Kirchheim. Auf beiden Ebenen hat der VfL derzeit große personelle Probleme. „Nach dem Rückzug aus der Oberliga vor zwei Jahren ist uns ein komplettes Team weggebrochen“, wie Dr. Fabian Preuss sagt. „Das mit ehrenamtlichen Mitarbeitern aufzufangen, ist praktisch unmöglich. Uns fehlt die nötige Manpower. Wir haben auch keinen Topf, aus dem wir Leute bezahlen. Wir tun, was wir können. Dass mehr erwartet wird, ist klar, aber wir müssen uns aufs Notwendigste beschränken. Wir können nicht zaubern.“ Es ist ein Klagelied, das der VfL-Abteilungsleiter anstimmt.
Es fehlt an Leuten, die sich ehrenamtlich zur Mitarbeit zur Verfügung stellen. Ein Problem, mit dem fast jeder Verein zu kämpfen hat, das aber beim VfL besonders ausgeprägt zu sein scheint. Die Folge: Die Wenigen, die mit anpacken, müssen viel machen, oft zu viel, ernten obendrein keinen Dank und verlieren auf Dauer die Lust.
Zum Beispiel Markus Brühl. Der Sportliche Leiter ist im Hauptberuf Autoverkäufer und wohnt in Donzdorf. Um zu Sitzungen oder zu Spielen nach Kirchheim zu kommen, braucht er hin und zurück eineinhalb Stunden. Und das mehrmals die Woche. Ohne finanzielle Entschädigung. Preuss hat einerseits Verständnis dafür, dass Brühl amtsmüde ist und aussteigen möchte. Andererseits hofft er, ihn als wertvollen Mitarbeiter halten zu können. Brühl könnte dann mit weniger Aufwand als bisher dem neuen Sportlichen Leiter zur Seite stehen.
Als Nachfolger hat der Abteilungsleiter einen alten Bekannten im Auge, der zu Oberligazeiten schon einmal die sportlichen VfL-Geschicke lenkte: Kurt Dangel (56), ein gebürtiger Wendlinger, gut vernetzter Logistikleiter einer Elektronikfirma in Frickenhausen. Er wurde bereits vor Monaten angesprochen, verknüpft ein mögliches Engagement jedoch an Bedingungen, die bisher nicht erfüllt wurden.
Was Dangel am VfL kritisiert: „Es werden keine Entscheidungen getroffen, das ist das größte Problem. Die finanzielle Kaderplanung ist noch völlig offen. Man muss doch den Spielern sagen können, was sie beim VfL erwartet. Auch der Trainer braucht Planungssicherheit. Das Vertrauensverhältnis ist nicht mehr da. Es tut mir im Herzen weh, wenn ich sehe, was in Kirchheim los ist.“
Genau das Gegenteil, nämlich „Aufbruchstimmung und brutale Euphorie“ sei bei Landesliga-Aufsteiger Young Boys Reutlingen der Fall, bei dem sich Dangel seit Februar ehrenamtlich einbringt. Er schlägt vor: „Die verantwortlichen Leute müssen sich an einen Tisch setzen, vernünftig miteinander reden und wieder ein Wir-Gefühl schaffen. Da muss auch die Vereinsvorsitzende Doris Imrich dabei sein. Es muss vom Verein ein Signal kommen, dass Fußball in Kirchheim wieder eine Chance bekommt. In der Abteilung braucht es drei, vier Leute, die seriös und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Wenn ich das mache, wird es keine Ein-Mann-Show geben.“
Fabian Preuss weiß, dass die Situation zurzeit unbefriedigend ist. „Seit dem Rückzug von Hauptsponsor Mosolf stecken wir in einem Dilemma. Uns sind die Hände gebunden. Wir können mit den umliegenden Vereinen nicht mithalten und uns nur in dem Rahmen bewegen, der finanziell machbar ist“, erklärt er.
Unter dieser Prämisse wurden gestern Abend die finalen Vertragsgespräche mit den Spielern geführt, die bis nach Redaktionsschluss andauerten. Preuss: „Nach unseren Planungen sollen sechs oder sieben Spieler aus dem jetzigen Kader das Gerüst der neuen Mannschaft bilden. Ansonsten setzen wir auf unsere Jugendspieler. Das ist der Ansatzpunkt für die Zukunft.“
Lässt sich dieses Vorhaben in die Tat umsetzen, dürfte auch Trainer Ralf Rueff seine Zweifel an einer Fortsetzung seiner Arbeit in Kirchheim verlieren. Zumal Preuss bekräftigt: „Wir setzen auf ihn und hoffen, dass er uns erhalten bleibt.“
Im viertletzten Saisonspiel morgen beim VfB Neckarrems auf dem Sportgelände am Hummelberg soll der dritte Sieg in Folge her. „Wir sind gut drauf und ich glaube, wir werden unseren Aufwärtstrend fortsetzen“, gibt sich Rueff optimistisch. Marius Nigl fällt mit Grippe aus. Erster Nachrücker ist Deni Kalfic. Auch Ali Dede Ince steht nach Ablauf seiner Rot-Sperre wieder zur Verfügung. Ein Spaziergang wird es sicher nicht. Neckarrems braucht noch einen Sieg, um alle Abstiegs-Eventualitäten abhaken zu können.