Lokalsport
Zwischen College, Court und Corona

Tennis Die Schwestern Ann-Cathrin und Sophia Hummel aus Bissingen leben an unterschiedlichen Orten in den USA ihren Traum vom Sportstipendium, der momentan von der Pandemie ausgebremst wird. Von Sandra Langguth

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu studieren, ist für viele junge Menschen der Traum schlechthin. Für die Schwestern Ann-Cathrin und Sophia Hummel aus Bissingen ist er wahr geworden. Dank eines Tennis-Stipendiums sind die beiden bereits mehrere Semester am College - allerdings in zwei völlig unterschiedlichen Regionen der USA.

Während die 20-jährige Ann-Cathrin seit 2018 in Fresno die Sonne Kaliforniens genießt, erlebt die gerade 19 gewordene Sophia seit knapp zwei Jahren das eher konservative Texas. Dort lebt sie in Denton, eine halbe Stunde von Dallas entfernt. „Ich hab‘ echt viele Orte in den USA besucht, aber als ich hier ankam, war das schon ein kurzer Schock“, erinnert sich Sophia Hummel lachend. Der Lebensstil sei einfach anders, und das Bild des Cowboys, das viele beim Gedanken an den Bundesstaat vor Augen haben, stimme tatsächlich. „Mittlerweile gefällt es mir hier aber ganz gut“, sagt sie.

Sophia Hummel. Foto: pr
Sophia Hummel. Foto: pr

Schließlich ist das zeitweise Übersiedeln nach Amerika für die beiden Schwestern nichts Neues. Bereits von 2005 bis 2010 lebte die ganze Familie schon einmal in den USA. Sophia war drei, Ann-Cathrin fünf, als der Vater damals in New York einen Job als Wirtschaftsprüfer annahm. „Da unsere Eltern beide Tennis spielen, wollten wir das auch lernen“, erinnert sich Sophia. Unterricht gab es damals im Tennisclub, und hin und wieder gingen die Mädchen auch in Florida auf entsprechende Academys.

Wieder zurück in Deutschland fanden die Schwestern bei der STG Geroksruhe eine neue sportliche Heimat. „Die Trainingsplätze lagen nur ein paar Meter neben der Schule“, weiß Sophia. Für beide Schwestern war bald klar, dass sie gerne über ein Stipendium in die Staaten zurückkehren möchten, um dort möglichst unter besten Bedingungen ihre Leidenschaft fürs Tennis und ein Studium unter einen Hut zu bekommen. „In den USA bist du als Sportler hoch angesehen, und an einem College kann man einfach alles super kombinieren“, schwärmt Ann-Cathrin von den Rahmenbedingungen in Übersee - die eine Hälfte des Tages gehört der Schule, die andere dem Tennistraining.

Ann-Cathrin Hummel. Foto: pr

Um überhaupt dorthin zu kommen, bewarben sich die beiden bei speziellen Agenturen und bekamen so Kontakt zu den entsprechenden Trainern. Und während für die ältere Ann-Cathrin klar war, dass sie nach ihrer Zeit in New York nun unbedingt an die Westküste wollte, entschied sich Sophia vor allem des Coaches wegen für die Uni im texanischen Denton. Beide spielen jeweils für ein Division-one-College und somit in der höchsten Schul-Liga der USA. Reisen durch große Teile des Landes gehören während der Saison normalerweise dazu. „Wir waren letztes Jahr sogar auf Hawaii“, schwärmt Sophia Hummeln. Es sei einfach toll, dass neben den Matches gegen andere Unis und dem Training meist noch freie Zeit für Sightseeing übrig bleibt.

Corona hat allerdings auch diesen Teil des Lebens stark beeinflusst. „Wir haben jetzt meistens nur gegen Gegner aus der Nähe gespielt. Wobei man da trotzdem stundenlang im Auto sitzt, und weil hier oft ewig keine Stadt kommt, hat man nicht mal Handyempfang“, erzählt Sophia.

Online-Vorlesungen in der Nacht

Schwester Ann-Cathrin war sogar den ganzen vergangenen Herbst überhaupt nicht in den USA und hat mittlerweile seit einem Jahr keinen Hörsaal mehr von innen gesehen. Dank Internet und Zoom-Meetings konnte sie die Vorlesungen im alten Kinderzimmer in Bissingen verfolgen, was wegen der Zeitverschiebung allerdings alles andere als ein Vergnügen war. „Montag war immer mein Horrortag, da hatte ich quasi von 23 Uhr bis um 7 morgens durchgehend Vorlesung. Wenn mein Vater zur Arbeit gegangen ist, bin ich ins Bett“, erinnert sie sich lachend. Aktuelle ist die Uni bis auf den sportlichen Bereich geschlossen. „Als ich am 3. Januar wieder hingeflogen bin, musste ich am Flughafen 30 Minuten extra warten, bis gecheckt wurde, ob ich überhaupt einsteigen darf.“

Während es in Kalifornien in Sachen Corona eher streng zugeht, merkt Sophia in Texas momentan fast nichts mehr von den Einschränkungen. Vor Kurzem hatte der Gouverneur sogar die Maskenpflicht ausgesetzt. „Hier kann man wieder alles machen, ins Restaurant gehen, oder ins Kino. Wir Sportler sind natürlich sehr vorsichtig und werden auch zwei- bis dreimal die Woche getestet. Wenn einer vom Team positiv wäre, müssten alle in Quarantäne, und dann wär‘ die Saison so gut wie gelaufen“, erklärt die 19-Jährige. Das will niemand riskieren, schließlich geht es am Ende in der sogenannten Conference um die Meisterschaft. Die zu gewinnen, ist das Ziel beider Schwester, denn von dort aus geht es weiter zu den National Championships.

Heimatbesuch im Mai

Um sich so stark aufs Tennis konzentrieren zu dürfen, müssen natürlich auch die Noten stimmen. Beide Schwestern arbeiten an ihrem Bachelor in Business, den Masterabschluss wollen sie wahrscheinlich noch nachschieben. Was dann kommt? „Ich will auf jeden Fall noch ein Praktikum machen. Ansonsten habe ich beruflich noch keinen Plan“, gibt die 20-jährige Ann-Cathrin zu. Tennis-Profi wird sie jedenfalls nicht werden. „Da war mit der Uni-Abschluss dann doch wichtiger“, sagt die Bissingerin, die im Mai für drei Monate in die Heimat zurückkehrt, bevor das nächste Semester anstehe Auch Schwester Sophia kommt in den Ferien stets nach Hause. Dann können sich die Schwestern auch mal gemeinsam auf dem Tennisplatz austoben. „Wir sind vom Niveau her ziemlich gleich. Sophia ist aber offensiver, ich spiele mehr variabel, so dass der Gegner nicht weiß, was auf ihn zukommt“, erklärt Ann-Cathrin, die wie ihre Schwester ein großes Vorbild hat - Roger Federer. Der war zwar mehrfach die Nummer eins der Weltrangliste, einen Uniabschluss hat er aber nicht.