Kirchheim. Von seinen Anfängen beim VfB Neuffen über den FV Nürtingen und VfL Kirchheim schaffte es Stürmer Thomas Brdaric einst bis in die Nationalmannschaft, für die er acht Länderspiele absolvierte In Albanien liefert der 47-Jährige den Beweis, dass er auch ein ausgezeichneter Trainer ist. Eine Jury aus Vertretern des albanischen Fußballverbandes und von Sportjournalisten kürte den 47jährigen jetzt zum „Trainer des Jahres. Die Wahl kam nicht überraschend. Brdaric führte in seinem ersten Jahr als Coach den nordalbanischen Traditionsklubs KF Vllaznia Shkoder gleich zum Pokalsieg und zur Vizemeisterschaft. Den Titel verpasste er bei Punktgleichheit nur wegen der schlechteren Tordifferenz gegenüber KF Teuta.
Was bedeutet Ihnen dieser Titel?
Für mich ist das etwas ganz Besonderes. Eine tolle Wertschätzung auch für den Verein, der finanziell nicht auf Rosen gebettet ist.
Albanien ist nicht gerade als Fußball-Hochburg bekannt. Wie ist das Spielniveau einzuschätzen?
Vergleichbar etwa mit dem eines mittelmäßigen deutschen Profiklubs. Von der Tradition her am besten mit 1860 München.
Wie hoch ist der Stellenwert des Fußballs im Land?
Sehr hoch. An den Spieltagen gibt es keine Kneipe, in der nicht Fußball im Fernsehen läuft. Speziell in Shkoder haben unsere Erfolge das Interesse der Fans wieder geweckt, das jahrelang abhanden gekommen war.
Fühlen Sie sich als Entwicklungshelfer?
Das ist zu viel gesagt. Wir im Klub, vor allem der Präsident, haben gemeinsam einige Hürden genommen. So haben wir endlich einen Kunstrasen-Trainingsplatz bekommen, über den ich mich wie ein Schneekönig freue. Vielleicht nicht der beste, aber kein Vergleich mit dem „Acker“, auf dem wir bisher trainiert haben.
Wie sehr beeinflusst Corona das Fußballgeschehen?
Fast gar nicht. Es gibt keine Tests und keine Masken, schon aus finanziellen Gründen. Als Fußballer lebt man hier wie im Schlaraffenland. Ich fühle mich richtig gut.
Ein Grund, den Vertrag nach fast zwei Jahren zu verlängern?
Ich hatte schon Angebote aus der Schweiz und aus Asien. Natürlich würde ich gern mal in der Bundesliga oder der Zweiten Liga arbeiten. Auch England würde mich reizen. Aber es ist noch nicht die Zeit, intensiver über einen Plan B nachzudenken. Ich konzentriere mich ganz auf das Saisonfinale. Vor allem auf den Pokal, wo wir im Halbfinale sehen. In der Meisterschaft sind wir Vierter.
Haben Sie noch Verbindungen zur alten Heimat?
Ja, klar. Meine Mutter ist 84 und lebt allein in Neuffen. Sie hat sich sehr gefreut, als ich sie an Weihnachten besucht habe. Ein alter Weggefährte ist Maurizio Modica. Wir haben zusammen in Nürtingen, Kirchheim und bei den Stuttgarter Kickers gespielt.
Ihr Ex-Verein VfL Kirchheim hat gute Aufstiegschancen in die Landesliga. Was sagen Sie dazu?
Ich verfolge das aufmerksam im Internet und drücke fest die Daumen, dass es klappt. Der VfL mit seiner super Vergangenheit hat mehr verdient als die dritte Liga von unten.