Lokalsport
Kolo kommt aus Itzehoe: Die Knights ziehen die letzte Karte

Basketball Nach dem Drama in Leverkusen verkünden die Ritter eine Last-Minute-Verpflichtung. Itzehoes ­deutscher Center Yasin Kolo wird die Knights schon am Samstag gegen Rostock verstärken. Von Bernd Köble

Die Turbulenzen nehmen zu, und das liegt nicht am Sturmtief über Deutschland. In der 2. Basketball-Bundesliga häufen sich nicht nur Personal- und Spielausfälle wegen Corona, vor Ablauf der Wechselfrist am Montag geriet auch das Personalkarussell noch mal in Schwung. Obendrein zerren Spiele wie das der Knights am Samstag in Leverkusen an den Nerven von Trainern, Spielern und Fans.

Dabei gehört Igor Perovic zu jenen Trainern, die solche Spiele in der Regel rasch abhaken. Das 99:102 nach Verlängerung gegen die Bayer-Giants war diesmal kein solches, sondern „eine der härtesten Niederlagen in meiner Karriere“, gestand Perovic, der auch am Montag noch angefasst wirkte. „Wir haben uns selbst um den sicheren Sieg gebracht.“

Erst lag seine Mannschaft fast aussichtslos zurück, dann erkämpfte sie sich einen komfortablen Vorsprung, indem sie den Gegner im zweiten und dritten Viertel förmlich überrollte, um schließlich mit dummen Fehlern in der entscheidenden Phase den Lohn dafür herzuschenken. Exem­plarisch zwei Szenen in den Schlusssekunden der regulären Spielzeit: Erst ermöglichte Elijah Strickland durch sein Foul beim Dreierversuch dem Gegner den Ausgleich. Danach entschied sich Rohndell Goodwin in Bedrängnis und von knapp innerhalb der Dreierlinie für den unsinnigsten aller Würfe im Basketball. Hätte er in den verbleibenden zehn Sekunden den Weg zum Korb gesucht und möglicherweise das Foul gezogen, ein Punkt hätte gereicht. So gab es Verlängerung. Perovic, der direkt vor dieser Szene noch eine Auszeit genommen hatte, spricht von einem Blackout, nimmt seine Leistungsträger aber dennoch in Schutz. Schließlich mussten die nach den positiven Corona-Tests von Miksic und Kamber länger durchhalten als jemals zuvor.

 

Ich schaue Ende März auf die Tabelle. Alles andere ist Kaffeesatzleserei.
Chris Schmidt Der Geschäftsführer der Knights zum engen Punkteabstand in einer ausgeglichenen Liga

Dass man Leverkusen unter diesen Bedingungen überhaupt Paroli bieten konnte, ist nur ein schwacher Trost. Kamber und Miksic, die beiden ersten Kirchheimer Corona-Fälle in dieser Saison, weisen offenbar nur milde Symptome auf und können sich diese Woche noch freitesten. Ob es gegen Ros­tock reicht? „Das muss man sehen. Wir werden Spieler, die infiziert waren, nicht einfach ins kalte Wasser werfen“, betont Knights-Geschäftsführer Chris Schmidt.

Ein anderer dagegen steht vor einer unerwarteten Premiere im Kirchheimer Dress: Yasin Kolo, der bis vor wenigen Tagen noch das Trikot der Eagles aus Itzehoe trug, soll die Knights schon am Samstag verstärken. Dabei hatte es lange danach ausgesehen, als würde man die Frist bis zur Schließung des Transferfensters ungenutzt verstreichen lassen. Jetzt also doch ein zusätzlicher Big Man und obendrein einer mit deutschem Pass, der die Liga bestens kennt. Kirchheim ist bereits die sechste Station des 29-Jährigen in der Pro A  in den zurückliegenden sechs Jahren. 

Ein echter Wunschkandidat also? Ja und nein. Kolo war beim abstiegsbedrohten Aufsteiger zwar ein absoluter Leistungsträger mit beeindruckenden Statistikwerten: Der 2,08-Meter-Mann erzielte in gut 30 Minuten Spielzeit im Schnitt 13,2 Punkte und 7,6 Rebounds. Vor drei Wochen gegen Karlsruhe legte er sein viertes Double-Double in dieser Saison auf. Im ligaweiten Vergleich der besten Rebounder liegt Kolo auf Platz vier, zwei Plätze vor Kirchheims Kapitän Till Pape.

Dennoch passt er nicht ins eigentliche Wunschprofil von Igor Perovic, der sich bereits im Herbst unterm Korb mehr Tempo und Beweglichkeit versprochen hatte. Kolo dagegen ist mit seiner Größe und 123 Kilo Lebendgewicht eher ein klassischer Center mit Fokus auf der Offensive. Immerhin einer mit beeindruckender Dreier-Quote: 42,9 Prozent bei 42 Versuchen sind unter Kollegen seiner Gewichtsklasse eher ungewöhnlich. So oder so: Sein deutscher Pass schafft zusätzliche Optionen. Als Ersatz für Till Pape, aber auch mit ihm, indem er Platz schafft für einen zusätzlichen Ausländer im Backcourt. „Er hilft uns auf einer Position, auf der es im Moment noch hapert“, meint Chris Schmidt, der zwar noch immer die Play-offs im Auge hat, der aber auch weiß, dass es angesichts der Punktabstände auf beiden Seiten der Tabelle am Ende eng werden könnte. 

In Itzehoe dagegen könnte Kolo nun der sein, der das Licht ausknipst. Nachdem zuvor schon Andrija Matic den Verein verlassen hat, glauben beim Tabellenvorletzten nach erst drei Siegen die wenigsten noch an den Klassenerhalt. Er vermisse eine sportliche Perspektive, hatte Kolo vor wenigen Tagen seinen Abschied begründet. Bei den Norddeutschen dürfte er seitdem wohl ein paar Freunde weniger haben.