Albershausen. 2 747 Menschen in Baden-Württemberg spielen laut Statistik des Landessportbundes American Football – rund 120 davon bilden vor den Toren Kirchheims das hiesige Aushängeschild des körperbetonte(ste)n Mannschaftssports: Die Albershausen Crusaders starten am kommenden Sonntag in ihre zweite Saison in der Regionalliga, immerhin dritthöchste Spielklasse in Deutschland. Wer der Amerikaner liebsten Sport im Ländle noch hochklassiger erleben will, muss schon nach Holzgerlingen zu Zweitligist Twister oder nach Stuttgart zu Erstligist Scorpions.
Eine Selbstverständlichkeit ist das beileibe nicht, kommen die Albershausener doch im Gegensatz zu den meisten ihrer Konkurrenten ohne bezahlte Kräfte auf und neben dem Spielfeld aus. Wo viele Regionalligisten dank potenter Sponsoren semiprofessionelle Strukturen aufweisen können, machen die Crusaders aus der (Finanz-)Not eine Tugend, setzen organisatorisch auf die Tatkraft ihrer Mitglieder und sportlich auf die eigene Jugend.
Bestes Beispiel für diese Erfolg bringende Kombination ist Jens Bonnet. Vor fünf Jahren kam der heute 22-Jährige zu den Crusaders, die damals begannen, ihrer aktiven Mannschaft einen Unterbau zu verpassen. Schnell wuchs in der 4 300-Seelen-Gemeinde zwischen Schlierbach und Uhingen eine schlagkräftige Nachwuchstruppe, aus der viele heute nicht nur bei den Aktiven dem rotationsellipsoidförmigen Ball nachjagen, sondern auch abseits des Platzes die Ärmel hochkrempeln. Schließlich will ein Heimspieltag, der im Football nicht ohne zünftig-amerikanisches Barbecue sowie ein ausgetüfteltes Unterhaltungsprogramm auskommt, rechtzeitig organisiert sein. „Sonntagmorgens geht das bei uns meistens schon um 9 Uhr los“, sagt Jens Bonnet, der wie über die Hälfte des 60 Mann starken Aktiventeams aus dem Raum Kirchheim kommt.
Dass Einsatz neben und Erfolg auf dem Platz nicht unbelohnt bleiben, beweisen die Zuschauerzahlen, die den Kassier so manchen Fußballclubs vor Neid erblassen lassen: Über 500 Fans pilgern regelmäßig zu den Heimspielen ins Albershausener Waldstadion – den Status des Randsport-Mauerblümchens sind die Crusaders längst los. „Football wird immer bekannter“, hat auch Jens Bonnet erkannt. Damit auch Laien den ob unzähliger Regeln nur schwer zu durchschauenden Sport besser nachvollziehen können, leisten bei den Albershausener Heimspielen zwei Stadionsprecher live Aufklärungsarbeit. Zudem stellen sich die Spieler hinterher auch gerne den Fragen interessierter Zaungäste.
Werbung für ihren Sport betreiben die Crusaders aber nicht nur auf dem Platz. Viele Spieler pflegen auf der Suche nach potenziellen Neu-Mitgliedern vor allem den Kontakt zu ihren ehemaligen Sportlehrern. So soll es an der Kirchheimer Schöllkopfschule, wo Jens Bonnet einst seinen Abschluss machte, ab kommendem Schuljahr eine Football-AG geben. Gleiches ist an der Freihof-Realschule und am Schlossgymnasium geplant. Zusätzliche Imagepflege betreiben die Crusaders als Security bei Heimspielen der Kirchheimer Basketballer, mit denen sie am 5. Mai übrigens eine große PR-Aktion auf dem Marktplatz planen.
Zuvor stehen jedoch erst mal die beiden Auftaktpartien in der Regionalliga auf dem Programm. Am Sonntag gastiert Albershausen bei Zweitligaabsteiger Weinheim Longhorns. Ein Team, das laut Jens Bonnet nur schwer einzuschätzen ist. „Die haben vor zwei Jahren noch erste Liga gespielt, keine Ahnung wie die drauf sind.“ Sonntag in einer Woche geht‘s dann ins Derby zu den Böblingen Bears, die viele ehemalige Albershausener in ihren Reihen haben. Ihr erstes Heimspiel am 12. Mai bestreiten die Crusaders gegen die Baden Greifs aus Karlsruhe, die neben den Ravensburg Razorbacks als Topfavorit auf Meisterschaft und Aufstieg gehandelt werden.
Und was können die Albershausener selbst in dieser Saison erreichen? „Minimalziel ist der Klassenerhalt“, sagt Jens Bonnet zurückhaltend – zu frisch ist noch die Erinnerung an die vergangene Saison, als man den Ligaverbleib erst im allerletzten Spiel sicherte. Um auch im nächsten Jahr drittklassig zu spielen, müssen die Crusaders, die sich seit November (!) auf die Saison vorbereiten, in der acht Teams starken Regionalliga mindestens Sechster werden. Dass sie das Zeug dazu haben, glaubt auch Jens Bonnet, der unlängst zu einem von vier Mannschaftskapitänen gewählt wurde. „Einstellung und Trainingsbeteiligung sind bei uns außergewöhnlich gut“, befindet er, der wie alle anderen zusätzlich zum zweimaligen Mannschaftstraining noch ins Fitnessstudio geht – längst haben sie in Albershausen erkannt, dass sie in allen Bereichen Sonderschichten einlegen müssen, um am Ball zu bleiben. Ohne geht es nicht.