Wintersportler stecken am Beginn der Skisaison in der Zwickmühle: Kann man es aus Gründen des Klimaschutzes, sündhaft teuren Spritpreise und knapper Energieressourcen noch verantworten, die Bretter unterzuschnallen? Und wenn ja: Kann man es sich angesichts ordentlicher Preissteigerungen der Liftbetriebe überhaupt noch leisten?
Ein großer Teil der Schneesportler frönte ihrer Leidenschaft bislang gerne bei Ausfahrten und Freizeiten von Sportvereinen oder Ausfahrten der lokalen Sportgeschäfte. Das war und ist kostensparend und überwiegend bereits bei der Anreise im Bus umweltfreundlich.
Die Wintersport treibenden Clubs rund um die Teck haben durchaus divergierende Ansichten und Ansätze. Für Daniela „Spagge“ Ambacher, Alpin-Sportwartin beim TV Neidlingen, wird es keine Einschränkungen wegen des Klimawandels oder der Energiekrise geben: „Aktuell wird da zu viel hinein interpretiert. Deutschland kann ja nicht alleine die Welt retten.“ Das winterliche Breitensportangebot wird beim TVN somit quantitativ wie qualitativ gleich ausfallen wie vor der Pandemie. „In der letzten Saison“, so die ehemalige Rennläuferin, „hatten wir trotz Corona 80 Anmeldungen für die Alb-Skikurse. Die konnten wir gar nicht alleine stemmen und haben uns dann mit anderen Vereinen zusammengetan.“ Das soll in der kommenden Saison ähnlich laufen. Wichtig für den TVN, so Ambacher, sei Schnee auf der Alb: „Den benötigen wir, um unseren Nachwuchs zu generieren und zu trainieren.“
Eine Spur pessimistischer begegnet der SVL Kirchheim der Thematik. „Mittelfristig wird es für die Vereine schwieriger werden. Uns droht der Wegfall einer Geschäftsgrundlage“, befürchten die Vorsitzenden Matthias Bankwitz und Bruno Panni. Gründe seien die um drei bis vier Prozent gestiegenen Übernachtungspreise in den Skigebieten sowie vor allem die um rund 15 Prozent teureren Liftpreise. Hinzu kommen höhere Reisekosten durch die Dieselverteuerung. Das Vorstandsduo befürchtet besorgte Eltern, die ihren Kindern – sei es aus finanziellen Aspekten oder aus Gründen des Klimaschutzes – den Zugang zum Skisport nicht mehr ermöglichen können oder wollen. Dennoch hat sich der SVL dazu entschlossen, das Programm für die anstehende Saison vom Umfang her auf Vor-Corona-Niveau anzubieten.
Ähnlich sieht es auch Christian Löw vom TV Unterlenningen vor: „Beim Skibasar im Oktober haben wir keinerlei Nachfrage-Rückgänge feststellen können. Allerdings überlegen wir, unsere Familien-Freizeit in Südtirol aus Kostengründen um einen Tag zu kürzen.“ Die Lenninger reagieren auf die Verteuerung auch, indem sie bei den Ausfahrten auf günstigere Skigebiete ausweichen. Eine klare Absage hat Christian Löw an die klimabedingte Zunahme von Beschneiungsanlagen: „Skifahren ist eine Freiluftsportart. Der Naturschnee sollte uns reichen.“
Beim TSV Jesingen rechnet Holger Haußmann damit, dass die Leute nach der Pandemie Nachholbedarf haben: „Wir merken diese Tendenz deutlich.“ Dementsprechend wurde das Ausfahrten-Programm gestrickt. Schon am ersten Dezember-Wochenende ging es zum Saison-Opening nach Sölden. Aufgrund der gestiegenen Preise in den Skigebieten könnte, so Haußmann, der zusammen mit Tamara Fahn die Ski-Abteilung führt, der Sport vielleicht ein bisschen elitärer werden, zumal die Rezession diese Tendenz derzeit verstärkt. Einen Vorteil sieht Holger Haußmann in der Kosten- und Klimaschutzdebatte mit einem Augenzwinkern: „In den Skigebieten sind die Schlangen vielleicht nicht mehr so lang.“
Solcherlei Ansätze sucht man derzeit beim VfL Kirchheim vergebens. Ski-Abteilungsleiter Hans-Joachim Brenner: „Wir haben einen Generationenwechsel und tun uns gerade sehr schwer. Auch die komplette, einst so erfolgreiche Renngarde des Kirchheimer Großvereins ist, meist studienbedingt, in alle Winde zerstreut. Und so fehlt gerade vor allem die IT-affine Altersgruppe der 20- bis 30-Jährigen. Trotz großer Personalsorgen plant der VfL aber zumindest Skikurse auf der Alb zu veranstalten. Hans-Joachim Brenner: „Zum Teil sind unsere Probleme hausgemacht, zum Teil aber auch wirklich dem Klimawandel geschuldet. Schließlich gibt es einige Skiorte, die sogar erwägen, die Saison abzusagen.“
Ausfahrten boomen
Von Absagen oder Rückgängen sind die lokalen kommerziellen Anbieter weit entfernt. Bernd Holl, Inhaber des gleichnamigen Sportgeschäfts in Weilheim, freute sich über große Resonanz schon im September. Da schrieb er die im November durchgeführte Testski-Ausfahrt nach Sölden aus. „Innerhalb von drei Wochen war die Ausfahrt mit über 60 Teilnehmern voll.“ Nach einer starken letzten Saison spürt der Einzelhändler nun eine gewisse Zurückhaltung, führt dies aber auf die durch die Energiekrise gestiegenen Preise in den Skiorten zurück, die besonders seither ski-aktive Familien mit mittleren Einkommen trifft. „Wer aber seither an Weihnachten an den Arlberg gegangen ist, wird dies auch weiterhin tun“, ist sich Bernd Holl sicher.
Ein großes Paket an Ausfahrten hat Sport-Räpple in Kirchheim geschnürt. Filialleiter Axel Stephan setzt dabei auf eine langfristige Zusammenarbeit mit den Liftbetreibern mit großen Abnahmemengen, dynamischen Liftpreisen und daraus resultierenden günstigen Quoten: „Wir wollen dabei nur kostendeckend arbeiten.“
Einen Rückgang sieht Axel Stephan daher weder aus Kostengründen noch aus Klimaschutz-Aspekten. Allerdings beobachtet der Filialleiter in den Skigebieten einen Wandel in der Hotellerie: „Durch den Personalmangel in der Gastronomie nimmt die Anzahl der Ein- bis Drei-Sterne-Hotels zügig zugunsten von billigen Ferienwohnungen ab, während die teuren Vier- und Fünf-Sterne-Häuser mächtig im Preis anziehen.“ Wie die Saison am Ende laufen wird, ist dennoch Kaffeesatz-Leserei. Axel Stephan: „Im April sind wir schlauer.“