Lange Jahre war er der schnellste Sprinter Deutschlands. Sein deutscher Rekord über 200 Meter von 2005 (20,20 Sekunden) ist erst diesen Sommer von Joshua Hartmann gebrochen und auf 20,02 Sekunden verbessert worden. Doch im Alter von 44 Jahren ist Tobias Unger nach dem Werbeslogan der Firma, die den früheren Kirchheimer Meistersprinter dieser Tage unter Vertrag genommen hat, noch einmal schneller geworden. Denn: Red Bull verleiht bekanntlich Flügel.
Der „Schwabenpfeil“ ist ab sofort „Performance Project Spezialist“ beim mit 13 600 Mitarbeitern weltweit größten Energydrink-Unternehmen – ein spannender Job mit vielen Schattierungen. Er betreut Athleten, ist mit seiner Erfahrung als langjähriger Spitzensportler ihr Ratgeber und Helfer, arbeitet mit Kollegen an neuen Projekten. In Thalgau bei Salzburg hat er nun zwei Wochen Zeit, den Konzern und seine wichtigsten Mitarbeiter näher kennenzulernen.
Einer von ihnen ist Marc Oliver Kochan, sein früherer Staffelkollege aus Kirchheim, der in der Hierarchie des RB-Imperiums als „Managing Direktor“ schon weit aufgestiegen ist. „Wir sind gute Freunde, hatten uns aber lange aus den Augen verloren“, so Unger. Beide waren damals Staffelkollegen in Kirchheim und Stuttgart und trainierten zehn Jahre gemeinsam unter Micky Corucle. Ihr gemeinsamer Chef ist nun Oliver Mintzlaff. Der Ex-Fußballvorstand von RB Leipzig und ehemalige Leichtathlet wurde Nachfolger von Firmengründer Dietrich Mateschitz, der 2022 im Alter von 78 Jahren verstorben war.
In Thalgau entstand aus einem alten Zinnoxid-Werk eine „Fabrik“ für RB-Sportler. Ein großes Fitness-Center mit Biodynamik, Diagnostik, Mental-Training und medizinischer Abteilung, alles unter einem Dach. Neben der Leichtathletik gilt das Hauptaugenmerk von RB der Formel 1, dem Fußball, Eishockey, Ski- und Extremsport. Lindsey Vonn, Marcel Hirscher, Sebastian Vettel, Brasilien-Kicker Neymar oder die Fußballmeister von RB Salzburg sind nur einige von vielen Top-Sportlern, denen besagte Firma mit ihren Erzeugnissen angeblich „Flügel verleiht“.
Für Tobias Unger beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Erst war er Praktikant bei der Stadtverwaltung Wendlingen, dann Bankkaufmann bei der KSK Esslingen-Nürtingen. Mit dem Bachelor in Sport und Gesundheit an der Universität Tübingen in der Tasche wurde er 2013 Athletik-Trainer beim VfB Stuttgart. 2019 war er für zwei Jahre und elf Monate Geschäftsführer und Personal Trainer im neuen Fitness-Studio „2020“ in Kirchheim. Nach seinem Ausscheiden wegen Differenzen mit der Geschäftspartnerin („mittlerweile kommen wir sehr gut miteinander aus“) nun der spektakuläre Tapetenwechsel, der neben Präsenzarbeit in Österreich allerdings auch Homeoffice in Kirchheim beinhaltet.