Die Fußballabteilung des VfL Kirchheim steht seit vergangenen Donnerstag ohne gewählten Leiter da. Im Rahmen der Abteilungsversammlung fand Marc Butenuth, der die rund 550 Mitglieder starke Sparte seit fünf Jahren anführt, keine Mehrheit bei den Neuwahlen – obwohl der 47-Jährige keinen Gegenkandidaten hatte. Von den 23 anwesenden stimmberechtigten Mitgliedern verweigerten elf Butenuth die Gefolgschaft, zehn votierten bei zwei ungültigen Stimmen für ihn.
Der überraschende Gegenwind – die Abteilung steht sportlich, organisatorisch und finanziell eigentlich gut da – bläst Butenuth offenbar aus Reihen der Frauensparte entgegen. Dort haben sich die Verantwortlichen dem Vernehmen nach in der Vergangenheit bei manchen Themen nicht ausreichend gehört und wertgeschätzt gefühlt. Angelo Docimo, der den weiblichen Bereich an der Jesinger Allee aufgebaut hat und die Aktiven sowie die U17 trainiert, will sich dazu nicht äußern. Nur so viel: „Die Schuld jetzt bei den Mädels abzuladen, ist nicht richtig“, sagt er und verweist an Marc Eisenmann, der in seiner Funktion als Gesamtvereinsvorsitzender nun das weitere Vorgehen koordiniert.
„Ich vermute, dass das eine Art Denkzettel war“, sagt Eisenmann, der bemüht ist, den sprichwörtlichen Ball flach zu halten. „Ich möchte für dieses Thema nicht mehr Aufmerksamkeit, als es verdient“, betont er, der bereits diese Woche die Wogen zu glätten versucht: Am heutigen Dienstag trifft er sich mit Angelo Docimo, am Donnerstag will er vor dem Training der Frauenmannschaft die Stimmung bei den Spielerinnen ausloten. Kommende Woche Dienstag sollen dann im Rahmen einer „Zukunftswerkstatt“ die Weichen für einen Neustart gestellt werden, der am 17. Oktober vollzogen werden soll. An jenem Donnerstag findet eine außerordentliche Mitgliederversammlung statt.
Ob sich Marc Butenuth, der die Abteilung bis dahin kommissarisch leitet, dann erneut zur Wahl stellt? „Ich habe mich noch nicht entschieden, will das erstmal sacken lassen“, sagt er, der sich vergangenen Donnerstag mit dem Plan zur Wahl stellte, in den kommenden beiden Jahren den Übergang in der Abteilung zu gestalten und einen Nachfolger aufzubauen, der sich im besten Fall aus dem Team hinter dem Team finden ließe.
Dieses ist seit Butenuths Amtsantritt deutlich breiter aufgestellt. Im sportlichen Bereich der Aktiven ziehen die Ohran-Brüder Armin und Almir die Strippen, für Finanzen und Sponsoring zeichnen mit Marcel Helber und Markus Großhans arrivierte Ex-Spieler verantwortlich und als designierter Jugendleiter steht Luca Traub parat. „Klar hängt es jetzt davon ab, ob alle nach den Vorkommnissen weitermachen wollen“, weiß Marc Eisenmann, „aber wenn wir jetzt im Dialog bleiben, sollte es in vier Wochen keine Überraschungen geben und das Ganze geht als Anekdote in die VfL-Historie ein.“
Auch Marc Butenuth streckt bei aller Verärgerung über Befindlichkeiten von Einzelpersonen weiterhin die Hand aus. „Mir ist wichtig, dass jetzt nicht auf den Mädels rumgehackt wird, die können am wenigstens dafür. Aber die Dinge müssen einfach klar benannt werden“, wünscht er sich in Zukunft klare(re) An- und Aussagen, sollte jemand ein Anliegen haben. „Unser Ziel ist nach wie vor, attraktiven Frauenfußball anzubieten und das organisatorisch in unser Gesamtkonzept einzubauen.“
Sieben in zwei Jahrzehnten: Die VfL-Abteilungsleiter der vergangenen 20 Jahre
Winfried Scholz: Der gebürtige Westfale übernimmt 2004 den Posten in der bis dahin schwersten finanziellen Krise der Abteilung. Altlasten in Höhe von 240 000 Euro zwingen Scholz zu einem knallharten Konsolidierungskurs, der bis zu seinem Rückzug zwei Jahre später Erfolg hat.
Dr. Jörg Mosolf: Nachdem Scholz seinen Rückzug bekannt gegeben hat, wird der Kirchheimer Unternehmer im April 2006 zu seinem Nachfolger gewählt. In seine Amtszeit fällt sowohl die Rückkehr in die Oberliga unter Trainer Michael Rentschler 2007 als auch der beispiellose Rückzug der Mannschaft vier Jahre später infolge einer Etatlücke im sechsstelligen Bereich.
Doris Imrich (1): Die Gesamtvereinsvorsitzende muss die Abteilung von Ende September bis November 2011 kommissarisch leiten, nachdem sich kein Nachfolger für Jörg Mosolf hatte finden lassen. Dieser war im Zuge des finanziell bedingten Aus der Oberligamannschaft zurückgetreten.
Detlef Pflüger: Der langjährige VfL-Funktionär lässt sich im November 2011 zum neuen Abteilungsleiter wählen, macht jedoch von Beginn an klar, dass er den Posten nur übergangsweise bekleiden will.
Dr. Fabian Preuß: Der Jurist aus Jesingen übernimmt im Juli 2012 gemeinsam mit Frank Sedlmayer offiziell die Führung der VfL-Fußballer. Beide hatten Detlef Pflüger mit anderen bereits seit Jahresbeginn unterstützt – mit Erfolg: Zur Saison 2012/13 kann der VfL mit einer Mannschaft in der Verbandsliga antreten, muss dort aber ebenso sang- und klanglos die Segel streichen wie ein Jahr später in der Landesliga.
Doris Imrich (2): Nachdem der VfL unter seiner Führung innerhalb von zwei Jahren in die Bezirksliga abstürzt, dabei fünf Trainer und etliche Funktionäre verschleißt, tritt Fabian Preuß im Oktober 2014 zurück. VfL-Chefin Imrich muss die rund 500 Mitglieder starke Abteilung zum zweiten Mal binnen drei Jahren kommissarisch übernehmen
Oliver Klingler: Nach Preuß‘ Abgang zunächst noch im Hintergrund die Strippen ziehend, stellt sich der Kirchheimer A-Jugendtrainer und langjährige VfL-Spieler im Januar 2015 offiziell zur Wahl. Gemeinsam mit Claus Maier, Armin Meißner und Karl Magg leitet er die Geschicke der Abteilung. Unter seiner Federführung schaffen die zwischenzeitlich in die Kreisliga A abgestiegenen Kirchheimer 2016 die Rückkehr in die Bezirksliga.
Marc Butenuth: Im April 2019 übernimmt der Geschäftsführer eines Kirchheimer Maschinenbauunternehmens den Posten von Oliver Klingler, der dem VfL als Trainer der ersten Mannschaft erhalten bleibt. Unter Butenuths Führung wächst nicht nur das Funktionärsteam und stabilsiert sich, der VfL kehrt 2023 im zweiten Anlauf via Relegation wieder auf Verbandsebene zurück. Nach einer Saison Landesliga spielt der VfL inzwischen wieder in der Bezirksliga. Peter Eidemüller