An diesem Wochenende wird es ernst für die Top-Mountainbiker aus der Region: Luca Schwarzbauer und Kira Böhm aus Weilheim werden beim Weltcup-Auftakt im brasilianischen Araxá, gut 500 Kilometer nördlich der Millionenmetropole Sao Paulo, die schon aus dem Vorjahr weitgehend bekannte Strecke unter die Stollenreifen nehmen, in diesem Jahr mangels weiterem Ausrichter sogar an zwei Wochenenden hintereinander. „Es sollen aber im Wesentlichen nur der Start-Zielbereich gleich bleiben“, berichtet Schwarzbauer aus Südamerika.
Kurz vor dem Abflug hat Schwarzbauer noch seine Bachelorarbeit fertiggestellt – jetzt kann er sich ganz auf den Sport konzentrieren. Wegen des Schlussspurts im Studium musste in diesem Winter die Vorbereitung etwas gestrafft ausfallen – und lief nur teilweise positiv: Bei den hochklassig besetzten Rennen in Chelva und Banyoles im Februar plagte den Olympiateilnehmer von 2024 ein Magen-Darm-Virus, erst eine Woche später konnte er mit einem Sieg im französischen Gueret eine erste ernsthafte Standortbestimmung vornehmen. „Allerdings war das Rennen im Zentralmassiv nicht so stark besetzt wie die spanischen Rennen“, räumte Schwarzbauer ein. Wieviel dieser Sieg wert ist, wird sich an diesem Wochenende zeigen, wenn sich die komplette Weltelite im südamerikanischen Sommer trifft. Und die Frage wird sein: Wie gut wird Luca Schwarzbauer mit der feuchten Hitze in Araxá zurechtkommen?
Trotz seines Fokus auf das Studium hat sich Schwarzbauer auf diese Herausforderung intensiv vorbereitet. Er absolvierte „Hitzetrainings“, neben dem altbekannten Höhentraining ein neuer Trend in der Trainingswissenschaft, bei der die Körperkerntemperatur erhöht wird, um den Körper noch belastbarer und leistungsfähiger zu machen: „Da fährt man dann nach einem normalen Training auf der Straße noch eine gute Stunde auf der Rolle – warm eingepackt in Regenhose und –Jacke in einem warmen Zimmer“, erzählt Schwarzbauer. Sensoren auf der Haut überwachen die Temperatur. „Die normale Körpertemperatur liegt bei 37 Grad, unter Belastung steigt sie auf ca. 38 Grad an, das ist ganz normal“, so Schwarzbauer. Im Hitzetraining versucht man nun, die Temperatur auf fast 39 Grad anzuheben – also eine Art künstliches Fieber zu produzieren, was ähnlich positive Auswirkungen auf die Blutzusammensetzung haben soll wie ein Höhentrainingslager und vor allem dessen Effekte, die meist schnell verpuffen, deutlich verlängern soll.
Für Schwarzbauer, der einen im Mountainbike-Profisport ungewöhnlich kräftigen Körperbau hat und sonst schon im Rennen viel schwitzt neigt, hat das Hitzetraining noch einen weiteren Vorteil: Wenn sich der Körper an Hitze gewöhnt, schwitzt er überdurchschnittlich viel Elektrolyte und Salze aus. Ein angepasster Körper hingegen schraubt den Elektrolytverlust deutlich zurück, sodass diese im und nach dem Rennen nicht ersetzt werden müssen. Auch mental ist Schwarzbauer nach eigenen Angaben besser vorbereitet als noch vor einem Jahr: „Damals wollte ich im Hinblick auf die Olympiaqualifikation die beiden brasilianischen Weltcups einfach irgendwie hinter mich bringen – dieses Jahr fühlt es sich mehr an wie ein richtiger Weltcup.“
Erste Standortbestimmung
Kira Böhm ist schon deutlich mehr im Rennmodus – und mittlerweile in der Weltrangliste auf Rang 18 geklettert. Sie ist damit nicht nur beste Deutsche, sondern auch eine der jüngsten erfolgreichen Fahrerinnen weltweit: nur das niederländische Ausnahmetalent Puck Pieterse (4., Alpecin Deceuninck) und die ein Jahr jüngere Französin Olivia Onesti (BH Coloma) sind aus dem Jahrgang 2002 in der Weltrangliste vor ihr. Dennoch war ihr Sieg vor einer Woche in Araxá eine Überraschung. Bei der Generalprobe für die beiden Weltcups ließ sie die gesamte südamerikanische Konkurrenz hinter sich.
Böhm war mit ihrem Team schon vergangene Woche angereist, um sich an das feuchtwarme Klima anzupassen und nutzte das Rennen rund um das Grande Hotel zum intensiven Training. Nun steht ihr erster Weltcup in der Eliteklasse an: „Ich komme mit der Hitze hier gut zurecht. Schließlich habe ich in Brasilien vor einem Jahr beide Weltcups gewonnen“, sagt die 22-Jährige voller Zuversicht und Vorfreude. „Aber es ist schwer einzuschätzen, wo ich in der Elite-Klasse stehe.“