Lokalsport
Mit Abstand läuft es sich genauso gut

Silvesterlauf Beim Run auf die Teck mussten die Teilnehmenden der 40. Auflage auf vieles verzichten. Doch auch ohne Start im Pulk, die Unterstützung Hunderter Zuschauer und den Empfang der Fackelträger herrschte beste Stimmung. Von Sandra Langguth

Schlag Zwölf schickt Lauftreffleiter Alexander Rehm am Freitag bei strahlendem Sonnenschein die ersten Starter auf die 18 Kilometer lange Reise hinauf zur Teck und wieder zurück zum Rathaus. „Stellt euch auf jede Menge Matsch ein“, gibt er den Ausdauerfans mit auf den Weg. Mit dem haben Anja Bretsch aus Aichelberg, Matthias Moll aus Gruibingen und Raphael Haist aus Dürnau zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Erfahrungen gemacht. Das flotte Trio ist schon um 10 Uhr gestartet. „Wir wollten dem Trubel ein bisschen entgehen“, erklärt Raphael Haist. Der 39-Jährige und sein Kumpel mussten ihre weibliche Begleiterin unterwegs ziehen lassen. Deshalb hat sie auch gut Lachen. „Ich fand‘s überhaupt nicht anstrengend“, sagt sie vergnügt und zeigt auf ihre Zielzeit von 1:42 Stunde.

Wer an diesem Tag wie lange unterwegs ist, wissen nur die Teilnehmer selbst. Wie immer gibt es keine offizielle Zeitmessung. „Es ist ja auch kein Wettkampf“, sagt Lauftreffleiter Alexander Rehm, der jeden Teilnehmer und jede Teilnehmerin begrüßt und zur Bänderausgabe bittet. Dort stehen bereits Christopher Greenaway und seine Frau Julia. Während er als Wiederholungstäter jedes Jahr aufs Neue mit einem anderen ausgefallenen Kostüm sämtliche Blicke auf sich zieht – in diesem Jahr war es ein Eistiger von Siegfried und Roy – ist es für seine Frau der erste Lauf auf die Teck. „In meinen Augen ist das hier das absolute Highlight zum Ende des Jahres und ich finde es einfach toll, dass der Lauf trotz allem stattfindet“, erklärt der passionierte Ausdauerfreak aus Stuttgart-Hedelfingen. 5000 Kilometer hat er 2021 runtergerissen, 16 Marathons waren dabei. „Ich hoffe beim Ermstal-Lauf meinen 100. zu schaffen.“

Von so viel Lauferfahrung kann Stefan Huber aus Ebersbach momentan erstmal nur träumen. Im Juni kam der 32-Jährige als Neuling zum Laufen, hat sich im Fitnessstudio 2020 dem Vorbereitungsteam angeschlossen und sich von Trainer Moritz Reinke rundum vorbereiten lassen. „Im Sommer hätte ich noch nicht gedacht, dass er heute auf die Teck läuft“, gibt Trainer Moritz Reinke mit Blick auf seinen Schützling zu. Doch der 32-Jährige bezwingt die knapp 470 Höhenmeter, genauso wie alle anderen aus dem 2020-Team, die am Rathaus vom ehemaligen Leichtathletik-Profi Tobias Unger mit Finisher-Shirt und Ingwer-Shot in Empfang genommen werden.

Unterstützung gibt es an der Strecke auch von Frauke Faure und Daniel Holder, wenngleich sich die beiden mehr auf moralische Hilfestellung konzentrieren. Ziemlich einsam und allein stehen sie in Dettingen in der Nähe des Bahnüberganges und beklatschen jeden, der mit bangem Blick auf die Teck um die Ecke biegt. „Da kommt mein Bruder Jonas“, freut er sich und schickt ein „Hopphopphopp“ hinterher. Papa Roland ist zu diesem Zeitpunkt schon längst am Guckenrain vorbei. Dort oben haben es sich Claudia und Albert Neidert sowie Benjamin und Karl-Heinz Schmidt auf einer Bank zum Anfeuern der Läufer bequem gemacht. „Sonst ist die immer schon belegt“, freut sich Benjamin Schmidt über das Plätzchen in der Sonne. Moni Schneider aus Neuffen und Silvi Ochs aus Nürtingen sind an ihnen bereits vorbei gewalkt. Die beiden Freundinnen haben mit ihren Stöcken einen ganz schönen Zahn drauf, und nebenher noch genügend Puste zum Quatschen. „Wenns Göschle läuft, laufed Fiaß ganz von alloi“, erklärt Monika Schneider lachend. Nur wenige Meter hinter den beiden hat Eva Rother ebenfalls die ersten Höhenmeter bezwungen. „Ich glaube ich bin hier die älteste Läuferin“, schätzt sie. Auch wenn sie ihren Jahrgang nicht verraten mag, so immerhin die Anzahl der Teilnahmen. „34 müssten es sein.“

Auf 21 Starts hat es Tecklauf-Mitbegründer Fritz Koch gebracht. Der Senior hat mir seiner Frau Hanne die Walking-Stöcke ausgepackt und will zumindest bis zum Ho-Chi-Minh-Pfad spazieren. „Ich bin jedes Jahr da. Das Interesse bleibt, auch wenn ich 2006 zum letzten mal richtig mitgelaufen bin“, erzählt Fritz Koch. „Früher waren wir in 42 Minuten oben und sind noch schnell zum gelben Felsen, damit uns nicht kalt wird“, erinnert er sich lachend. Mit weiteren Anekdoten kann Franz Gold dienen. Auch er ist einer der acht Tecklauf-Gründer und hat zum Rathaus sogar ein ganzes Fotoalbum mitgebracht. „Ich bin bei uns der Chronist“, sagt er augenzwinkernd.

Insgesamt nehmen am Freitag 220 Läuferinnen und Läufer die Herausforderung an. „Jedenfalls haben sich bei uns so viele registrieren lassen. Wie viele einfach so hochgelaufen sind, wissen wir nicht“, erklärt Lauftreff-Leiter Alexander Rehm. „Die Menge der Leute ist für mich gar nicht so entscheidend. Schön finde ich, dass viele zum ersten Mal dabei waren und manche von weit her gekommen sind. Das zeigt uns, dass die Traditionsveranstaltung noch immer gut ankommt.“ Und wie es sich für den Silvesterlauf gehört, sind die Turmbläser mit dem Einsetzen der Dunkelheit noch mit einem Ständchen vom Rathaus zu hören.