Dreimal Zweite, einmal Dritte und schon jetzt die größte Überraschung bei den Paralympics: Linn Kazmaier aus Oberlenningen hat mit ihrem vierten Edelmetall in Peking ihren Platz in den Annalen des Behindertensports sicher. Am Freitagmorgen deutscher Zeit gewann die 15-Jährige mit ihrem Guide Florian Baumann (Balzholz) im Biathlonrennen über 12,5-Kilometer Silber hinter der Ukrainerin Olga Syskova. „Vielleicht ganz kurz“, habe sie sich geärgert, dass es so knapp war, ließ Kazmaier später durchblicken. „Aber ich habe mir heute nichts vorzuwerfen. Wir haben ein Superrennen geliefert.“
Dass die 15 Jahre ältere Ukrainerin, die ebenso wie Kazmaier im Schießen fehlerfrei geblieben war, im Ziel nur 3,6 Sekunden Vorsprung hatte, zeugt nicht nur vom außergewöhnlichen Talent der jüngsten deutschen Paralympicsteilnehmerin, sondern auch von der erfolgreichen Trainingsarbeit. „Man sieht schon, dass sie Grundlagenausdauer, Schnellkraft und Sprintvermögen hat“, freut sich Ralf Mutschler – der Kirchheimer hat Linn Kazmaier jahrelang bei der LG Teck trainiert und sie vergangenes Jahr in die U20-Nationalmannschaft der Para-Leichtathleten gebracht. „Sie war 2021 die schnellste Läuferin weltweit über 1500 Meter“, betont Mutschler, der nach wie vor Trainigspläne schreibt, seit Kazmaier vergangenen September ins Sportinternat nach Freiburg umzog. „Das Fernziel sind die Paralympics 2024 in Paris“, so Mutschler, „es ist sehr realistisch, dass sie das schafft.“
Auch der Vorsitzende der LG Teck ist mächtig stolz auf das Multitalent aus dem Täle. „Einfach unglaublich“, sagt Martin Moll, der kommende Woche im Rahmen einer Ausschussitzung der LGT überlegen will, wie man Kazmaier bei ihrer Rückkehr gebührend empfangen könnte. Bereits für die Reise nach Fernost hatte der Verein seinem Schützling ein T-Shirt mit den Unterschriften aller Mitglieder geschenkt. „Dass sie für eine Überraschung sorgen könnte, war klar“, sagt Moll, „aber dass es gleich vier Medaillen werden, hätte ich nicht gedacht.“
Und es nicht ausgeschlossen, dass noch eine fünfte dazu kommt: Am Samstag um 4.20 Uhr morgens deutscher Zeit startet Linn Kazmaier über zehn Kilometer im Langlauf. Nachdem eine deutsche Staffel nicht zustande kommt, wird es der letzte Paralympics-Einsatz der Oberlenningerin sein – zumindest in Peking.