Lokalsport
Wie Skigebiete sich wappnen

Wintersport Die alpinen Skigebiete sind in Sachen Energie fieberhaft auf der Suche nach der Eier legenden Woll-Milch-Sau. Von Helge Waider

Liftbetreiber sowie die anhängige Ausrüstungs-, Hotellerie- und Gastroszene müssen sich vorkommen wie im falschen Film: Kaum ist die Pandemie mit ihren Dreiviertelsaisons (2020 und 2022) beziehungsweise der Nullnummer (2021) vorüber, da taucht das nächste Hemmnis am Gewinnhorizont auf: die Energiekrise.

Trotz dramatisch gestiegener Energiekosten insbesondere für Lifte und Schneekanonen müssen die Betreiber die Pisten, Hütten und Hotels voll bekommen. Schließlich ist der Wintersport in den Alpen ein unverzichtbarer Wirtschaftszweig. Urs Egli von den Titlis-Bergbahnen in der Schweiz: „Das Abstellen der Schneekanonen hätte starke Folgen für die volkswirtschaftliche Leistung. Unzählige Arbeitsplätze wären gefährdet.“ Tatsächlich sind im Alpendurchschnitt 67 Prozent aller Pisten künstlich beschneibar – in Italien gar 90 Prozent.

Mit der Bewegung kleiner Stellschrauben soll der zu erwartende Energieverbrauch wirksam eingedämmt werden. Vielerorts werden Schneekanonen, von denen es allein in Österreich über 33 000 Stück gibt, nur noch bei Außentemperaturen unter minus vier Grad eingeschaltet. Zudem kommen vor allem in der Schweiz und in Österreich fast 90 Prozent des Stroms aus regenerativer Energie. Auch sind die Geräte deutlich sparsamer geworden. Kostete die Herstellung eines Kubikmeters Schnee 1980 noch sieben Kilowattstunden, so sind moderne Schneemaschinen schon mit einer Kilowattstunde zufrieden.

Auch die Liftbetreiber fanden und finden Mittel und Wege der Energieersparnis: In dieser Saison werden bei vielen Liften die Sitzheizungen ausgeschaltet und die Geschwindigkeit der Aufstiegsanlagen gedrosselt bleiben. Zudem wird es vielerorts keinen Nachtskilauf geben und auf den Toiletten in den Hütten wird wohl nur kaltes Wasser angeboten. Den Rest des zu erwartenden Deltas fangen vor allem die Liftbetreiber durch teilweise drastische Skipass-Preiserhöhungen auf. In den mittleren bis größeren Skigebieten sind Aufschläge auf den letztjährigen Tagespreis um bis zu zehn Euro fällig. In Deutschland und Österreich bewegt sich der Obolus für die Tageskarte zwischen 60 und 67 Euro, in Frankreich und Italien zwischen 65 und 70 Euro und in der Schweiz gar über 80 Euro. Verbundskipässe wie beispielsweise der Dolomiti-Superskipass für über 1200 Pistenkilometer ist pro Tag in der Hauptsaison nicht unter 74 Euro zu bekommen.

Andere Vorschläge, wie die Saison etwa an die verschobenen klimatischen Bedingungen anzupassen und die Saison damit auf Januar bis Ende April zu verlegen, scheiterten an den Befürchtungen der in den Skiorten maßgeblichen Personen. Zu groß erscheint die Gefahr, dass vor allem im lukrativen Weihnachtsgeschäft Touristen an Flug-Fernziele in warmen Gefilden verloren gehen.

Energetisch wie wirtschaftlich vorbildlich scheint sich der Schweizer Wintersportort Laax hervorzutun. Mit vielen Halfpipes wird hier vor allem ein jüngeres Publikum angesprochen, das besonders viel Wert auf Klimafragen legt. Das ehrgeizige Ziel der Graubündner: Bis 2030 will man erste
CO2-neutrale Alpendestination sein. Die Energiegewinnung soll zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien wie Wasser- und Windkraft, Solarstrom und Biomasse erfolgen, die Pistenraupen verfügen über einen Hybridantrieb und die Gemeinde pflanzt regelmäßig neue Bäume. So soll Wintersport ohne schlechtes Gewissen möglich sein.