Weinheim. Vor der Abreise zu Olympia ein letztes Mal die Form zu testen, hat beim Deutschen Leichtathletikverband (DLV) Tradition. Für das Feintuning vor dem Ernstfall suchen die Verantwortlichen dabei gerne einen Veranstalter mit schneller Bahn – mit dem Stadion in Weinheim hätte man im Hinblick auf die Leistungsexplosion von Julian Reus dafür keine bessere finden können. Mit der zweitschnellsten Zeit, die je ein Deutscher über 100 Meter gelaufen ist, sorgte der Wattenscheider Sprinter gestern am späten Nachmittag für Aufsehen: In 10,09 Sekunden verbesserte der 24-Jährige nicht nur seine eigene Bestleistung um 16 Hundertstelsekunden, sondern blieb dabei auch nur drei Hundertstel über dem deutschen Uralt-Rekord von Frank Emmelmann aus dem Jahr 1985.
Dass die Weinheimer Bahn für gute Leistungen taugt, bewies auch die Zeit von Tobias Unger. In 10,20 Sekunden war der 33-jährige Kirchheimer so schnell wie seit zwei Jahren nicht. Unger und Reus, im gleichen Lauf bei zulässigen 0,7 Metern pro Sekunde Rückenwind am Start, waren damit die beiden schnellsten der elf DLV-Starter im 20-köpfigen 100-Meter-Teilnehmerfeld.
Motiviert durch ihre jeweils famosen Einzelergebnisse zündeten Reus und Unger mit ihren DLV-Staffelkollegen Lukas Jakubczyk (SSC Berlin) und Alexander Kosenkow (TV Wattenscheid) über 4x100 Meter den Turbo erst richtig. Das Quartett, das in dieser Besetzung schon zu Silber bei der EM in Helsinki gesprintet war, pulverisierte in 38,02 Sekunden den schon so lange anvisierten deutschen Rekord aus dem Jahr 1982 (38,29). Gleichzeitig untermauerten die DLV-Asse damit ihre Ambitionen, im olympischen Finale am 11. August Platz fünf anzugreifen – dass mit dieser Zeit sogar noch mehr drin, zeigt ein Blick zurück: Vor vier Jahren in Peking hätten Unger&Co. in 38,02 Sekunden Silber gewonnen.