Montags taucht der Kirchheimer Sandro Stuppia in eine andere Welt ab. Wenn er zum Wochenstart nach Köln fährt, steht erst ein kurzes Warm-Up in der Straßenkicker-Base von Lukas Podolski auf dem Programm, ehe es abends an der Seite von Stars wie Christoph Kramer, Kevin-Prince Boateng, Max Kruse oder Alisha Lehmann zur Sache geht. Während einige Hundert Zuschauer die Halle vor Ort füllen, verfolgen über eine Million Fans das Spektakel auf den Streaming-Plattformen Twitch und Joyn. Der Wettbewerb, unter anderem von Weltmeister Mats Hummels ins Leben gerufen, findet seinen Weg bei ProSieben MAXX sogar ins Free-TV. Die Aufmachung des Turniers könnte gar nicht passender auf die jüngere Generation zugeschnitten sein: Schnell, technisch versiert und dennoch irgendwie retro und digital zugleich – so wie damals auf dem Bolzplatz, bloß eben mit ständiger Chatfunktion für die Zuschauer.
Mittendrin im Trubel: Sandro Stuppia. Der ehemalige VfL-Nachwuchskicker und Weilheimer Landesligaspieler leitet seit Januar die „Gönrgy Allstars". Gegründet wurde das Team von Montana Black, einem der bekanntesten Livestreamer Deutschlands mit über fünf Millionen Followern. Doch wie schafft man es aus der Teckregion zum Trainer bei einem gigantischen Hallenfußball-Projekt? „Der Kontakt kam kurz vor Weihnachten über eine Berateragentur zustande und ich wurde gefragt, ob ich Interesse hätte. Da ich in dieser Saison vereinslos bin, war das für mich die optimale Gelegenheit, auch mal ganz andere Erfahrungen zu sammeln, die meinen Horizont erweitern", sagt der 36-Jährige. Über den Draft, bei dem die einzelnen Spieler und Trainer einem der insgesamt zwölf Teams zugewiesen wurden, landete Stuppia letztlich gemeinsam mit Stefan Effenberg, der als Co-Trainer fungiert („Das ist ein überragender Typ ohne jegliche Allüren“), bei den Gönrgy Allstars.
Trotz des Unterhaltungsfaktors stehe das Prestige und der sportliche Erfolg im Vordergrund: „Man muss mit wenigen Mitteln und einem zusammengewürfelten Kader etwas entwickeln – das ist reizvoll und macht Spaß. Natürlich ist auch sehr viel Entertainment dabei, keine Frage. Aber wenn man dann auf dem Platz steht vor bundesweit so vielen Zuschauern, will man natürlich trotzdem unbedingt das Spiel gewinnen.“
Neuer Job in Offenbach
Die eigentliche neue Aufgabe erwartet den zweifachen Familienvater dann aber im Juli, wenn er zur neuen Saison die U19 der Kickers Offenbach in der DFB-Nachwuchsliga übernehmen wird. Die neu gegründete Liga ersetzt ab Sommer die bisherige A- und B-Junioren-Bundesliga, bei der alle Vereine mit einem Leistungszentrum (LZ) automatisch qualifiziert sind – darunter auch die Kickers Offenbach. „Perspektivisch ist der Klub ein schlafender Riese mit enorm viel Potenzial. Derzeit wird viel in die Infrastruktur und den Nachwuchs investiert, was mich schnell von dem Projekt überzeugt hat", sagt Stuppia. Selbst zwei verlockende Angebote aus dem Nachwuchsbereich eines aktuellen Bundesligisten sowie eines Zweitligisten konnten ihn von seiner Entscheidung nicht mehr abbringen.
Ein Jahr Pause war nötig
Nach vier erfolgreichen Jahren mit zwei Meistertiteln im Jugendbereich bei Eintracht Frankfurt und dem SV Wehen-Wiesbaden, hatte sich Sandro Stuppia vergangenen Sommer bewusst für eine fußballerische Pause entschieden. „Ich war zehn Jahre lang am Stück im Trainergeschäft tätig und wollte einfach etwas Zeit für mich und meine Familie", sagt der Kirchheimer, der die Überbrückungsphase auch sinnvoll genutzt hat. Neben der Verlängerung der Trainerlizenz hospitierte er unter anderem bei der Berliner Hertha, besuchte zahlreiche Spiele im Profibereich oder traf den ein oder anderen Kontakt von früher. „Ich war viel mit Kollegen im Austausch, weil ich aus solchen Begegnungen immer etwas mitnehmen kann", fasst der 36-Jährige zusammen.