Lokalsport
VfL-Handballer spielen die blaue Karte

Handball Die Abteilung will sich unter neuer Führung vom Kollaps nach dem Verbandsliga-Abstieg erholen. Den mühsamen Weg zurück zu alter Klasse will man ohne den letztjährigen Partner TSV Weilheim schaffen. Von Bernd Köble

Für machen "Blauen" ein rotes Tuch: Martin Rudolph, bis zuletzt Handball-Abteilungsleiter des VfL Kirchheim und Stammkraft in der Verbandsliga-Mannschaft, im Trikot des TSV Weilheim. Foto: Markus Brändli

Jeder Verein braucht ihn, doch machen will ihn keiner. Ohne den Job an der Abteilungsspitze fehlt die ordnende Hand, bestenfalls jemand, der – wo nötig – ein Machtwort spricht. Oder ganz allgemein: eine Perspektive. Insofern ist Hannah Pegios nicht zu beneiden. Die 26-jährige Multisportlerin ist seit diesem Monat neue Handball-Abteilungsleiterin im VfL Kirchheim. Ihre Jobbeschreibung: Den ehemaligen Oberligisten aus der Bedeutungslosigkeit führen, die erste Männermannschaft wieder zum Aushängeschild machen. Der erste Schritt: Nach einer Saison der Kooperation mit dem TSV Weilheim in der Bezirksliga haben die „Blauen“ das Projekt aufgekündigt. Ein Jahr nach dem folgenreichen Abstieg aus der Verbandsliga ist beim VfL der Neubeginn geplant.

Die Frage, die sich stellt: Wo und mit wem? Die sieben Abtrünnigen, darunter Leistungsträger wie Martin Rudolph, Leonard Real oder Julian Mikolaj, werden in Weilheim bleiben und dort die gerade knapp gescheiterte Mission Landesliga-Aufstieg erneut anpacken. Der eigentliche Nährboden aus dem jetzt die neue VfL-Männermannschaft erwachsen soll, wäre zuletzt um ein Haar in der Kreisliga B versandet. Die ehemalige „Zweite“, die unvermittelt zur „Ersten“ wurde, entging als Drittletzter gerade noch dem Abstieg in die Sicherheitsliga.

Also muss es mittelfristig der Nachwuchs richten. Doch auch der wird zum Problem: Der harte Kern der künftigen A-Jugend, die ebenfalls ein Gemeinschaftsprojekt mit dem TSV Weilheim ist, wechselte der besseren sportlichen Perspektive wegen zur HSG OLE ins Lenninger Tal. Mit der Spielgemeinschaft werden die aussichtsreichsten VfL-Talente des neuen Jahrgangs nach erfolgreicher Quali künftig in der Württembergliga an den Start gehen. Der Aderlass des VfL geht also weiter, auch perspektivisch.

Martin Rudolph, bis Mai noch Abteilungschef beim VfL, sieht sich bestätigt. Rudolph ist ein Kind der SG Teck, hat als Heranwachsender im Jugendverbund des TSV Weilheim und des TSV Owen erste Erfolge gefeiert. Dass es in direkter Nachbarschaft nicht gelungen ist, auf breiter Basis die
 

„Ich sehe, wie rings um uns herum die Vereine ausbluten.
Martin Rudolph
Der ehemalige VfL-Abteilungsleiter hält Kooperationen im Handball für überlebenswichtig.
 

Kräfte zu bündeln, hält er für einen eklatanten Fehler. „Ich sehe, wie rings um uns herum die Vereine ausbluten“, sagt er. „Nachdem sich die Jugendbereiche in allen Teckvereinen erholt haben, wäre es immer noch an der Zeit, umzudenken.“ Ohne sportliche Perspektive, spricht Rudolph aus eigener Erfahrung, lassen sich ambitionierte Talente in keinem Verein zum Bleiben überreden.

In Kirchheim sieht man das mehrheitlich anders. In der Mitgliederversammlung Anfang Mai waren die Befürworter eines eigenen Kirchheimer Wegs in der Überzahl. Hannah Pegios, die in dieser Runde zur neuen Abteilungsleiterin gewählt wurde, wirbt um Geduld. Die eigene Jugend verzeichne im Moment einen starken Zulauf, sagt die 26-Jährige. Die Entscheidung, den VfL unter eigener Flagge weiter zu entwickeln, sei das Ergebnis eines längeren Prozesses, den man gemeinsam in einer Zukunftswerkstatt vorangetrieben habe. „Wir gehen mit Weilheim nicht im Streit auseinander“, will Pegios nichts für immer ausschließen, sagt aber:. „Ich bin jetzt guter Dinge. Es wird ein längerer Weg werden. Doch wenn wir weiter solchen Zulauf haben, geht es irgendwann auch wieder nach oben.“

Zumindest für die Frauen gilt das heute schon. Die erste Mannschaft, zu der auch Hannah Pegios zählt, hat gerade den Aufstieg in die neue Bezirksoberliga geschafft. Im Männerbereich hofft man nun auf den einen oder anderen Rückkehrer aus der Mannschaft, die nach dem Verbandsliga-Abstieg sich in alle Winde zerstreut hat. Was Pegios einfordert ist ein hehres Gut, ob es bei Spielern zieht, eine ganz andere Frage: Solidarität. „Es geht auch um die Verbundenheit mit seinem Heimatverein“, meint sie „Dass muss jetzt der Antrieb sein. Die Liga ist es erstmal nicht.“

Und in Weilheim? Dort schaut man dem Treiben gelassen zu. Schließlich ist der TSV mit weiterhin sieben VfL-Kräften an Bord Nutznießer – zumindest in der neuen Saison unter Trainer Matthias Briem, der erneut Anlauf nimmt auf die Landesliga. „Die Mannschaft findet sich immer besser“, sagt TSV-Sportchef Harald Lehmann und betont: „Wir wären einer langfristigen Zusammenarbeit nicht abgeneigt gewesen“.