Jelena Wlk kämpft mit dem MTV Stuttgart heute um die letzte Titelchance
Minimalziel Porsche-Arena

Halten die Nerven? Die ­Bundesliga-Volleyballerinnen des MTV Stuttgart kämpfen heute Abend in Dresden um ihre letzte Chance im Play-off-Finale um die deutsche Meisterschaft. Ein Riesenerfolg ist die Saison für den Pokalsieger aus Stuttgart schon jetzt. Besonders für eine: die 22-jährige Jelena Wlk aus Schlierbach.

Stuttgart. Die geballte Faust ist zu ihrem Markenzeichen geworden. Jelena Wlk auf und abseits des Spielfeldes, das sind zwei grundverschiedene Geschichten. Hier die höfliche Interviewpartnerin, die geduldig Frage um Frage beantwortet. Dort die lautstarke Antreiberin, der das Adrenalin aus jeder Pore zu strömen scheint. So wie am Samstag im ersten Heimkampf der „Best-of five“-Finalserie um die deutsche Meisterschaft, dem zweiten Duell mit dem Titelverteidiger aus Dresden. Wie schon so oft in dieser Saison kam Jelena Wlk gegen Ende des zweiten Satzes als Joker ins Spiel. Und wie schon so oft kam mit ihr die Wende.

Die Gastgeberinnen aus Stuttgart, die die ersten beiden Sätze sang- und klanglos verloren hatten, fanden zurück ins Spiel, hatten am Ende des vierten Durchgangs beim Stand von 23:21 den Satzausgleich dicht vor Augen. Hätten Trainer Guillermo Hérnandez und seine Mannschaft in der turbulenten Schlussphase die Nerven behalten, das Spiel wäre womöglich ganz anders verlaufen, die Serie ausgeglichen gewesen. Doch der zuvor bereits Gelb-verwarnte Coach hatte sein Temperament im entscheidenden Moment nicht im Griff. Der Spanier sah nach einem Wortgefecht mit der Nebenbank Rot, was im Volleyball Punkt für den Gegner bedeutet. Danach lagen auch auf dem Spielfeld die Nerven blank. Nun gilt es, heute Abend in der Dresdner Margon Arena (19.30 Uhr) die entscheidende dritte Niederlage um jeden Preis zu verhindern.

Der erste Final-Heimkampf in der ausverkauften „Scharrena“ hatte lange vor dem ersten Aufschlag mit einem Fehlstart begonnen. Blockierte Zufahrtswege und Polizeisperren rund ums Stadion sorgten am Samstag noch lange nach Abpfiff des VfB-Heimspiels gegen den SC Freiburg für ein Verkehrschaos. Die Folge: Für die Volleyballerinnen war auf dem Weg zu ihrer Heimspielstätte im Schatten der Untertürkheimer Kurve zunächst kein Durchkommen. Die Mannschaft musste auf der gegenüberliegenden Neckarseite parken und einen längeren Fußmarsch hinüber zur Mercedes-Benz-Arena in Kauf nehmen. Vom strömenden Regen völlig durchnässt und mit halbstündiger Verspätung war die Mannschaft schließlich in der Halle. Keine ideale Spielvorbereitung aber auch kein Anlass für Ausreden, findet Jelena Wlk. „Wir haben nach wie vor unsere Chance,“ meint die 22-Jährige gewohnt kämpferisch. „Klar ist Dresden Favorit, aber die bisherigen beiden Spiele waren nicht so deutlich, dass wir das nicht noch drehen könnten.“

Eine lupenreine Serie mit drei Siegen gegen den Meister wäre nötig, um für das Wunder zu sorgen und nach dem Pokalerfolg im März auch den ersten Titel der Vereinsgeschichte zu holen. Doch auch das Minimalziel ist durchaus lohnend: Gelänge heute Abend ein Sieg, wäre zumindest ein viertes Duell garantiert. Das fände am kommenden Samstag vor gewaltiger Kulisse in der Porsche-Arena statt. Stuttgart ist im Volleyball-Fieber. Nach verhaltenem Saisonstart ist das Stamm-Domizil seit Weihnachten restlos ausverkauft, der Umzug in die benachbarte Porsche-Arena beschlossene Sache. Ein Auftritt im 6 000 Zuschauer fassenden Sporttempel wäre ein Novum, nicht nur für Jelena Wlk. „Das würde man als Spielerin natürlich schon gerne mitnehmen“, sagt sie.

Mitgenommen hat sie bisher schon einiges in ihrer erst zweiten Saison beim MTV. Die Kür zur besten Spielerin des Pokalfinales war eine aussagekräftige Bewerbung um eine künftige Hauptrolle in der ersten Liga. Seitdem wird sie von ihren Teamkolleginnen gleichermaßen neckisch wie respektvoll nur noch „MVP“ gerufen. Die neue Saison könnte der jungen Schlierbacherin endgültig zum Durchbruch verhelfen. Nach der sportlichen Qualifikation arbeitet der MTV zurzeit mit Hochdruck an der finanziellen Basis, um einen Start in der Champions League zu ermöglichen. Für Jelena Wlk die große Chance, sich auch international zu beweisen. Als Beachvolleyballerin ist ihr das bereits gelungen. Die mehrfache Deutsche Juniorenmeisterin holte an der Seite ihrer Partnerin Anika Krebs 2013 WM-Silber in der U21.

Dem Erfolg in der Halle wird sie ihre zweite große Leidenschaft im Sommer opfern. „Beachvolleyball liegt vorerst auf Eis“, sagt sie. Der Körper ist nicht grenzenlos belastbar. Vergangenen Sommer musste sie sich mit einer langwierigen Rückenverletzung mühsam zurückkämpfen. Dann ist da auch noch die Belastung durchs Studium. Sieben Semester dauert der Studiengang International Business, den sie im März in Pforzheim begonnen hat. Die berufliche Ausbildung hinten anstellen, kam für sie nicht infrage. „Von Volleyball kann man nicht leben,“ sagt Jelena Wlk. Auch wenn es gerade so schön ist.