Hans Gerhard Hahn ist einer der Baumeister der JSG Echaz-Erms
„Wichtig ist, dass man nicht
den schnellen Erfolg erwartet“INTERVIEW

Die männliche B-Jugend steht im Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft. Die JSG Echaz-Erms, gemeinsames Jugendprojekt des Handball-Bundesligisten TV Neuhausen und des BW-Oberligisten VfL Pfullingen, trägt Früchte. Hans Hahn, Jugend-Koordinator im Ermstal, weiß, worauf es ankommt, wenn Handball-Vereine ein gemeinsames Ziel verfolgen.

Sie haben viele Jahre Kooperationserfahrung als Jugend-Koordinator im Ermstal und Sie waren um die Jahrtausendwende Trainer in Lenningen, als das Thema Fusion erstmals ernsthaft diskutiert wurde. Was wären aus Ihrer Erfahrung die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit der Vereine in der Teckregion?

Hahn: Das Wichtigste ist: Man braucht eine klare Zielvorgabe. Es muss klar formuliert sein, wohin man will. Es braucht Leute in den Vereinen, die sagen, Bezirks- oder Landesliga ist uns zu wenig. Wir wollen höher und das nicht nur für ein Jahr. Wenn man das Niveau in Weilheim, Kirchheim, Owen und Lenningen über die vergangenen zehn Jahre betrachtet, ist das mehr oder weniger gleich geblieben. Momentan bewegt man sich am unteren Level. Wenn sich nichts an den Rahmenbedingungen ändert, wird dies auch so bleiben. Dass es einer alleine dauerhaft nach oben schafft, halte ich für unwahrscheinlich. Den Sprung in die Württembergliga sehe ich nach heutigem Stand als die größte Hürde. Es wird zwar immer Jahrgänge in den einzelnen Vereinen geben, die außergewöhnlich gut sind. Auf lange Sicht ist das aber zu wenig. Nachhaltigkeit auf hohem Niveau ist für alle vier Vereine alleine schwer zu leisten.

Sie waren damals Trainer in Lenningen, Enrico Wackershauser in Owen am Ruder. Beide klare Befürworter einer Fusion und beide mit dem nötigen Fachwissen ausgestattet. Warum hat sich zumindest im Lenninger Tal damals trotzdem nichts bewegt?

Hahn: Als Trainer waren wir beide ja nur Angestellte. Als solche kann man Vorschläge machen und seine Meinung äußern. In beiden Vereinen gab es damals aber zu wenig Personen in führender Position, die das befürwortet haben. Die Zeit war einfach noch nicht reif. Die Köpfe hinter so einem Projekt sind das Wichtigste. Das müssen Leute sein, die das aus voller Überzeugung tragen und wenn nötig auch verteidigen, ohne Ansehen der Person. Wenn es in jedem Verein ein paar solcher Leute gibt, dann läuft‘s. Heute meine ich, wäre mit einer Spielgemeinschaft die Württembergliga in Owen dauerhaft zu halten gewesen.

Als kleinster gemeinsamer Nenner übrig geblieben ist die SG Teck als Kooperationsmodell zwischen den Vereinen in Owen und Weilheim. Was ist das Hauptproblem der SG aus Ihrer Sicht?

Hahn: Das Hauptproblem ist, dass beide Vereine nächste Saison in der gleichen Liga spielen. Wenn aus der Jugend nur zwei bis drei Spieler hochkommen, die man verteilen kann, dann gibt‘s natürlich Ärger.

Gibt es heute weniger junge Talente?

Hahn: Nein, aber der Aufwand für den Erfolg ist drastisch gestiegen. Unsere A-Jugend trainiert fünfmal die Woche. Mit Krafttraining sind das sechs bis sieben Einheiten. Der Aufwand, erfolgreich Württembergliga zu spielen bei den Männern, ist heute vergleichbar mit der ersten Liga vor 30 Jahren. Da gehört ein starker Wille dazu.

Ein häufiges Argument der Fusionsgegner ist, jeder habe für sich genügend Probleme, eine ausreichende Zahl an Übungsleitern für den Jugendbereich zu finden.

Hahn: Wir haben bei der JSG Echaz-Erms heute 34 Übungsleiter für 22 Jugendmannschaften. Das ist proportional ein Drittel mehr, als vorher jeder für sich hatte.

Und wie ging das?

Hahn: Durch unermüdliche Überzeugungsarbeit. Drei meiner A-Jugend-Spieler sind derzeit auf C-Lizenz-Lehrgang. Jeder, der bei uns pädagogisches Talent besitzt oder vielleicht auch Sport studiert, der muss bei uns eine Jugendmannschaft trainieren. Da bilden selbst Spieler der Neuhausener Bundesliga-Mannschaft keine Ausnahme. Mit wachsendem Erfolg wächst auch die Motivation der Betreuer. Das schafft eine gewisse Eigendynamik.

Wenn sich zwei oder mehrere Vereine zur Zusammenarbeit entschließen, welche Schritte in welcher Reihenfolge sind sinnvoll?

Hahn: Sinnvoll ist sicher, im Jugendbereich zu beginnen. Das war unser Anstoß auch in Neuhausen, als ich dort 1999 als Jugendtrainer anfing. Uns war klar, wenn der TV Neuhausen aus dieser Verbandsliga raus will, muss sich am Unterbau etwas ändern. Dabei ist es wichtig, dass der Trainer der ersten Mannschaft als sportlicher Leiter fungiert. Er gibt Dinge vor, die in den Jugendbereich übertragen werden müssen. Es muss so sein, dass die A-Jugend beispielsweise die gleiche Deckungsformation, das gleiche System spielt, die auch die aktive Mannschaft spielt. Es muss eine sportliche Konzeption her, die durchgängig ist, die klar ausformuliert ist und die jeder Trainer an die Hand bekommt. So etwas kann vier bis fünf Jahre dauern, bis man erste Erfolge sieht.

Ist es wichtig, den aktiven Bereich parallel zu entwickeln?

Hahn: Das kann sich parallel entwickeln oder auch in zwei aufeinanderfolgenden Schritten. Wichtig ist nur, dass man nicht den Fehler macht und den schnellen Erfolg erwartet. Ein Zusammenschluss ist kein Allheilmittel. Das ist ein langfristiges Projekt. So etwas muss wachsen.

Wie schafft man es, eine Spielgemeinschaft als neue Marke so in den Köpfen zu verankern, dass sich die Fans auch damit identifizieren?

Hahn: Da gibt es nur einen Weg: Die Mannschaft muss Erfolg haben. Oder anders ausgedrückt: Man muss die Ziele, die man sich einmal gesetzt hat, auch irgendwann erreichen, sonst wird es schwer.

Tut man sich in eher ländlichen Regionen schwerer damit, alte Rivalitäten zu begraben, als in den Ballungsräumen?

Hahn: Das glaube ich nicht. Wenn man den dicht besiedelten Filderraum betrachtet mit den Standorten Nellingen, Neuhausen, Ruit oder auch Scharnhausen, da gab es früher eine ziemliche Rivalität, die noch aus alten Feldhandball-Zeiten herrührte. Das ist nicht anders als in Lenningen, Weilheim oder Owen.