Kirchheim. Dass Puskeiler ein glückliches Händchen für die Wahl der Strecken zwischen 334 und 507 Kilometer hatte, war daran zu erkennen, dass es alle Piloten am Mittwoch wieder zurück zur Hahnweide schafften. Zwar mussten fünf dazu ihren Motor zur Hilfe nehmen, „zu den Kühen gehen“, wie Segelflieger Außenlandungen auf Äckern oder Wiesen bezeichnen, musste jedoch keiner.
Dabei war lange nicht sicher, ob dieses Kunststück gelingen würde. Um kurz vor sechs waren bis auf Timothy Scott alle Teilnehmer wieder auf der Hahnweide gelandet. Doch der Brite, der mit zwei Tagessiegen am ersten und dritten Wertungstag in der 15-Meter-Klasse in Führung liegend in den Tag gestartet war, machte es spannend – wenn auch nicht ganz freiwillig. Nach seinem ersten Abflug hatte er die erste Wende am Plettenberg bereits umrundet, als ihm auf dem Rückweg in Richtung Eichstätt der rettende Aufwind fehlte. Kurz entschlossen landete Scott wieder auf der Hahnweide und ließ sich noch einmal in die Luft schleppen. Die Möglichkeit dazu gab ihm das zweistündige Zeitfenster, das den Piloten für ihren Abflug zur Verfügung steht. Es konnte nur besser werden, begründete das Mitglied des Booker Gliding Club seine Entscheidung. Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass es schwer werden würde, die 381 Kilometer lange Aufgabe zu bewältigen.
Wieder in der Luft musste Scott wie ein vom Hauptfeld abgehängter Radfahrer die Aufgabe allein in Angriff nehmen, ohne andere Teilnehmer um ihn herum, an denen er sich hätte orientieren können. Doch der Brite – auf der Insel an schwierige Wetterlagen gewöhnt – gab nicht auf und kämpfte sich Aufwind für Aufwind voran. Nach der letzten Wende sei es nur noch darum gegangen, den Weg für seine Frau und Rückholerin möglichst kurz zu gestalten. Doch Scott gelang, was zu diesem Zeitpunkt beim Blick in den von Westen her zuziehenden Himmel keiner mehr für möglich gehalten hatte: 60 Kilometer östlich der Hahnweide fand er einen letzten Aufwind, der ihn langsam aber sicher auf 2 300 Meter Höhe trug. Aus dieser Höhe tastete sich Scott vorsichtig zurück zur Hahnweide und überflog um 20.15 Uhr nur eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang die Ziellinie.
Besser lief es für Andreas Lutz, der ebenfalls in der 15-Meter-Klasse antritt und mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 119,9 km/h die vorgegebenen Wendepunkte über zwei Stunden schneller umrunden konnte als Scott. Mit 18 Sekunden Vorsprung flog das Mitglied der Fliegergruppe Wolf Hirth zum Tagessieg und verbesserte sich im Gesamtklassement vom fünften auf den dritten Platz. Die Gesamtführung übernahm der Homburger Tim Englert vor Timothy Scott, der auf Platz sechs der Gesamtwertung zurückfiel.
In der 18-Meter-Klasse konnte sich das aus Russel Cheetham und Derren Francis bestehende britische Team mit den Tagesplätzen eins und zwei im Gesamtklassement am HahnweidePiloten Bernd Weber vorbeischieben und die Führung übernehmen. Der Schwabe verlor auf der 432 Kilometer langen Strecke 17 Minuten und liegt nun auf dem dritten Platz des Gesamtklassements. In der Offenen Klasse konnte der 24-jährige Alexander Späth mit dem zweiten Tagesplatz die Gesamtführung vor den beiden Franzosen Killian Walbrou und Sylvain Gerbaud verteidigen.
Weniger gut lief es für Holger Karow. Der bis dato Führende in der Doppelsitzerklasse ließ in Erwartung besserer Steigwerte einen mäßigen Aufwind aus und musste 50 Kilometer vor dem Ziel den Elektromotor seines Arcus E aus Kirchheimer Produktion ausfahren, um zur Hahnweide zurückzukehren. Bei einer Weltmeisterschaft hätte er anders taktiert, erklärte der Kirchheimer, der in den kommenden Tagen versuchen wird, in der Gesamtwertung wieder weiter nach vorne zu fliegen. Keine Gelegenheit dazu hatte Karow am gestrigen Tag. Nun hoffen die Piloten auf weitere Flugtage bis zum Wochenende.