Stuttgart. Seit der WFV 2013 eigens seine Spielordnung geändert hat, um sportrechtlich auffällige Vereine, Mannschaften und Spieler zu Maßnahmen im Bereich der Gewaltprävention zu verpflichten, mussten von den rund 1 800 in Württemberg organisierten Mannschaften rund 20 Teams und zusätzlich 150 Einzelspieler in die Verlängerung im Seminarraum. Dort bietet der Verein „Zweikampfverhalten“ aus Hamburg Workshops zum Thema Respekt, Fairness und Konfliktlösung. Von Sozialarbeitern, Kriminologen, Coolness- und Anti-Aggressivitätstrainern sollen kickende Hitzköpfe lernen, wie man handgreifliche Auseinandersetzungen auf und neben dem Spielfeld vermeidet (siehe Interview und Infokasten).
Dass unter den Teilnehmern der Anteil an Mannschaften und Spielern aus unterklassigen Ligen überproportional groß ist, hat für WFV-Sprecher Heiner Baumeister zwei Gründe. „In den unteren Ligen finden wesentlich mehr Spiele statt, die außerdem mit nur einem Schiedsrichter besetzt sind. Ab der Landesliga leiten Gespanne die Partien.“
Just die pfeifende Zunft war es auch, die mit dem Wunsch an den Verband herangetreten war, sich der Gewaltproblematik anzunehmen. Schließlich sind in den meisten sportrechtlich behandelten Fällen Schiedsrichter betroffen.
So auch im Fall, der zuletzt im Bezirk Neckar/Fils für Schlagzeilen gesorgt hat. Wegen vermeintlich umstrittener Entscheidungen des Unparteiischen war es im November während des Bezirksligaspiels SGM T/T Göppingen gegen FV Faurndau zu Tumulten zwischen Spielern, Funktionären und Zuschauern gekommen. Den Göppingern war deswegen Anfang Februar neben einer Geldstrafe in Höhe von 800 Euro wegen Vernachlässigung der Platzdisziplin auch die Teilnahme an einem Workshop mit „Zweikampfverhalten“ aufgebrummt worden, der am kommenden Samstag in Stuttgart stattfinden soll.
Bei Nicht-Erscheinen oder nicht ausreichend begründetem Fehlen kann der Verband eine Mannschaft oder Spieler übrigens sperren. Seit Bestehen der Kooperation mit „Zweikampfverhalten“ sind laut Heiner Baumeister 15 Einzelspieler und ein komplettes Team aus dem Verkehr gezogen worden. Der WFV-Funktionär verschweigt nicht, dass es dabei mehr Täter mit Migrationshintergrund gebe, diese umgekehrt jedoch auch gezielt(er) provoziert würden.
Ob und wie erfolgreich die Workshops sind, lässt sich dabei nur erahnen. „Wir hatten bisher keinen Verein oder Einzeltäter zwei Mal da“, sagt Baumeister, der trotzdem weiß, dass in Sachen exakter Evaluierung noch Nachholbedarf besteht. Zumal der WFV in Sachen Gewaltprävention einen hohen personellen und finanziellen Aufwand betreibt, der gerechtfertigt sein will.
Wohl auch deshalb scheuen andere Verbände bislang einen ähnlich offensiven Umgang mit dem Thema wie die Württemberger. Dabei legen Statistiken nahe, dass vor allem urbane Verbände sogar noch größere Probleme mit Gewalt auf dem Fußballplatz haben. Kaum zufällig hat sich der Verein „Zweikampfverhalten“ in Hamburg gegründet, wo sich Schiedsrichter erst im Herbst mit Brandbriefen an die Öffentlichkeit gewandt hatten, um auf die ausufernde Gewalt gegenüber den Unparteiischen auf den Fußballplätzen der Hansestadt hinzuweisen.