Haras du Pin. Abends waren seine Stiefel dreckig, seine Haare staubig, aber seine Augen glänzten – Vielseitigkeitsreiter Nicolai Aldinger aus Notzingen nach dem Nationenpreis in Haras du Pin in der Normandie. Der 34-jährige Reitlehrer aus der Bodenbachgemeinde hatte gerade mit dem Schimmel „Timmo“ in einer Mannschaft mit drei Frauen die Generalprobe für die WM in der Vielseitigkeit im italienischen Pratoni des Vavaro (14. bis 19. September) gewonnen.
Ob er dort zum Einsatz kommt, ist noch offen. Nach dem Erfolg am vergangenen Wochenende, bei dem er vor allem im Geländeritt glänzte, wurde er von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung als erster Ersatzreiter nominiert. Für den WM-Start vorgesehen sind momentan die international renommierten Michael Jung, Julia Krajewski, Sandra Auffarth und Christoph Wahler. Aldinger nimmt an den noch folgenden WM-Lehrgängen in Warendorf teil, wird für die WM eingekleidet und steht in Hab-Acht-Stellung. Sollte sich die WM-Teilnahme zerschlagen, startet er am selben Wochenende bei den Blenheim Castle Horse Trials, einem großen internationalen Turnier in England.
Nicolai Aldinger ist der jüngste Spross einer schwäbischen Reiterfamilie, ist mit Pferden aufgewachsen. „Er reitet, seit er laufen kann“, so Vater Dieter mit einem Lächeln. Im Reitermekka Luhmühlen betreibt der Berufsreiter einen Turnier- und Ausbildungsstall. Schwester Carolin (40) hat sich mehr dem Triathlon verschrieben. Im Vielseitigkeits-Reiten war sie 2019 bei der WM dabei, war auch für die Titelkämpfe 2020 qualifiziert, wurde aber durch einen Kreuzbandriss jäh gestoppt. Bruder Dennis (37) war einst Deutscher Meister im Pony-Reiten.
Die olympische Vielseitigkeit im Reiten besteht aus drei Teilprüfungen und stellt große Anforderungen an Pferd und Reiter. Den Auftakt macht die Dressur, in der Nicolai Aldinger noch Nachholbedarf hat. Es folgt der Geländeritt mit Hindernissen, seine stärkste Disziplin. In Frankreich war er unter 112 Teilnehmern einer der wenigen mit null Fehlerpunkten. Auch im abschließenden Springen kann er sich stets auf seinen Schimmel „Timmo“ verlassen.
Wie schon die ganze Saison. Nach dem zweiten Platz im April im polnischen Strzegom starteten die Zwei Anfang Mai in Saurmur/Frankreich und belegten einen vielbeachteten siebten Platz in einem top besetzten Feld. Der Dämpfer folgte im Mai mit einem Unfall zuhause. Ein junges Pferd schlug aus und brach Nicolai drei Rippen. Doch schon einem Monat später empfahl er sich mit einem top Ritt bei der Deutschen Meisterschaft in Luhmühlen erneut für die WM.