Grade war Lauftreff-Leiter Alexander Rehm noch in der Stadt um zu schauen, ob am Rathaus alles in Ordnung ist. „Die Frau-Holle-Hütte ist weg und der Adventskalender auch. Passt also alles“, ist Rehm zufrieden. Auch die letzten Lücken in der Helferliste konnte der Kirchheimer dieser Tage noch füllen. „Wenn da kurz vor Weihnachten noch Leute fehlen, werde ich immer etwas nervös“, gibt Rehm lachend zu. Doch wie jedes Jahr haben sich wieder mehr als 35 Freiwillige gefunden, die am Rathaus, entlang der Strecke und am Hörnle oben mithelfen. Dort wird es auch wieder eine Getränkestation mit Tee geben, und erstmals auch Bananen. „Dank eines neuen Sponsors probieren wir das jetzt mal“, so Rehm über einen Lebensmittel-Discounter, der die Traditionsveranstaltung ebenso unterstützt wie einige Bäckereien, die mit ihren Spenden für die Verpflegung im Ziel am Rathaus sorgen.
Los geht es wie im vergangenen Jahr zu zwei verschiedenen Uhrzeiten. Der erste Startschuss fällt um 14.30 Uhr am Rathaus, der zweite wie immer um 15 Uhr. „Wobei wir ganz klar empfehlen so loszulaufen, dass man nicht viel früher als 16.45 Uhr am Rewe ist. Sonst steht man da rum und friert, bis die Fackelläufer losgehen.“
Denn so warm wie im vergangenen Jahr soll es nicht werden. Da herrschten mehr als 20 Grad bei strahlendem Sonnenschein. Morgen sollen es neun werden. „Und leider ist auch Regen vorhergesagt. Aber das heißt gar nichts. Am verregnetsten Tag hatten wir unseren Teilnehmerrekord“, erinnert sich Alexander Rehm an das Jahr 2017, als sich sage und schreibe 603 Läuferinnen und Läufer auf die Teck hinauf wagten. Ohnehin gab es wettermäßig schon alles, von besagten 20 Grad bis hin zur reinen Schlammschlacht oder eisigen Rutschpartie. „Ich mach mir da eher Gedanken weil gefühlt jeder Vierte gerade Corona hat oder einfach so erkältet ist“, sagt der Lauftreff-Leiter, der bei der Vorbereitung immer gerne nochmal einen Blick in die Statistik wirft. „Wir veranstalten jetzt die 42. Auflage. Bis auf das Jahr 1999, als der Lauf wegen des Sturms Lothar ausgefallen ist, hat er immer stattgefunden. 2021 hatten wir in ganz Baden-Württemberg sogar als einzige einen Silvesterlauf“, erinnert sich Rehm. Damals ging es wegen Corona nur in Fünfer-Gruppen auf die Teck. „Weil da viele gesagt haben, dass sie nur wegen des größeren Zeitfensters mitgelaufen sind, haben wir uns für eine zweite Startzeit entschieden“, erklärt Rehm, warum auch in diesem Jahr bereits um 14.30 Uhr losgelaufen werden darf. „Und selbst zweieinhalb Stunden sind für diesen Lauf ambitioniert“, weiß Rehm, der nun hofft, dass sich morgen wieder viele der Herausforderung stellen.
Sind zwei Startzeiten sinnvoll?
Kommentar
Sandra Langguth
Pro
Für die einen ist es das letzte sportliche Aufbäumen des Jahres, für die anderen eine willkommene Gelegenheit zur neuen Bestzeit zu rennen, und wieder andere sehen den Silvesterlauf auf die Teck einfach als schönes Event zum Ende des Jahres, bei dem man auch mal wieder Menschen trifft, die einem schon länger nicht über den Weg gelaufen sind. Alle haben eine Daseinsberechtigung, und allen wollen die Veranstalter vom Lauftreff deshalb auch gerecht werden. Dass zwei Startzeiten nicht jedem passen, war vorherzusehen. Doch für die allermeisten scheint die zusätzliche halbe Stunde ein willkommenes Zeitgeschenk für die 18 Kilometer lange Strecke zu sein. Keine Hetze, Zeit zum Schwätzen, Gelegenheit für ein paar Fotos – das haben im vergangenen Jahr viele genossen. Da der Lauf seit jeher ohne Anmeldung, Zeitnahme oder Siegerehrung auskommt, steht ohnehin das Gemeinschaftsgefühl im Vordergrund. Während das für die einen der gemeinsame Start ausmacht, ist es für die anderen eben das Erlebnis unterwegs.
Peter Eidemüller
Kontra
Ob Heraklit jemals einen Berg hinaufgerannt ist? Immerhin dient eines der bekanntesten Zitate des griechischen Philosophen den Verantwortlichen des Silvesterlaufs als Argumentationsgrundlage für den größten Einschnitt ins Prozedere seit der Premiere 1981: „Nichts ist so beständig wie der Wandel“, betont Lauftreffleiter Alexander Rehm gebetsmühlenartig, seit er und seine Mitstreiter sich vergangenes Jahr entschlossen, zwei Startfenster für die Hatz auf die Teck anzubieten – gemeinsam anzukommen sei wichtiger, als gemeinsam zu starten, macht Reformer Rehm klar. Dass man damit für mehr als nur gerümpfte Nasen bei Traditionalisten sorgt, die im gemeinsamen Start das Wesen des Silvesterlaufs verorten, zeigen die Reaktionen langjähriger Teilnehmer: Nicht wenige wollen sich morgen in Eigenregie auf anderen Pfaden Richtung Teck aufmachen, um von dort wenigstens den Rückweg gemeinsam bestreiten zu können – ob das Thema das Teilnehmerfeld dauerhaft sprengt? Heraklit weiß Rat: Die schönste Harmonie entsteht durch Zusammenbringen der Gegensätze.