Kirchheim. Radivoj Tomasevic ist ein Spieler, den man bildlich gesprochen im Spätherbst seiner sportlichen Karriere verorten könnte. Bei einem Basketballer, der in fünf Monaten sein 34. Lebensjahr vollendet, klingt das nicht despektierlich. Dass er einer ist, der im positiven Sinne den Unterschied ausmachen kann, hat der Kapitän der Knights in vielen Spielen unter Beweis gestellt. Spätestens seit Sonntag weiß man, dass sich sein wahrer Wert nicht nur an Statistiken ablesen lässt. Ohne den deutschen Guard gerät Kirchheims Rotation gehörig ins Schlingern. Tomasevics Verletzung war – wenn man so will – der Anfang vom Ende der Knights in Jena.
Mindestens zwei deutsche Spieler auf dem Spielfeld, dieser Teil der Liga-Statuten könnte für die Kirchheimer in der Endphase einer Saison, in der es um den Klassenerhalt geht, zur schweren Hypothek werden. Keine Mannschaft in der Pro A hat weniger Deutsche im Kader, keine Mannschaft ist anfälliger für Foulprobleme und keine ist gegen Verletzungsrisiken an empfindlicher Stelle schlechter abgesichert als das Team aus der Teckstadt.
Kein Wunder, dass sich am gestrigen Montag alles um eine Frage drehte: Was macht das Knie des Kapitäns? Entwarnung konnte auch die medizinische Abteilung nicht geben. Ob es sich um einen vorübergehenden Reizzustand oder einen ernsthaften Schaden am Knorpel handelt, soll eine Kernspin-Untersuchung in den kommenden Tagen klären. „Wir müssen abwarten, wie sich die Schmerzen unter Belastung entwickeln“, sagt Mannschaftsarzt Dr. Clemens Christ.
Das Spiel am Sonntag von der Bank aus beobachten zu müssen, war für den Kapitän die Höchststrafe. Nicht nur weil er zum ersten Mal in fünf Jahren passen musste. „Das war eines von den Spielen, die mir eigentlich liegen“, ärgert er sich. Diesmal dauerte das Spiel für ihn ganze 45 Sekunden bis klar war, es geht nicht. Am Samstag gegen Essen rechnet er mit seinem Einsatz, „wenn‘s sein muss mit Schmerzmitteln.“ Bis dahin müsste auch Cedric Brooks, der in Jena für den zweiten prominenten Ausfall sorgte, seine Grippe auskuriert haben.
Durchbeißen – egal wie. Es scheint so, als würde dies zum Leitmotiv der Knights in den verbleibenden acht Spielen werden. Dominik Schneider quälte sich am Sonntag mit einem schmerzhaften Pferdekuss über die Zeit, Topscorer Justin Stommes humpelte mit blutigem Knie vom Spielfeld, nachdem er in Torwart-Manier nach einem Ball gehechtet war. „Solange die Mannschaft so fightet wie in Jena“, sagt Coach Frenkie Ignjatovic, „kann ich auch eine Niederlage ertragen.“ In der Mannschaft stecke Leben, „sie wird zurückkommen,“ ist Kirchheims Sportchef Karl Lenger überzeugt. Seine Rechnung: Vier Siege aus den verbleibenden acht Spielen und der Klassenerhalt ist geschafft.
Anders ausgedrückt: Von den verbleibenden vier Heimspielen gegen Essen, Crailsheim, Ehingen und Heidelberg sollte tunlichst keines mehr vergeigt werden. Zumal gegen Crailsheim und Ehingen die Chancen nicht schlecht stehen, den direkten Vergleich für sich zu entscheiden. Am letzten Spieltag in Göttingen oder zwei Wochen zuvor in Düsseldorf gewinnen zu müssen, ist ein Szenario, das nicht nur dem Trainer unruhige Nächte bereitet.
Nach dem Sieg der Crailsheimer in Chemnitz – dem zweiten in Folge – ist der punktgleiche Aufsteiger aus Gotha für die Knights die vorläufige Richtschnur. Die Liga bleibt spannend wie selten zuvor. Selbst die abgeschlagenen Leipziger, die Kirchheim am 15. März daheim erwarten, durften am Samstag bis kurz vor Schluss vom Sieg gegen Nürnberg träumen. Ehe Ahmad Smith mit zwei Dreiern in letzter Minute für die Entscheidung sorgte. Einen von bisher erst drei Siegen haben die Sachsen in Kirchheim geholt. „Dass diese Liga noch nie so ausgeglichen war, ist keine neue Erkenntnis“, sagt Frenkie Ignjatovic, der mit einem heißen Frühjahr rechnet. „Das wird ein Kampf bis zur letzten Patrone.“