Kirchheim. Wieder etwas gelernt: Man braucht nicht gut zu spielen, um auf ganzer Linie erfolgreich zu sein. Mit der schlechtesten Offensivleistung seit Langem haben die Knights am Samstag in Hamburg einen Konkurrenten im Kampf um den Heimvorteil in den Play-offs aus dem Weg geräumt. Die ersten Vier starten mit Heimrecht in die erste Runde. Die Niederlagen von Trier, Nürnberg, Köln und Heidelberg bescheren den Kirchheimern inzwischen ein Zehn-Punkte-Polster auf die Plätze fünf und sechs. Zwölf Zähler sind es bereits auf die beiden letzten Finalrundenplätze mit Chemnitz und Trier.
Es läuft für die Knights, auch wenn es nicht läuft. Das Spiel in Hamburg war für Basketball-Ästheten eine Qual. Dass man einem der nominell heimstärksten Teams der Liga gegenüberstand, taugte nicht unbedingt als Ausrede, denn auch die Hanseaten sprühten an diesem Abend nicht gerade vor Spielwitz. Eine miserable Reboundquote, zahlreiche Fehlwürfe und leichte Turnovers prägten das Bild vor allem in der ersten Hälfte. Keith Rendleman, der die Woche über erkältet pausieren musste und Besnik Bekteshi, der sich im Abschlusstraining am Donnerstag den Finger verstaucht hatte, waren gegenüber den starken Auftritten in den Wochen zuvor nicht wiederzuerkennen.
Weshalb seine Mannschaft, die eineinhalb Minuten vor Beginn des Schlussviertels noch mit neun Punkten zurücklag, am Ende als Sieger vom Parkett ging, dafür fand auch Kirchheims Coach Michael Mai keine schlüssige Erklärung. Ein Grund war sicherlich: Richie Williams, in der ersten Spielhälfte fast völlig abgemeldet, fasste sich im Schlussviertel ein Herz. Statt weiterhin seine glücklosen Mitspieler in Szene zu setzen, bewies der Amerikaner in der Crunchtime seine Vollstrecker-Qualitäten.
Knights-Coach Michael Mai wollte auch am Tag danach noch nichts schönreden. „Das war zweifellos eines der hässlicheren Spiele in dieser Saison.“ Ein Grund für schlechte Laune war es nicht. Im Gegenteil: Wer solche Spiele gewinnt, der braucht wohl keinen Gegner zu fürchten.
Eines hingegen sollte auch dem Coach zu denken geben: Die seit Wochen miserable Freiwurfquote ist inzwischen mehr als nur ein Schönheitsfehler. Durchschnittlich 54 Prozent der Würfe in den vergangenen fünf Spielen rauschten durch die Reuse. Knapp jeder zweite geht daneben. Mit Ausnahme von Tim Koch, der mit einer Quote von 88,9 Prozent, zuverlässigster Kirchheimer von der Linie ist, gelten nur Jordan Wild und Besnik Bekteshi als verlässliche Schützen. Bekteshi verwandelte mit 44 von 56 die meisten Freiwürfe für die Ritter. Schlusslicht ist Keith Rendleman, der mit 65 Wurfversuchen bisher am häufigsten für die Kirchheimer an die Freiwurflinie trat, dabei aber nur 28 davon versenkte, was einer Quote von 43,1 Prozent entspricht. Problem erkannt, Problem gebannt? Gestern jedenfalls stand in der Sporthalle Stadtmitte Freiwurftraining auf dem Zettel des Trainers ganz oben. Ansonsten hat Fitnesscoach Tobias Unger bis zum Heimspiel am Freitag gegen Trier das Aggregat auf Umkehrschub zu stellen. Regenerationstraining ist angesagt, um mit voller Energie in den Doppelspieltag starten zu können.
Ob auch in voller Besetzung war gestern noch unklar. Richie Williams trat die achtstündige Heimfahrt von Hamburg im Bus mit einer lädierten Schulter an. Bisher weiß niemand, wie ernst die Verletzung ist. Trotz sichtlicher Beeinträchtigung hinderte sie den 28-Jährigen nicht daran, in den letzten Spielminuten aus allen Lagen zu treffen. Der 1,78 Meter kleine Amerikaner gilt als äußerst leidensfähig. In den beiden Auswärtsspielen in Chemnitz und in Hanau vor wenigen Wochen hätte er wegen Leistenbeschwerden pausieren sollen. Stattdessen wurde er mit 13 Assists gegen Chemnitz und 17 Punkten gegen Hanau zum auffälligsten Akteur im Kirchheimer Dress. Sein Trainer Michael Mai fasst es in einem einzigen knappen Satz zusammen: „Richie ist ein harter Hund.“