Esslingen. Im TB Neckarhausen sind Flüchtlinge fester Teil der Vereinsfamilie. Für den 1 200 Mitglieder starken Verein in dem 3 000 Einwohner zählenden Nürtinger Teilort war es selbstverständlich, sich den Flüchtlingen gleich nach deren Ankunft zuzuwenden, betonte Vorstandssprecher Gerhard Brodbeck. Er lud sie zum Training ein, zum Freizeitsport, zu Wettkämpfen und zu Festen. Flüchtlinge machen auch bei Arbeitseinsätzen mit. Und der Verein leistete Pionierarbeit, als er eine Stelle für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) schuf und diese mit Firas Abu Kraish aus Syrien besetzte. Der 24-Jährige war der erste Flüchtling, der in Deutschland bei einem Sportverein FSJler wurde.
Seit September leitet der Syrer im Verein, in Kindergärten und an Schulen Sportangebote. Im Gemeinschaftskundeunterricht diskutiert er mit Schülern. In der Schulsozialarbeit wirkt er ebenfalls mit und kümmert sich unter anderem um Flüchtlingskinder in den Deutschvorbereitungsklassen. Der TB erhofft sich, dass er Kindern Freude am Sport vermittelt und zum Bindeglied wird zwischen Verein, Kindergärten und Schulen.
Sport sei für viele Flüchtlinge – meist junge Männer –, die in den Notunterkünften in beengten Verhältnissen wohnten, eine willkommene Abwechslung, sagte Landrat Heinz Eininger. Damit komme etwas Struktur in ihren Alltag. Man könne nicht nur von Flüchtlingen verlangen, dass sie sich integrieren, die Gesellschaft müsse dafür auch gute Bedingungen schaffen, betonte er. „Integration ist keine Einbahnstraße.“ Vereine könnten zudem „ein Stück Heimat bieten“. Bei gemeinsamen Aktivitäten werde „aus dem abstrakten Flüchtling ein konkreter Mensch“.
Der Landrat und der Vorsitzende des Sportkreises Esslingen, Kurt Ostwald, freuten sich, dass viele Vereinsvertreter zu der Veranstaltung im Landratsamt gekommen sind. „Der Sport ist der perfekte Ort für die Integration“, sagte Ostwald. Steuerliche Fragen und Versicherungsfragen seien inzwischen gelöst. Er verwies wie David Scholz vom WLSB darauf, dass es schon zahlreiche Angebote gebe. Der Sportwissenschaftler riet Vereinen, sich mit der Lebenswelt der Flüchtlinge und deren Vorstellungen zu beschäftigen, wenn sie ihnen Angebote unterbreiten. Wichtig sei es aber auch, vorab die eigenen Ressourcen zu prüfen, weil sonst die Gefahr der Überforderung drohe.
Frauen bildeten zwar eine Minderheit unter den Flüchtlingen, sollten aber nicht vergessen werden, mahnte Scholz. Allerdings müssten hier kulturelle und religiöse Gegebenheiten beachtet werden. So könnte ein abgegrenzter, von außen nicht einsehbarer Raum wichtig sein. An Kinderbetreuung sollten die Vereine ebenfalls denken. Gymnastik und Tanz seien gute Angebote für den Einstieg. Als positives Beispiel nannte er das Radfahren speziell für Frauen, das ein Freiburger Verein anbietet.