Viererabwehr und Raumdeckung sind bei den Teckbotenpokal-Teams längst Standard geworden
Taktik-Uhren ticken überall gleich

Manndeckung, Libero, Mittelstürmer? Wer beim Teckbotenpokal-Turnier mit solchen Begriffen hantiert, wird müde belächelt: Sie sind inzwischen steinalt. Denn die modernen Übungsleiter setzen auf Raumdeckung, Viererabwehr, Mittelfeld-Raute und flexible Angriffsspitze.

Es gab Zeiten, da nahm ein Amateurtrainer seinen Innenverteidiger vor dem Duell mit dem gegnerischen Mittelstürmer angeblich schon mal so in die Pflicht: „Den verfolgst Du 90 Minuten lang. Notfalls bis auf die Toilette.“ Hinter der Aufforderung steckte knallhartes Kalkül. Es ging darum, den Kontrahenten mit Kraft und manchmal dem Ellbogen im Eins-gegen-eins-Duell mürbe zu machen. Doch die Zeiten der Manndeckung sind längst vorbei. „Über die klassische Manndeckung“, sagt Jesingens 37-jähriger Trainer Marc Augustin, „kann ich heute nur noch lachen.“ Für ihn wäre eine Rückkehr zum alten System unvorstellbar. Auch Augustin lässt seine Viererabwehrkette im Raum verteidigen – ähnlich wie es Valerij Lobanowski, der bei vielen Fachleuten als System-Erfinder gilt, mit Dynamo Kiew einst tat. 1981 präsentierte die neue Spielstrategie aus der Ukraine ein gewisser Helmut Groß zum ersten Mal in Süddeutschland – mit dem Verbandsligisten SC Geislingen. Danach – die Älteren werden sich erinnern – startete Groß mit dem VfL Kirchheim einen Höhenflug, der 1989 erst in der Spitzengruppe der (damals noch drittklassigen) Oberliga Baden-Württemberg endete.

Seither hat sich ballorientierte Raumdeckung auf breiter Ebene durchgesetzt – natürlich auch beim Teckbotenpokal. „Auch ich setze genau wie fast alle Mannschaften auf dieses System“, bestätigt Catania-Trainer Paul Lawall. Torjäger Daniele Attore ist seit Sonntag vom Urlaub zurück – damit kann Lawall im bevorstehenden Bezirksliga-Abstiegskampf mit der von ihm präferierten Doppelspitze in einer 4-4-2-Formation spielen lassen.

Nüchtern betrachtet, sind die zwei Angreifer, die der AC Catania in der Aufstellung stehen hat, genau 100 Prozent mehr als die Konkurrenz mit Ausnahme der TG Kirchheim (Trainer Popovic: „Wir spielen im 4-4-2-System, weil wir offensiver auftreten wollen“) aufs Feld schickt in diesen Tagen. Egal ob Jesingens Augustin („ich lasse 4-5-1 spielen“), VfL II-Trainer Björn Kluger („wir spielen 4-2-3-1, also im Kloppschen System sozusagen“) oder Holzmadens Heiko Blumauer – allesamt setzen sie auf einen (nominellen) Angreifer. Beim Landesligisten TSV Weilheim, für dessen Abteilungsleiter Martin Koch beim Teckbotenpokal „die Finalteilnahme das Minimalziel“ ist, laufen die Taktik-Uhren kein Jota anders. Nur einer steht als echter) Angreifer bei den Limburgstädtern auf dem Papier. „Allerdings haben wir mit Kai Hörsting und Marcel Mettang oft zwei Offensivspieler auf dem Feld, die sich in der Spitze gegenseitig abwechseln können“, sagt Koch.

Dass Viererkette und Raumdeckung das Beste ist, was der moderne Fußball an taktischen Attributen bieten kann, würde Koch wie fast alle beim Zeitungsturnier vertretenen Amtskollegen wohl sofort unterschreiben. Wie auch Holzmadens Coach Heiko Blumauer, der mit dem System in der Vorsaison 12 von 13 Kreisliga B-Spiele als Gewinnspiele verbuchen konnte. Damit stieg der TSVH II mit sieben Punkten Vorsprung auf.

Nur beim Teckbotenpokal, da läuft‘s bei den Holzmadener bis jetzt so recht nicht: null Punkte gab es in zwei Spielen, das Achtelfinale scheint unerreichbar. Was wiederum belegt, dass eine gute Taktik im Fußball nicht alles ist – mindestens genauso hängen Erfolg und Misserfolg von einer guten Tagesform ab.