Lokalsport
Teckbiker fahren ins Rampenlicht

Mountainbike Rückschläge einstecken, kontern, weiter kämpfen – für ein Quartett aus der Region haben sich Beharrlichkeit und Willensstärke in der abgelaufenen Saison ausgezahlt. Von Armin Küstenbrück

Höhen und Tiefen, Erfolge und Misserfolge – im Sport gehört das zusammen. Auf dem Mountainbike liegen beide Seiten besonders nah beieinander. Vier Fahrerinnen und Fahrer haben ihre Disziplin 2022 mitgeprägt. Im Dezember, wenn der Rennkalender ruht, haben wir uns mit ihnen ge-troffen, um die abgelaufene Saison Revue passieren zu lassen und schon einen Ausblick auf die kommende zu wagen. Denn alle haben längst mit den Vorbereitungen für das neue Jahr begonnen. Alle wollen weiter nach vorne kommen, auch zum Teil Neues ausprobieren. Fest steht: Die Region um die Teck ist ein gutes Pflaster für erfolgreichen Mountainbikesport.

Allen voran fährt eines der Aushängeschilder im deutschen Kader: Luca Schwarzbauer, der im Mai beim dritten Lauf zum Weltcup im tschechischen Nove Mesto na Morave für den ersten deutschen Weltcup-Sieg im Shorttrack gesorgt hat. Doch für den 26-Jährigen war es weder davor noch danach eine leichte Saison, wenngleich die beste seiner bisherigen Laufbahn. Zu Beginn des Jahres war er vom langjährigen Lexware-Team aus Kirchzarten zum deutsch-französischen Team Canyon CLLCTV gewechselt. „Ein wichtiger Schritt für meine Karriere“, wie Schwarzbauer betont. Aber es kostete Kraft, die eingespielten Abläufe zu verlassen und sich in der neuen Mannschaft und auf dem neuen Sportgerät zurecht zu finden. Unerklärliche Bauchschmerzen prägten immer wieder die Rennen der ersten Saisonhälfte, bis Schwarzbauer das Problem in den Griff bekam: „Auch heute wissen wir noch nicht genau, woher die Probleme so plötzlich kamen. Vielleicht von einer falschen Sitzposition, vielleicht von einer leichten Fehlhaltung,“ rätselt er. „Jetzt versuche ich, symmetrischer auf dem Rad zu sitzen. Damit scheint es unter Kontrolle zu sein, auch wenn man nicht sicher sagen kann, ob es für immer weg ist.“

Schwarzbauer biss sich durch, fuhr jeden der neun Weltcups, angefangen in Petropolis in Brasilien, den beiden Amerika-Weltcups in Snowshoe und Mont Sainte Anne bis hin zum Weltcup-Finale im italienischen Val di Sole. Ein Mammutprogramm, das zehrte: „Nach der Europameisterschaft Mitte Juli in München war ich komplett leer,“ sagt er rückblickend. Schweren Herzens verzichtete er bei der Weltmeisterschaft im französischen Les Gets
 

Ein wichtiger Schritt für meine Karriere.
Luca Schwarzbauer
Der 26-jährige Reuderner über seinen
Teamwechsel zu Canyon.
 

auf das Shorttrack-Rennen, um sich voll auf die olympische Distanz zu konzentrieren. Doch es nützte nichts: Schwarzbauer gelang es nicht mehr, an die guten Leistungen der ersten Saisonhälfte anknüpfen. Eine Woche später, beim Weltcup-Finale im Val di Sole, reichten die Ergebnisse auch nicht mehr, um einen Treppchen-Platz im Shorttrack-Gesamtweltcup zu ergattern. Der Reuderner wurde undankbarer Vierter. Auch die Top Ten über die olympische Distanz blieben ihm mit Platz elf knapp verwehrt. „Das ist ein wenig unglücklich zuende gegangen“, meint er. „Letztlich bin ich aber zufrieden mit der Saison.“ Eine Rennpause von zwei Wochen füllten die Speicher wieder so weit auf, dass er an der Hochfirst-Schanze in Titisee-Neustadt das erstmals vergebene Trikot des deutschen Shorttrack-Meisters überstreifen konnte. Kommendes Jahr wird man den Reuderner im Weltcup also in nationalen Farben auf der Strecke sehen.

