Basketball: Michael Mai sorgt sich vor dem Saisonfinale um die mentale Stärke seines Teams
„Trier war kein Unfall“

Aufräumarbeiten nach dem Orkantief über der Sporthalle Stadtmitte: Auf die kostenlose Lehrstunde für Kirchheims Basketballer am Samstag gegen Jena folgt vor dem nächsten Heimspiel gegen Vechta die nächste Unwetterwarnung.

Kirchheim. Trainer und Sportler, die Tiefschläge zu verarbeiten haben, sind in den seltensten Fällen besonders gesellig. Da wird Mann leicht zum gedanklichen Einsiedler, der vor allem eines will: seine Ruhe. Pech für Michael Mais Verlobte, die sich für ihren Kurztrip aus dem fernen Hannover ausgerechnet das vergangene Wochenende ausgesucht hatte. „Ich hoffe, sie kommt wieder“, meint Kirchheims Trainer und konnte dabei gestern immerhin schon wieder lachen.

Am Samstag war ihm das vergangen. Wer den stets höflichen und zurückhaltenden Amerikaner in den vergangenen Wochen an der Seitenlinie erlebt hat, der glaubte, gelernt zu haben, dass sich nicht jeder Vulkanausbruch ankündigt. Seit Samstag weiß man: Das zuvor war allenfalls ein harmloses Vorbeben. Wieder waren es die Unparteiischen, die Kirchheims Coach zum Explodieren brachten, doch diesmal völlig zu Unrecht, wie selbst Knights-Geschäftsführer Christoph Schmidt findet: „Jena hat mit seinem intensiven Spiel und seiner Härte die Richtschnur ziemlich hoch gehängt“, meint der Teammanager. „Hätten wir genauso aggressiv gespielt wie der Gegner, wären die Pfiffe der Schiedsrichter gar keinem aufgefallen.“

Haben die Hausherren aber nicht und deshalb musste das pfeifende Trio Enrico Streit, Mesut Aydogdu und Vytautas Steckas zur Halbzeit von Männern mit furchterregendem Bizeps eskortiert in die Kabine und auch wieder zurück. Zwei technische Fouls gegen den Coach und seinen Assistenten, vor deren Nase Besnik Bekteshi nach allen Regeln Jenaer Kunst zerlegt worden war, hatten das Publikum derart auf die Palme getrieben, dass nicht zum ersten Mal Karton-Klatschen aufs Spielfeld flogen.

Ein Fall für Zero-Toleranz, wie Schmidt meint. „Wenn wir so jemanden ausfindig machen, wird er sofort der Halle verwiesen. Das können wir nicht akzeptieren.“ Akzeptieren konnte er am Samstag vor allem die Leistung der Mannschaft nicht. In zwei Heimspielen hintereinander mehr als 90 Punkte zu kassieren, „dafür stehen wir nicht.“ Schließlich sind die Kirchheimer diesmal angetreten, um der Konkurrenz zumindest defensiv das Fürchten zu lehren. Was lange Zeit ja auch durchaus gelang.

Inzwischen gefällt nicht nur dem Manager das Bild nicht mehr, das seine Mannschaft in eigener Halle abgibt. „Die Niederlage zuvor gegen Trier war kein Unfall“, findet auch der Trainer klare Worte. „Es ist etwas im Wachsen, das wir ganz schnell abstellen müssen.“ Michael Mai hatte bereits vor Wochen vor der schwierigsten Saisonphase gewarnt. Nach einer Reihe vergleichsweise leichter Gegner nach Weihnachten würde es zunehmend schwer fallen, das Feuer am Lodern zu halten. Beim am Ende noch überzeugenden Heimerfolg gegen Leverkusen und dem Zittersieg kurz darauf in Hamburg sollte er bereits Recht behalten. In beiden Begegnungen spielten die Knights nicht gut, rangen den Gegner am Ende aber dennoch dank des stärkeren Willens nieder. Gegen Trier ging es dann zum ersten Mal schief. Spätestens in der zweiten Hälfte am Samstag gegen Jena hingen die breiten Schultern unter den gelben Leibchen endgültig. Selbst Kämpfertypen wie Keith Rendleman oder Kapitän Richie Williams waren kaum wiederzuerkennen.

Kirchheims Spielmacher ist derzeit die personifizierte Durchhalteparole in der Kirchheimer Mannschaft. Williams, der seit Wochen mit Schulter- und Leistenproblemen das Spiel ankurbelt, bräuchte dringend eine Pause. „Seine Beschwerden verschlechtern sich zum Glück nicht, aber werden dadurch auch nicht besser“, sagt sein Trainer. Dem Leitwolf eine Auszeit zu gönnen, damit er mit vollem Akku in die Play-offs starten kann, klingt vernünftig. Die Frage ist nur, wann? Dass der 1,78 Meter kleine Wirbelwind, von dem viele behaupten, er würde notfalls auch noch an Krücken seine Gegner narren, sich ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub aus Vechta ins zweite Glied versetzen lässt? Undenkbar. Bliebe nur das Auswärtsspiel am Samstag beim Tabellendreizehnten in Paderborn. Ein Spiel, das man auf jeden Fall gewinnen sollte, um im Kampf ums Play-off-Heimrecht in den letzten beiden Spielen gegen Nürnberg und Rhöndorf nicht noch unnötig unter Druck zu geraten.