Nil ist cool. Und er ist es gerne. Manchmal verfällt er in die für heutige Teenager gängige, etwas schleppende Redeweise: nur nicht aufgeregt erscheinen. Aber Nil ist allermeistens tatsächlich entspannt. Sogar auf dem Basketballfeld, wenn er zum Beispiel in der Abwehr wie ein Irrwisch hin und her saust und trotzdem immer das ganze Feld, Gegen- und Mitspieler im Auge behält.
Das macht Nil Failenschmid Clavera, der am 25. Oktober zum Twen wird, bei den Profis der Kirchheim Knights in der zweithöchsten deutschen Spielklasse ProA nun schon im vierten Jahr, im zweiten als Vollprofi. Und, das sagen Trainer, Mitspieler und Experten unisono, immer besser. Coach Igor Perovic: „Er hat sich physisch stark entwickelt, taktisch, individuell. Er hat eine großartige Entwicklung durchgemacht.“ Knights-Kapitän Lucas Mayer setzt noch einen drauf: „Nil ist ein sehr harter Arbeiter. Er macht viele Dinge auf dem Feld, die nur wenige sehen, die nicht auf dem Statistikbogen auftauchen, die aber für uns als Team extrem wichtig sind. Von daher: So ein Teammate wünscht man sich in der Mannschaft.“
Und der Sohn des katalanischen Apothekers Alvar und der deutschen Architektin Christine kann sich selbst auch ganz gut einschätzen: „Meine größte Stärke ist wohl mein Basketball-IQ: Ich treffe oft die richtigen Entscheidungen. Auch in der Verteidigung ist das ganz wichtig: Wie bewege ich mich, lass ich den eher offen oder nicht.“
Kein Wunder: Schon im Kindergarten in Barcelona hatte Nil (der Vorname ist klassisch katalanisch) den Basketball in der Hand, in der Grundschule wurde das organisiert: In Spanien spielen die Kids schon in der ersten Klasse Grundschul-Cups.
Im Januar 2016, Nil war in der vierten Klasse, dann der große Umbruch: Die Familie folgte der Mutter, die schon lange von Barcelona aus für einen Kirchheimer Architekten gearbeitet hatte, unter die Teck. Auch, weil der Vater arbeitslos war und die Kinder – Nil hat einen Bruder, Len, Jahrgang 2009 – in einer deutschen Schule aufwachsen sollten.
Sofort ging es auch in die Basketball-Grundschul-AG in der Konrad-Widerholt-Schule, wo er dem Autor, damals Trainer in fünf Grundschul-AGs, sofort auffiel.
Corona-Jahre als Lehrjahre
Der weitere Weg war vorgezeichnet: Eintritt beim VfL-Basketball, dann ab der U12 in allen Altersklassen ein auffälliger, aber nicht immer dominierender Spieler. Der große Durchbruch sollte eigentlich in der Saison 2020/21 kommen: Doch der zweite Corona-Lockdown beendete nach zwei Spielen (zwei Siege) die JBBL-Saison. „In der Corona-Zeit habe ich allerdings viel gelernt, das tat meinem Körper auch gut, weil ich gerade da meinen Riesen-Wachstumsschub hatte. Mit sehr viel Training und Spielen hätte ich da viel kaputt machen können.“
Es folgte der bisher größte Erfolg einer VfL-Jugendmannschaft. Nil: „Es war immer mein Traum, Basketball-Profi zu werden, seit ich denken kann. So richtig klar wurde es mir, als wir es in der U18 bis nach Berlin geschafft haben.“ Das war 2022, Kirchheim war Deutscher Vizepokalsieger!
Und Nil stieg mit noch nicht ganz 17 Jahren als Bankfüller zu den Knights auf. Solche VfL-Youngster hatten die Knights ja schon oft, aber bei diesem war es – wie bei Besnik Bekteshi, Jahrgang 1993, und Stefan Ilzhöfer, 1995 – anders. Am 3. März 2023 bekam er beim Blowout in Tübingen (57:101) elf Minuten, machte fünf Punkte. Mehr als nebenher bestritt er als wichtiger Teil des Teams die NBBL-Saison des VfL nach erstmals überstandener Qualifikation. In der Saison 23/24 stieg seine durchschnittliche Einsatzzeit bei den Knights von vier auf sieben Minuten, mit der NBBL erreichte er sogar die Aufstiegsrunde. Grund genug für Knights-Sportdirektor Chris Schmidt, dem frisch gebackenen Abiturienten (am Schlossgymnasium) seinen ersten Profivertrag anzubieten.
In der vergangenen Saison – inzwischen hat er 62 Spiele für die Knights gemacht – gab’s wieder fast vier Minuten mehr (10:47), und Nil streckte seine Fühler nach Amerika aus. Doch der Kontakt zur San Diego Universität versiegte, und so unterschrieb Nil auch für 2025/26 bei den Knights.
Lob vom Head Coach
Seine Ziele? „Ich will einfach solide Statistiken haben. Das fängt bei den Minuten an. So 17 Minuten würde ich schon gerne haben. Der Rest ist dann eher zweitrangig.“ Über den Sommer hat Nil, dem es bei seinen 205 Zentimetern Körpergröße bisher an Muskelmasse fehlte, mit viel Zeit im Fitnessstudio schon mal drei Kilogramm zugenommen. Igor Perovic traut ihm einiges zu: „Ich hoffe und glaube, dass er einen großen Schritt machen wird. Er hat sich physisch stark entwickelt, taktisch, individuell.“ Und der Kapitän: „Er kann der Energizer im Team werden, er immer 100 Prozent gibt, der dadurch ein Vorbild für die anderen ist“, so Lucas Mayer.
Nil ist mehr als bereit, die nächste Sprosse auf der Profi-Leiter zu erklimmen. Das wäre echt cool. Und würde zu seinem Hobby passen, das er von seiner Mutter hat: Klettern.