Gerüchte, Spekulationen und jede Menge Unklarheiten: Kurz nach Saisonende sind nicht nur im Handballbezirk Esslingen-Teck viele Fragen offen. Wer spielt künftig wo und mit wem? Wer steigt auf, und welche Mannschaften treffen in Entscheidungsspielen aufeinander? Die Fusion der drei Handballverbände aus Württemberg, Baden und Südbaden zu einem Landesverband im Südwesten ist Teil des großen Stühlerückens im gesamten Deutschen Handballbund (DHB).
Weilheim geht überraschend rauf
Fest stand: Für die Teckvereine ist die Abschlussrunde unterm Dach des HVW eine der erfolgreichsten der Geschichte und spiegelt die generelle Dominanz der Württemberger im künftigen Landesverband wider. Neben Aufsteiger HSG OLE hatte auch der TSV Weilheim als Tabellenvierter die große Chance, aus dem neuen Bezirk 3 in eine der acht Landesliga-Staffeln mit jeweils zwölf Mannschaften einzuziehen. Mit den Weilheimer Frauen (Bezirksoberliga) und der zweiten Männermannschaft (Bezirksklasse) haben zwei weitere Limburg-Teams als Meister den Aufstieg geschafft. In den Einzelverbänden rauchen zurzeit die Köpfe von Funktionären. Es wird gerechnet, verglichen, gewichtet. Seitherige Lesart im Fall Weilheim: Auf die Roten wartet ein Entscheidungsspiel um den Landesliga-Aufstieg gegen einen Vertreter aus Südbaden. Am Dienstag um 16.20 Uhr war dann plötzlich alles anders. Beim designierten Bezirksvorsitzenden Markus Belser ging die Nachricht ein, die sich im Anschluss wie ein Lauffeuer verbreitete: Weilheims „Erste“ kann als vierter Direktaufsteiger seiner Staffel für die Landesliga planen. Ein Szenario, das Belser kurz zuvor noch dementiert hatte: Nichts sei entschieden, allerdings auch nichts ausgeschlossen. Der Weilheimer Direktaufstieg – aus seiner Sicht aber eher unwahrscheinlich. „Vier Direktaufsteiger aus einer Staffel in unserem Bezirk, das kann ich mir schwer vorstellen.“ Inzwischen ist Belser schlauer. Und nicht nur das: Aus der Landesliga kommt auch kein Absteiger zurück in den Bezirk.
Bohm übernimmt HSG-Frauen
Altes und neues Aushängeschild des Teckhandballs sind die
HSG-Frauen, die mit der Mission Verbandsliga die wohl größte Herausforderung zu meistern haben. Während es bei den Männerteams in Weilheim (Matthias Briem) und Lenningen (Volker Pikard) mit bewährtem Personal weitergeht, übernimmt Miriam Bohm die Verbandsliga-Frauen der Handballspielgemeinschaft aus Owen und Lenningen. Die 42-jährige Pädagogin schaffte es als Spielerin mit ihrem Stammverein HC Wernau bis in die BWOL, beendete vor zwölf Jahren ihre aktive Karriere mit der HSG Ebersbach/Bünzwangen in der Württembergliga und betreute zuletzt als Co-Trainerin die Drittliga-Frauen der SG Schozach-Bottwartal. Gleichzeitig arbeitet Bohm, die in Esslingen wohnt und an der Reichenbacher Realschule unterrichtet, als Stützpunkttrainerin im HBW-Leistungszentrum in Nellingen. In Lenningen hat sie vor allem das Ausbildungs-Konzept überzeugt, das einem klar formulierten Ziel folgt: Vorfahrt für den eigenen Nachwuchs. „Wenn du als eingespielte Mannschaft diesen Schritt gemeinsam gehst, kann das ein Vorteil sein“, meint Bohm zum Aufstieg, der ohne namhafte Verstärkung gestemmt werden soll. Das Wagnis bleibt, auch wenn es sich zur Stunde kaum einschätzen lässt, weil völlig offen ist, wer die künftigen Gegner sein werden. Fest steht: Die Erfahrung fehlt, das Potenzial ist vorhanden. „Ich sehe schon Spielerinnen in der Mannschaft, die in dieser Liga bestehen können“, sagt die künftige Trainerin und erkennt vor allem eines: „Luft nach oben.“
VfL: Neubeginn mit Dotschkal
Unter der Teck lohnt sich ein Abstecher vier Etagen tiefer in die Bezirksklasse 2, wo der VfL Kirchheim die Saison als Fünfter beendet hat. Zwar spielen die Männer beim VfL weiterhin nur die zweite Geige, auch wenn die Frauen die Chance auf die Relegation in der Bezirksoberliga auf der Zielgeraden noch vergeigt haben. Trotzdem will der VfL mit einer runderneuerten Männermannschaft durchstarten. Hoffnungsträger ist Neu-Trainer Marius Dotschkal, zuletzt beim Landesligisten in Zizishausen auf der Bank. Er soll dem VfL nach der historischen Zäsur und dem Zerfall der Verbandsliga-Mannschaft vor zwei Jahren neue Ziele vor Augen führen. Dotschkal der Mann für die schwierigen Fälle? Nach dem Ende der Ära Eisenbeil war er vor drei Jahren schon einmal bei den Blauen im Gespräch. „Ich hatte schon immer einen guten Draht zum VfL“, sagt er. Der Neuaufbau in der einstigen Handball-Hochburg reizt ihn. Die Basis sei gelegt. Von einem engagierten Team um den neuen Sportlichen Leiter Sebastian Hübsch und mit einigen Rückkehrern in der Mannschaft. Dotschkal ist kein Lautsprecher, aber auch keiner, der Zurückhaltung übt, wenn er sich seiner Sache sicher ist: „Wir wollen in dieser Saison definitiv aufsteigen.“
Rot-blaue Kooperation beendet
Damit ist auch klar: Das angekündigte Kooperationsmodell von VfL und TSV Weilheim entpuppt sich nach knapp zwei Jahren als Rohrkrepierer. Halbherzig angegangen, nie wirklich forciert und mit oppositionellen Kräften auf beiden Seiten konfrontiert, redet inzwischen kaum mehr jemand von gemeinsamer Zukunft. Mit Kreisläufer Nico Heilemann und Torgarant Julian Mikolaj werden zwei der Überläufer aus der damaligen Kirchheimer Verbandsliga-Mannschaft zum VfL zurückkehren. Mikolaj wird im Sommer 38 Jahre alt und will seine sportliche Laufbahn in seinem Stammverein ausklingen lassen. Einst Wechselwillige wie Patrick Lippkau und Vinzent Kornmann tragen längst wieder das VfL-Wappen auf der Brust. Dafür wechselt mit Spielmacher Sammy Gotthardy ein ehemaliger Kirchheimer – zuletzt in Diensten des TSV Köngen – unter die Limburg. Für die einstigen VfL-Stammkräfte Martin Rudolph und Leo Real dagegen geht die Reise im Weilheimer Trikot offenbar weiter – in der Landesliga.