Nur noch zu Hause abhängen, weil draußen das Virus wütet und das Fußballtraining auf Eis liegt? Geht gar nicht, sagte Ole Peters Mutter. Also schickte sie ihren damals 14-jährigen Sohnemann an die frische Luft. Mit dem Rad sollte er von Wellingen nach Bissingen fahren und Papa Heiko von der Arbeit abholen. 20 Kilometer kamen dadurch pro Tag zusammen. „Ab und zu hab ich dann noch ’nen Schlenker eingebaut, bin bei meiner Oma in Hepsisau vorbei oder auch mal über die Alb gefahren“, erinnert sich der heute 17-Jährige. Mit seinem alten Göppel kam der Jugendliche dabei aber ganz schön ins Schnaufen. „Oje, Ole, ich glaube, Radfahren ist nicht so dein Ding“, lauteten die Worte des Vaters, als Ole die Oberlenninger Steige lieber hochschieben statt fahren wollte. Er konnte ja nicht ahnen, wie sehr er sich täuschen sollte.
Ole Peters jedenfalls fand bald immer mehr Gefallen an seinem neuen Hobby, ging oft mit seinem Cousin Lewin Siegler auf Tour. Und als der sich ein anständiges Mountainbike gekauft hat, wollte er auch eins haben. Fortan ging es über den Sattelbogen und auf die Teck hoch, und zwischen den Trails schaute er immer wieder bei der Oma vorbei, um sich zu stärken. „Die hat sich natürlich auch gefreut.“ Drei bis vier Mal die Woche stieg er fortan aufs Bike, spulte rund 1000 Kilometer im Monat herunter. „Wir sind aber immer nur gefahren, wenn wir Bock hatten. Bei Regen schon mal nicht“, erzählt Ole Peters lachend.
Irgendwann schaffte er erstmals 100 Kilometer am Stück, sammelte immer mehr Kilometer und immer mehr Höhenmeter. Im vergangenen Jahr meinte irgendwann Nachbar Karl-Heinz Rauscher, dass er Potenzial hätte und sich doch ein Team suchen sollte. Kurz vor seiner Abschlussprüfung der Realschule im April 2022 schloss er sich dem MTB Teck an. Ein Rennen hatte er zu diesem Zeitpunkt spaßeshalber schon bestritten, kam bei der Alb-Gold-Trophy in Münsingen unter die top 20. Ein Jahr später in Trochtelfingen wurde er in der U 19 bereits Dritter. Mitte Juni verletzte sich Ole Peters jedoch bei einem Sturz am Ellenbogen. „Deshalb ging in dem Jahr nicht mehr so viel.“
Für 2023 beantragte er dann aber eine Lizenz und probierte sich in Obergessertshausen gleich mal in einem international besetzen Bundesliga-Rennen. „Nach drei Runden bin ich ausgestiegen. Kette und Fahrer waren kaputt“, erzählt der 17-Jährige lachend. „Das war dann doch ein ganz anderes Niveau.“ Frustriert wie der Auszubildende nun war, kaufte er sich erst mal ein neues Bike. „Ich hatte noch überlegt, ob ich ein Rennrad holen soll, weil ich auf mein Mountainbike dünne Reifen draufgemacht hatte und eh schon viel auf der Straße gefahren bin. Dann wurde es aber doch ein Carbon-Fully.
Und dann lief es. Beim nächsten Rennen belegte er in seiner Altersklasse Platz zwei, beim „Bike the Rock“ in Heubach stand er über die 30 Kilometer lange Kurzdistanz ganz oben auf dem Treppchen. Der Gedanke ans Rennrad ließ ihn aber nicht los. „Ich hab mir ein billiges gekauft, bin mit einem Kumpel den Imst-Radmarathon gefahren und dort Fünfter in meiner Altersklasse geworden.“ Mountainbike-Rennen und Events mit dem Rennrad wechselten sich fortan ab. Den Alb-Gold-Juniors-Cup hat Ole Peters mit dem letzten Durchgang am vergangenen Sonntag inzwischen gewonnen – wie einst Luca Schwarzbauer zu Beginn seiner sportlichen Karriere – und schaffte es auch bei anderen Rennen aufs Podest. In der kommenden Saison steht bei Ole Peters das Rennrad voll im Fokus. „Technisch bin ich auf dem Mountainbike nicht so gut.“ Watt auf die Straße zu bringen, fällt dem groß gewachsenen Wellinger aber nicht schwer. So schaffte er es auch bei einem international ausgeschriebenen Projekt von Red Bull und Bora, bei dem es einen U 19-Profivertrag zu ergattern gibt, von knapp 1000 Bewerbern unter die letzten 13.
Über die Ausdauer-Plattformen Strava und Zwift mussten die Kandidaten Segmente nachfahren und konnten sich so für die Auswahl empfehlen. „Ich hab da ehrlich gesagt mit nix gerechnet.“ Dann wurde er doch zum Vorstellungsgespräch auf Englisch eingeladen und schließlich auch zu einem einwöchigen Aufenthalt in Fuschl am See, dem Hauptsitz von Red Bull. „Wir waren insgesamt 13 U 19-Fahrer aus Deutschland, Slowenien, Polen, Ungarn, Schweiz, Österreich und England“, berichtet Ole Peters von vollgepackten Tagen, in denen er und die anderen in jeglicher Hinsicht auf Herz und Nieren geprüft wurden.
Check auf Herz und Nieren
Neben einem Gesundheitscheck und der Ermittlung sämtlicher Leistungswerte standen ein Fotoshooting, ein Filmdreh, etliche Interviews, Gespräche mit dem Bora-Teamchef und Trainer sowie gemeinsame Ausfahrten an. „Die anderen waren zum Teil schon echt profimäßig unterwegs, sind bei der Junioren-EM gestartet und befolgen einen strikten Trainings- und Ernährungsplan, haben alles abgewogen, was sie gegessen haben. Ich lag halt abends da und hab ’ne Tüte Gummibärchen gefuttert“, erzählt der Wellinger lachend. Am Ende haben zwei andere Fahrer das Rennen gemacht und den Profi-Vertrag bekommen.
Ole Peters will jetzt ganz aufs Rennrad umsatteln und sich bald mit seinen Trainern vom MTB Teck zusammensetzen, um Bewerbungen an einige Teams zu verfassen. Und dann könnte er sich auch einen Traum erfüllen – bei der Kirchheimer Radsportnacht mitzufahren. Am liebsten mit seinem Kumpel Leo Ebner, der sich dieses Jahr bereits auf dem Rundkurs durch die Innenstadt behauptet hat.