Für Kira Böhm aus Weilheim steht der einschneidende Teamwechsel erst in diesen Tagen an. Sie wird vom lokal ausgerichteten Walcher Racing Team zu einer neu gegründeten deutschen Mannschaft wechseln, die aber schon viel Erfahrung mitbringt. Zusammen mit dem Umzug an den Olympiastützpunkt in Freiburg wartet auf die 20-jährige Lehramtsstudentin ein völlig neues Umfeld. 2022 war ein Jahr, das zunächst vor allem durch die Abiturprüfungen im Frühjahr bestimmt war: Kurz vor ihrem ersten Einsatz beim Bundesliga-Rennen in Obergessertshausen erkrankte sie und musste ihren Saisonauftakt dadurch deutlich nach hinten verschieben. Das bedeutete: Ein Einstieg gleich mit einem der schwersten Rennen, dem Heimweltcup in Albstadt. Die Konzentration auf die Schule und eine gerade erst überstandene Corona-Infektion hatten ihre Spuren hinterlassen: Ein „bisschen mehr“ als Platz 38 hatte sie sich schon vorgenommen. Eine Woche später in Nove Mesto reichte es gar nur für Platz 57. „Nach zwei Rennen brauchte ich einfach eine Pause,“ blickt sie zurück.

Böhm beschloss, sich nur auf die verbleibenden Deutschen Meisterschaften und die Weltcups zu konzentrieren – eine kluge Entscheidung, wie sich herausstellte. Bei der DM in Bad Salzdetfurth holte sich die Athletin in der U23-Klasse die Bronze-Medaille, bei den Weltcups verbesserte sie sich von Lauf zu Lauf und wurde im kanadischen Mont Sainte Anne erstmals Siebte. Danach hätte sie eigentlich die nächste Pause gebraucht, doch der Rennkalender war unerbittlich. Mit ihrem 21. Platz bei der Weltmeisterschaft in Les Gets konnte sie sich noch ganz gut arrangieren („Mein Ziel waren eigentlich die Top 20“), doch eine Woche später war ebenso wie bei Schwarzbauer im Val di Sole die Luft komplett raus: Nach den Erfolgen in den vorangegangenen Rennen war der 28. Platz eine Enttäuschung. Zu Unrecht: In der U23-Weltcup-Gesamtwertung wurde Böhm auf Platz 15 beste Deutsche.

Einen deutlich reibungsloseren Start in die Saison erwischte ihre jüngere Schwester Lara Böhm. Doch Rückenschmerzen nach 13 absolvierten Rennen zwangen auch sie dazu, ihre Saison bereits im Sommer nach den Deutschen Meisterschaften zu beenden. Diese Probleme in den Griff zu bekommen, war plötzlich wichtigstes Ziel, wie sie sagt. Inzwischen arbeitet sie mit einem der renommiertesten Physiotherapeuten des Landes, mit Udo Buchholzer vom VfB Stuttgart, zusammen, um in der neuen Saison wieder frisch und schmerzfrei an den Start gehen zu können.

Auch der junge Marathon-Spezialist Luca Pechacek aus Schlierbach spricht von „der besten Saison, die ich bisher hatte.“ Bereits nach seinem ersten Rennen in der Elite-Klasse konnte er sein erstes Saisonziel abhaken: Beim „Bike the Rock“ in Heubach sammelte er auf Anhieb Weltranglisten-Punkte. Beim Bike-Festival in Willingen ergatterte der 1,95 Meter-Mann auf der Kurzstrecke dann mit knappem Vorsprung den Sieg, nachdem es nur wenige hundert Meter vor dem Ziel zu einem spektakulären Sturz gekommen war: Mit gebrochenem Fahrradrahmen und Schürfwunden überquerte Pechacek als Erster die Ziellinie – und blieb in der Erfolgsspur: Bei den deutschen Hochschulmeisterschaften im Marathon fuhr der Wirtschaftsingenieur-Student im fränkischen Wombach auf Platz zwei. 2023 will er auf die Mitteldistanz wechseln.