Ob Bon Scott in seinem (kurzen) Leben jemals Ski gefahren ist? Eher unwahrscheinlich. Dass der 1980 im Alter von 33 verstorbene Sänger der Kultrocker von
AC/DC Bestandteil eines nicht minder kultigen Skirennens wurde, ist dennoch Fakt. „Wenn in der Gondel zum Start ‚Highway to Hell‘ läuft, ist die Anspannung auf dem Höhepunkt“, sagt Alex Amiri. Der 49-Jährige aus Neidlingen gehört zu jener skibegeisterten Truppe aus der Teckregion, die sich seit Jahren der Herausforderung eines der härtesten Jedermann-Rennens der Alpen stellt, dessen Name zur AC/DC-Hymne passt wie der Stiefel in die Bindung: das Inferno.
Zwischen Ambition und Vorsicht
Diese Woche steigt im schweizerischen Mürren die 81. Auflage eines Spektakels, bei dem Skisport, Temporausch, Folklore und Volksfest zelebriert werden – seit Jahren in unterschiedlicher Besetzung mittendrin: Rund ein Dutzend Waghalsige aus Neidlingen, Weilheim, Holzmaden, Bissingen, Dettingen, Albershausen und Zell, die am Samstag auf der 9,5 Kilometer langen Strecke nicht nur als Einzelkämpfer um die jeweils beste Position kämpfen. Als SG Stern will der Schwabentross um Amiri, Frieder Ratzel, Simon Fischer, Rainer Heilemann, Bernd Holl, Peter Herbert, Sebastian Liebler, Thomas Nussbaumer, Sebastian Stolz, Jürgen Taxis und Tim Taxis auch das Resultat aus dem Vorjahr wiederholen, als man in der Teamwertung Platz 14 unter 155 Mannschaften belegte und damit gleichzeitig zweitbeste deutsche Equipe war. „Am wichtigsten ist, dass alle komplett und unverletzt ins Ziel kommen und die Erfahrung gemeinsam feiern können“, sagt Alex Amiri, nicht ohne den persönlichen Ehrgeiz aller SG-Recken zu betonen.
Beispiel Sebastian Stolz: Als 38. des Vorjahres zählte der 29-jährige Neidlinger 2024 zu den absoluten Spitzenfahrern im rund 1850 Teilnehmer großen Feld. „Unter die top 400 zu kommen, ist schon sehr gut“, weiß Amiri um die Herausforderung des Husarenritts mit seinen engen Felsdurchlässen, schmalen Ziehwegen und einer heftigen Kompression, die mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 130 Kilometern pro Stunde bewältigt werden. „Um ambitioniert fahren zu können, muss man den Kopf schon ausschalten“, sagt Alex Amiri, der seit Mitte der 90er-Jahre am Inferno teilnimmt und dafür wie alle seine Teamkollegen eine ganze Woche Urlaub opfert – schließlich hält die Gaudi für besonders Ambitionierte noch einen Nacht-Langlauf am Mittwoch und einen Riesenslalom am Donnerstag bereit. „Wer von uns was fährt, steht noch nicht fest“, verriet Alex Amiri vor der Abfahrt vergangenen Samstag – klar ist nur, dass alle elf Adrenalinjunkies aus der Teckregion am kommenden Samstag im Starthäuschen auf 2790 Metern Höhe stehen werden, um dem Inferno ein Schnippchen zu schlagen.
Der Reiz geht dabei nicht nur für Alex Amiri weit über das Rennen hinaus. Über die Jahre sind dicke Freundschaften entstanden, die von Teamgeist und Traditionsbewusstsein getragen werden. „Das Programm drum herum verleiht dem Ganzen außerdem noch einen besonderen Charakter“, schwärmt er stellvertretend für seinen Teamkollegen vom zünftigen Umzug durch Mürren, bei dem „Guggenmusik“ gespielt und ein symbolischer Holz-Teufel als gutes Omen für die Teilnehmer verbrannt wird – Bon Scott hätte das bestimmt gefallen.