Kirchheim. So viele Fliegen kann man selten mit nur einer Klappe schlagen: Vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, vorgezogenes Präsent zum 150. Geburtstag der Abteilung im kommenden Jahr sowie der Einzug in die Annalen der Kirchheimer Sportgeschichte – all das hätten die VfL-Turner erreicht, wenn sie morgen im Aufstiegswettkampf zur Regionalliga in Biedenkopf einen der ersten drei Plätze belegen. Dann würden sie in der Saison 2011 so hochklassig turnen wie noch keine andere Männermannschaft in der VfL-Historie vor ihnen – mal ganz abgesehen davon, dass sie mit dem Sprung in die Drittklassigkeit einen ersten Schritt aus dem langen Schatten der erfolgsverwöhnten VfL-Frauen machen würden.
Wie gut die Chancen jedoch stehen, dass die Teckstädter 2011 auf DTL-Ebene antreten, kann niemand genau sagen. Auch nicht Trainer Matthias Pohl: „Wir können die Gegner am Samstag nur schwer einschätzen.“ Die heißen TV Hösbach, KTV Ries II, TV Großen-Linden, SUS Stadtlohn, TG Pforzheim-Enz und Exquisa Weilheim und hinterlassen VfL-intern Fragezeichen. Einzig über die beiden Letztplatzierten der Regionalliga Nord und Süd, Hösbach und Ries, hat Pohl im Internet verwertbare Informationen sammeln können. „Die sind recht stabil aufgestellt. Aber nach den anderen zu schielen, bringt sowieso nichts. Wir turnen, was wir können und schauen dann, was dabei herauskommt.“
Ins selbe Horn stößt Andreas Mahler, mit 31 Jahren einer der Routiniers in der ansonsten weitestgehend mit Teenagern besetzten VfL-Mannschaft. „Wir haben nicht schlecht trainiert und eine schlagkräftige Truppe beieinander.“ Diese könnte allerdings noch schlagkräftiger sein, verböten die Statuten der Deutschen Turnliga nicht den Einsatz von Akteuren, die jünger als 15 sind. Dass der VfL hier mit Julian Hausch und dem mehrfachen Deutschen Jugendmeister Felix Pohl (beide 14) auf zwei Topturner verzichten muss, bietet Akteuren aus der zweiten Reihe eine Chance. Aus der Kirchheimer Landesligamannschaft kommen mit Paul Kohnle und Marius Gebhardt zwei erfolgshungrige 18-Jährige. „Die beiden sind richtig motiviert“, weiß Matthias Pohl, der die Stärke seiner Mannschaft, in der morgen auch erstmals Neuzugang Tobias Wahl von Oberligist Süßen zum Einsatz kommen wird, vor drei Wochen in einem internen Wettkampf testete – auch, um die verschiedenen Übungen auf den veränderten Benotungscode umzustellen, der ab der Regionalliga gilt. „Die Übungen sind dadurch schwerer“, weiß Andreas Mahler, der dem Wettkampf trotzdem relativ gelassen entgegensieht. „Wir haben uns auch nicht anders vorbereitet als auf einen Oberligawettkampf.“
Größter Unterschied zum bisher Gewohnten dürfte die Anreise sein. Bereits heute macht sich der VfL-Männertross, zu dem noch Christopher Hahn (29), Simon Paul (20), Daniel Paul (18), Dominik Weber (15) und Markus Benz (35) gehören, mit zwei Kleinbussen auf den Weg ins 340 Kilometer entfernte Biedenkopf in Nordhessen, wo es morgen in der Sporthalle an der Lahnschule ab 10 Uhr ernst wird – der Alles-oder-Nichts-Charakter des Wettkampfs nötigt den Verantwortlichen Respekt ab. „Wenn du in der Liga mal einen schlechten Tag erwischst, kannst du das eine Woche später wieder ausbügeln“, so Matthias Pohl, „ich bin gespannt, wie die Mannschaft am Samstag mit der Situation umgeht, dass eben nur dieser eine Wettkampf entscheidet.“ Einer sieht‘s zumindest gelassen: „Die Welt geht auch nicht unter, wenn‘s mit dem Aufstieg nicht klappt“, sagt Andreas Mahler.
Wenn doch, würden sich die Kirchheimer für die kommende Saison um Ausnahmeregelungen für Felix Pohl und Julian Hausch bemühen. „Die würden wir vom Verband sicher auch erhalten“, glaubt Matthias Pohl, dessen zweiter Sohn Moritz übrigens bereits signalisiert hat, dass er im Falle eines VfL-Aufstiegs unter die Teck zurückkehren würde. Momentan turnt der 19-Jährige bei Nord-Regionalligist KTV Hohenlohe.
Unter diesen Voraussetzungen wären die Teckstädter sicher ein ernstzunehmender Gegner in der Saison 2011. „Die Liga zu halten wird einfacher als reinzukommen“, glaubt Andreas Mahler, „die Mannschaften dort kochen auch nur mit Wasser.“