besnik Bekteshi knüpft im Windschatten des Amerikaners an jene Form an, die ihm in der vergangenen Saison den Titel „Youngster des Jahres“ in der Pro A bescherte. Williams‘ schöpferische Pausen auf der Bank bekommen Gegner und Zuschauer immer seltener mit. Auch und vor allem dank Besnik Bekteshi. Am Samstag in Trier war das einzige Kirchheimer Eigengewächs ein Erfolgsfaktor. Mit ein Grund, weshalb ein Spiel, das zur Pause zu kippen drohte, am Ende sicher nach Hause gebracht wurde. Wenn Coach Michael Mai davon spricht, dass die Mannschaft reifer geworden sei, dann gilt dies auch und in besonderem Maße für den 22-jährigen Kirchheimer.
Zur rechten Zeit. Bekteshis Rolle wird in der Rückrunde wohl an Bedeutung gewinnen. Im selben Tempo, wie es schwerer fallen wird, ein unberechenbarer Gegner zu bleiben. Schon jetzt zeigt sich, dass der Einfallsreichtum auf der Gegenseite wächst, wenn es darum geht, die Schaltzentrale der Ritter lahmzulegen. Es war kein überragendes Spiel, das die Knights am Samstag gegen eine enttäuschende Trierer Mannschaft geboten haben. Im Gegenteil: „Unsere erste Hälfte war schlecht“, sagt Coach Michael Mai, der sich massiv über die laxe Anfangsphase ärgern musste. Zu unkonzentriert, zu leichtsinnig. Erfolg ist verführerisch. Doch Mai weiß: Vor einigen Wochen noch hätte ein solches Spiel in einer Nervenschlacht gemündet. Mit ungewissem Ausgang. Am Samstag hat seine Mannschaft nach der Pause den Schalter umgelegt, war das besonnenere und deutlich abgezocktere Team, das einen Neun-Punkte-Vorsprung vor dem Schlussviertel sicher verwaltete und bis auf siebzehn Punkte am Ende ausbaute.
Der Grad der Reife wird auch an einer Eigenschaft deutlich, die inzwischen zu einer Art Markenzeichen geworden ist: Eine Defense, die jedem Gegner die Luft zum Atmen nimmt und die – was viel wichtiger ist – immer häufiger ohne Fouls auskommt. Eine Qualität, die während der Verletzungspausen von Kronhardt und Nawrocki besonders zum Tragen kam. Am Samstag gegen Trier und die Woche zuvor gegen Paderborn war es ein entscheidende Faktor. Zum Vergleich: Der als gleichermaßen defensivstark geltende Spitzenreiter aus Jena führt ähnlich souverän auch die Foulstatistik an. Kirchheim begnügt sich mit Platz zehn.